"Basel III" und die deutschen Banken Kreditklemme als Panikmache?
09.09.2010, 17:10 UhrDas böse Wort "Kreditklemme" macht wieder die Runde. Ins Gespräch bringen es deutsche Banken, die damit gegen verschärfte Kapitalregeln im Zuge der "Basel III"-Reformen mobil machen. Alles nur reine Panikmache?
Von "Regulierungswelle" bis "Kreditklemme" - das Vokabular der Banken, mit dem sie gegen schärfere Regeln im Finanzsektor argumentieren, gewinnt deutlich an Schärfe. Allerdings nimmt auch die deutsche Politik kein Blatt vor den Mund und kontert die Drohszenarien der Branche: "Wir wollen strengere Eigenkapital- und Liquiditätsregeln, damit sich nicht wiederholen kann, was sich so dramatisch vollzogen hat", betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Abschluss einer Bankentagung. Er versicherte aber: "Wir setzen uns dafür ein, dass die Besonderheiten des deutschen Finanzstandortes berücksichtigt werden."
Allerdings dürfe die Branche auch nicht glauben, eine europäische Regelung sei nur dann gut, wenn alle Vorstellungen Deutschlands umgesetzt würden. An diesem Sonntag sollen die neuen Kapitalvorgaben ("Basel III") festgezurrt werden. Mit dem Regelwerk sollen künftige Finanzkrisen verhindert werden, für die Banken geht dies aber in den nächsten Jahren mit Milliardenlasten einher. Im Kern geht es bei der Reform um höhere Anforderungen an die Kapitalausstattung der Institute. Aufseher und Notenbanker fordern deutlich höhere Kernkapitalquoten ab dem Jahr 2013. Für den Aufbau von zusätzlichen Kapitalpuffern und eine Erhöhung des Anteils "harten Kernkapitals" aus Aktien und Gewinnrücklagen sollen die Banken aber zwischen fünf und zehn Jahren mehr Zeit erhalten. Die deutschen Vertreter im Ausschuss, der das Regelwerk vorbereitet, hatten vergeblich auf mildere Vorschriften gehofft.
Banken untereinander uneins
Bei den Banken mehren sich die warnenden Stimmen. Manager von Deutscher Bank und DZ Bank befürchten mögliche Engpässe bei der Kreditvergabe. Dagegen sehen die Chefs von Commerzbank und HypoVereinsbank (HVB), Martin Blessing und Theodor Weimer, keine drohende Kreditklemme. Unisono forderte die Branche eine bessere Abstimmung der Regeln und lange Übergangsfristen.
Die Institute rechnen nach den neuen Eigenkapitalregeln unter "Basel III" mit Milliardenbelastungen. Nach letzten Angaben des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) benötigen allein die zehn größten deutschen Institute für die höheren Eigenkapitalquoten zusätzlich 100 Mrd. Euro. Erwartet wird, dass die Banken künftig statt vier Prozent mindestens sechs Prozent Kernkapital vorhalten müssen, das ausschließlich aus Aktien und einbehaltenen Gewinnen bestehen soll. Hinzu kommen zusätzliche Puffer.
Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen warnte: "Die Spannungen werden sich erhöhen, wenn Kredite wieder mehr nachgefragt werden und das ganze Regelwerk auf uns einwirkt." Er sei nicht überzeugt, "dass es dann nicht zu Verengungen kommen könnte."
"Ein Tick mehr Abstimmung“
Schäuble erklärte: "Wir müssen natürlich darauf achten, dass die Fähigkeit des Finanzsektors auch einen wachsenden Investitionsbedarf zu finanzieren, nicht beeinträchtigt wird." Das Ziel eines stabilen Finanzsystems dürfe aber nicht aus den Augen gelassen werden. Auch Bundesbankpräsident Axel Weber hatte auf der Tagung betont, schärfere Regeln würden die Konjunktur nicht gefährden.
Commerzbank-Chef Martin Blessing mahnte ein international abgestimmtes Vorgehen an. "Ein Tick mehr Abstimmung zwischen den verschiedenen Initiativen würde einfach helfen." In Europa wird befürchtet, dass vor allem die USA die neuen Regeln nicht in vollem Umfang umsetzen werden und dadurch Wettbewerbsnachteile entstehen.
Sparkassen pochen auf Sondersituation
 
  Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Heinrich Haasis, kritisiert die diskutierten Regeln als "viel zu pauschal und viel zu wenig differenziert".
(Foto: REUTERS)
Gleichzeitig fordern vor allem Sparkassen und Volksbanken, ihre Sondersituation in Deutschland zu berücksichtigen. Der Vorstandsvorsitzende der genossenschaftlichen DZ Bank, Wolfgang Kirsch, betonte: "Wir haben eine Einlagensicherung, unsere Sicherungseinrichtung funktioniert, da sind Milliarden in der Kasse."
Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Heinrich Haasis, hatte die diskutierten Regeln als "viel zu pauschal und viel zu wenig differenziert" kritisiert. Es würden gerade diejenigen Institute bestraft, die in der Krise nicht auffällig geworden seien.
Kirsch kann den höheren Kapitalanforderungen aber auch Positives abgewinnen: Sie dürften den Wettbewerb anheizen. "Wenn wir die Kunden halten wollen, die Geld anzulegen haben, werden wir gute Preise zahlen müssen", sagte Kirsch. "Wer nicht in der Lage ist, den Kampf um Einlagen zu gewinnen, wird sich auf der Aktivseite beschränken müssen."
Der Vorstandsvorsitzende der HVB, Weimer, rechnet hingegen nicht damit, dass die Institute die strengeren Eigenkapitalregeln im Privatkundengeschäft spüren werden.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts
 
   
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                            