Handlungsbedarf nach Fall Schlecker Leiharbeit auf dem Radar
12.01.2010, 17:43 UhrDie Gewerkschaft Verdi verlangt wegen des Vorgehens der Drogeriekette Schlecker eine generelle Überprüfung der Regeln für Leiharbeit. "Der skandalöse Versuch von Schlecker, die Allgemeinheit für sein eigenes Lohndumping zur Kasse zu bitten, macht deutlich welcher Handlungsbedarf in der Gesellschaft besteht", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske.
Die Gewerkschaften fordern seit längerem, dass Leiharbeiter bei gleicher Tätigkeit wie ihre festangestellten Kollegen bezahlt werden. "Bei Schlecker kommt hinzu, dass er ein Lohnniveau erreichen will, das praktisch Hartz IV entspricht", monierte Bsirske. Die Gewerkschaft wirft Schlecker vor, Tausende Mitarbeiterinnen entlassen zu haben, um sie mit hohen Lohnabschlägen in neuen XL-Filialen als Leiharbeiterinnen zu beschäftigen. Nach einem öffentlichen Proteststurm hatte die Drogeriekette erklärt, keine neuen Verträge mehr mit der Leiharbeitsfirma Meniar abzuschließen.
Bsirske verwies auf ähnliche Vorgänge in anderen Branchen. So stelle die Uniklinik Essen Personal mit Ausnahme des ärztlichen Bereichs nur noch über eine von ihr gegründeten Leiharbeitsfirma ein. Die Löhne längen 200 bis 400 Euro im Monat unter dem Tariflohn. Diese Beschäftigten erhielten weder eine betriebliche Altersversorgung noch Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ein Kliniksprecher wollte sich mit Verweis auf die laufende Schlichtung nicht äußern.
Streit um Mindestlohn
Nach den Dumpinglohn-Vorwürfen gegen Schlecker ist nun auch die Debatte um einen gesetzlichen Mindestlohn neu aufgeflammt. Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte eine solche Regelung im Verkauf: Es sei besonders im Einzelhandel üble Praxis, über Mitarbeiter von Leiharbeitsfirmen die Löhne zu drücken, sagte sie dem Deutschlandradio Kultur.
Der Arbeitsmarktexperte der FDP, Johannes Vogel, verteidigte hingegen Zeitarbeit als wichtigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Der Fall Schlecker mache jedoch deutlich, dass es schwarze Schafe unter den Unternehmen gebe. Der Handelsverband Deutschland (HDE) erklärte: "Wir brauchen keine staatlichen Mindestlohnregelungen für den Einzelhandel." Mehr als zwei Drittel der beschäftigten Voll- und Teilzeitarbeitnehmer würden bereits jetzt nach dem Tarifvertrag des Einzelhandels entlohnt.
Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa