Zoff bei Deutscher Bank Kontrollchef unter Feuer
04.07.2011, 17:01 UhrSeit geraumer Zeit wird bei der Deutschen Bank kolportiert, dass Clemens Börsig nicht der geeignete Aufsichtsratschef ist. Der Gang von Ex-Bundesbankchef Weber zur Schweizer UBS bringt den 62-Jährigen noch stärker in Bedrängnis. Sein Verhältnis zu Vorstandschef Ackermann ist ohnehin gespannt. Allerdings wird Börsig wohl nicht freiwillig seinen Stuhl räumen.
Die komplizierte Suche nach einem neuen Chef für die Deutsche Bank stößt Investoren sauer auf. Ins Kreuzfeuer der Kritik gerät besonders Aufsichtsratschef Clemens Börsig, der seit Jahren vergeblich einen geeigneten Vorstandsvorsitzenden für die Zeit nach Josef Ackermann sucht. Als großen Rückschlag werten einige wichtige Aktionäre den geplanten Wechsel von Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber in den Verwaltungsrat der Schweizer Großbank UBS. "Wenn Weber jetzt zur UBS geht, passt das wieder ins Bild, dass Börsig seiner Aufgabe nicht gerecht wird", meinte ein institutioneller Investor, der rund ein Prozent hält.
Weber war für viele Aufsichtsräte und besonders für Ackermann ein Wunschkandidat, da der frühere Notenbanker stark im politischen Berlin vernetzt ist. Auch einige Investoren hätten den Volkswirtschaftsprofessor gern an der Spitze des größten deutschen Geldhauses gesehen. Eine große Fondsgesellschaft, die gut ein Prozent an der Deutschen Bank hält, sah in Weber aber nicht die Idealbesetzung, da ihm die operative Erfahrung fehle.
Nun steht Weber aber nicht mehr zur Verfügung, und Börsig kann daher wieder nur dieselben internen Kandidaten präsentieren, die bereits 2009 im Kontrollgremium nicht mehrheitsfähig waren. So sind der Chef der Sparte Investmentbanking, Anshu Jain, und sein Team zwar für den Löwenanteil der Gewinne verantwortlich, aber der gebürtigen Inder ist politisch nicht vernetzt und ihm fehlen die Kenntnisse der deutschen Kultur. Auch andere Kandidaten wie Risikovorstand Hugo Bänziger und Finanzchef Stefan Krause haben ihre Schwächen.
Börsig wird nicht zurücktreten
Angesichts dessen hatte unlängst bereits der einflussreiche Investorenvertreter Hermes Equity Ownership scharfe Kritik an dem Nachfolgeprozess geäußert. Nun betont auch ein Manager einer großen Fondsgesellschaft, er sei überrascht, dass sich Börsig überhaupt so lange habe halten können. Bereits vor zwei Jahren konnte der 62-Jährige keinen Nachfolger präsentieren, was letztlich zur Verlängerung von Ackermanns Vertrag bis 2013 geführt hat.
In Bankkreisen gilt es aber als unwahrscheinlich, dass Börsig abtritt, bevor es eine Lösung für die Konzernspitze gibt. "Zwei Schlüsselposten gleichzeitig sollten nicht vakant sein", sagte ein Aufsichtsratsmitglied. Börsig und die Bank äußerten sich nicht zu den kritischen Stimmen. Der Aufsichtsratschef hat wiederholt von einem geordneten Nachfolgeprozess gesprochen, den er steuere.
Einige Aufsichtsräte plädieren seit längerem für eine Doppelspitze. Dabei könnte Jain ein Co-Vorstandsvorsitzender oder ein erfahrener und in Berlin verdrahteter Aufsichtsratschef zur Seite gestellt werden. Hier fällt auch immer wieder der Name Ackermann. Doch aus seinem Umfeld heißt es, der 63-jährige Schweizer wolle nicht ins Kontrollgremium wechseln.
Offener Machtkampf
Nachdem Weber nicht mehr zur Verfügung steht, warnen einige Investoren vor vorschnellen Entscheidungen. "Es besteht jetzt kein unmittelbarer Handlungsbedarf - Ackermann ist ja noch da", sagte ein Fondsmanager. Es reiche aus, wenn Anfang 2012 Klarheit herrsche. Viele Deutsch-Banker gehen aber davon aus, dass eine Lösung schneller stehen müsse. "Da ist so viel Druck auf dem Kessel - der muss bald abgelassen werden", betonte ein Insider. Denn es sei nicht auszuschließen, dass Ackermann schon 2012 gehe, um den Prozess zu beschleunigen.
Zwischen Börsig und Ackermann hat sich mittlerweile ein offener Machtkampf entwickelt - Ausgang offen. "Die Diskussion zeigt, wie schwer es ist, jemanden vom Kaliber Ackermanns zu finden", betont Oliver Flade, Bankanalyst bei Allianz Global Investors.
Quelle: ntv.de, wne/rts