Wirtschaft

Kampf um Ackermann-Nachfolge "Kronprinz" erntet Widerstand

Anshu Jain ist bislang als heißer Kandidat für den Posten des Deutsche-Bank-Chefs gehandelt worden. Nun bekommt man allerdings im Aufsichtsrat kalte Füße. Das Kontrollgremium will keinen reinen Investmentbanker an die Spitze des größten deutschen Geldhauses hieven. Im Gespräch ist nun auch eine Doppelspitze.

Anshu Jain

Anshu Jain

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Rennen um die Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zeichnet sich eine überraschende Wende ab. Gegen den bislang aussichtsreichsten Kandidaten Anshu Jain formiert sich angeblich Widerstand im Aufsichtsrat. "Der Favorit liegt plötzlich hinten", zitierte Reuters aus dem Umfeld des Kontrollgremiums.

Ein reiner Investmentbanker ohne Verwurzelung in Deutschland sollte das größte Geldhaus hierzulande nicht alleine führen, hieß es. Der Stern des gebürtigen Inders, dessen Bereich mehr als drei Viertel zum Konzerngewinn beiträgt, sei deutlich gesunken.

Im Kontrollgremium wird offenbar bereits ein "Worst-Case"-Szenario durchgespielt: Es gebe zwar keinerlei konkrete Vorbereitungen für eine Zeit ohne Jain, betonte ein Aufsichtsrat. "Doch erpressen lassen wir uns nicht." Jeder sei ersetzbar - auch Jain. Bei der Deutschen Bank wird darauf verwiesen, dass viele in der zweiten Reihe der Investmentbank bereits seit mehr als zehn Jahren dabei seien und einen guten Job machten.

Der Aufsichtsrat sucht eine charismatische Persönlichkeit, die wie Ackermann auf zwei Klaviaturen gleichzeitig spielen können muss: einerseits das Institut operativ führen, andererseits die Deutsche Bank und Interessen der deutschen Industrie international vertreten sowie mit der Bundesregierung im Krisenfall ein Banken-Rettungspaket aushandeln. Eine solche Person scheint nicht in Sicht. Am Ende werde man diese beiden Kernaufgaben wohl auf mehrere Schultern verteilen müssen, sagte ein Aufsichtsratsmitglied. Entschieden werde aber voraussichtlich erst nächstes Jahr.

Weber oder interne Lösung

Neue Dynamik in die schwierige Suche nach einem neuen Vorstandschef kam jüngst durch den überraschenden Rücktritt von Bundesbank-Chef Axel Weber. "Im Aufsichtsrat haben viele Mitglieder schon länger Vorbehalte gegen einen puren Investmentbanker als Chef - und nun gibt es eine Alternative", sagte eine mit den Überlegungen des Gremiums vertraute Person. Dem 54-jährigen Volkswirtschaftsprofessor fehlt zwar Erfahrung im kommerziellen Bankgeschäft, dafür ist er aber weltweit in der Finanzbranche und der Politik angesehen und gut verdrahtet.

Josef Ackermann hat einen Vertrag bis 2013.

Josef Ackermann hat einen Vertrag bis 2013.

(Foto: dapd)

Ob der Notenbanker den Spitzenjob bekommt, steht aber in den Sternen, da einige Aufsichtsräte nach wie vor eine interne Lösung favorisieren. Weber will nach seinem Ausscheiden aus der Bundesbank Ende April für ein Jahr an der Universität Chicago lehren.

Diskutiert wird Kreisen zufolge daher über ein Modell, wie es die britische Bank Barclays viele Jahre praktiziert hatte. Bis vor kurzem hatte das Londoner Institut sechs Jahre lang de facto eine Doppelspitze, obwohl es auf dem Papier keine war. John Varley war Vorstandsvorsitzender und pflegte in dieser Rolle sehr stark die Kontakte zur Politik, während der charismatische Investmentbankchef Bob Diamond operativ das Ruder in der Hand hatte. "Ein solches Modell muss man Jain schmackhaft machen", sagte ein Insider. Ackermanns Vertrag läuft noch bis 2013.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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