Wirtschaft

Eine Milliarde Euro für vier Kilometer Leipzigs City-Tunnel geht ans Netz

 S-Bahnzüge fahren in die City-Tunnel-Station Leuschner Platz.

S-Bahnzüge fahren in die City-Tunnel-Station Leuschner Platz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es ist das typische Großprojekt: Die Kosten ufern aus, die Eröffnung verzögert sich und die Kritiker fragen nach dem Sinn. In Leipzig wird der City-Tunnel eröffnet. Er soll nichts weiter, als den Nahverkehr der Region neu ordnen.

Stuttgart 21, Elbphilharmonie Hamburg oder Berliner Großflughafen: Die Pannen und Debatten um diese Großprojekte prägten in den vergangenen Jahren die Schlagzeilen in  Deutschland. Weitgehend unbeachtet von der bundesweiten Öffentlichkeit gruben sich währenddessen Mega-Bohrer unter der Leipziger Innenstadt durch das Erdreich. Nun ist es soweit: Der City-Tunnel wird eröffnet. Doch auch dieses Bauvorhaben hat viel gemein mit den anderen. Die Fertigstellung verzögerte sich um Jahre und die Kosten explodieren.

Gut zehn Jahre dauerte die Fertigstellung des City-Tunnels. 2003 gab es grünes Licht für die Eisenbahn-Röhre. Das Projekt war noch von Ex-Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in seiner Zeit als Leipziger Oberbürgermeister mitinitiiert worden. Zwei Jahre später begann der Bau. Ursprünglich sollte der Tunnel bereits 2009 fertig sein, doch schließlich wurde die Eröffnung auf Ende 2013 verschoben - unter anderem weil es mit dem Baugrund immer wieder Probleme gab. Auch die ursprünglich veranschlagten Kosten von 572 Millionen Euro haben sich auf rund 960 Millionen Euro fast verdoppelt.

Leipziger bekommen ihre Stadt zurück

Ab Sonntag werden nun sechs neue S-Bahn-Linien durch den Tunnel fahren. Die Einweihung wird an diesem Samstag mit einem großen Bürgerfest gefeiert. Zu einem Festakt haben sich unter anderen Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Bahnchef Rüdiger Grube angesagt. Nach dem offiziellen Teil gibt es am Nachmittag im Leipziger Hauptbahnhof Shows und Musik. Außerdem werden kostenlose Pendelfahrten durch den City-Tunnel angeboten.

Die beiden jeweils 1,4 Kilometer langen zumeist unterirdischen Röhren verbinden den Leipziger Hauptbahnhof - immerhin flächenmäßig Europas größter Kopfbahnhof - mit dem sogenannten Bayerischen Bahnhof im Süden der Stadt. Der Tunnel soll den Nahverkehr in der Region verbessern und Städte im Umland wie Bitterfeld, Altenburg oder Eilenburg besser an die City, aber auch an den Flughafen Leipzig/Halle und die neue Messe anbinden. Durch den Tunnel verkürzt sich die Fahrzeit auf einigen Nahverkehrsstrecken um bis zu 40 Minuten. Bislang mussten die Züge die Stadt weiträumig umfahren.

Ein Zugführer fährt in den Leipziger Hauptbahnhof ein.

Ein Zugführer fährt in den Leipziger Hauptbahnhof ein.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Leipziger mussten in den vergangenen Jahren einiges erdulden: Hässliche Metallrohre, die das abgepumpte Grundwasser transportierten, durchzogen zahlreiche Straßen. Der Marktplatz im Zentrum wurde durch die Bauarbeiten zum großen Teil blockiert, es gab erhebliche Behinderungen im Hauptbahnhof und nicht zuletzt kamen immer wieder Hiobsbotschaften über Bauverzögerungen und ausufernde Kosten. Bürgerproteste ähnlich wie in Stuttgart - die blieben in der Sachsen-Metropole allerdings aus.

Scharfe Kritik an Kosten

Dennoch ist das Großprojekt nicht unumstritten. 2011 rügte der sächsische Rechnungshof die explodierenden Kosten und teils zu knappen Kalkulationen etwa für Planungsleistungen. Auch müsse der Freistaat Sachsen "aufgrund des unvorteilhaften Vertragswerkes" den größten Anteil der Mehrkosten tragen, monierten die Prüfer.

Kritiker bezweifeln zudem den Nutzen der Röhre. Tatsächlich sollen durch den City-Tunnel fast nur Nahverkehrszüge rollen, aber keine ICE im regulären Betrieb. Nur für eine befristete Zeit werden wegen Bauarbeiten im Hauptbahnhof einzelne Fernverkehrszüge im Tunnel halten. Zudem stellen sie die Frage, ob man überhaupt einen gerade mal vier Kilometer langen Bahntunnel für die gigantische Summe von einer Milliarde Euro bauen durfte.

Zu den Skeptikern gehören unter anderem Grüne und Linke, denen vor allem Kosten ein Dorn im Auge sind. Auf der anderen Seite erhoffen sich Umweltschützer, dass die Innenstadt weiter vom Autoverkehr entlastet wird, wenn mehr Menschen mit dem Zug zum Einkaufen in die City fahren. Auch die Tourismusbranche erwartet noch mehr Schwung.

Die Deutsche Bahn setzt bei der S-Bahn mit sechs neuen Linien, die allesamt durch den Tunnel fahren, und einer neuen Fahrzeugflotte auf kürzere Fahrzeiten und mehr Komfort. Innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre rechnet die Bahn im Schienennahverkehr im Großraum Halle/Leipzig mit einem Zuwachs bei den Passagierzahlen von 30 Prozent. Derzeit werden täglich gut 48.000 Fahrgäste registriert. "In 50 Jahren wird sich keiner mehr vorstellen können, wie der Nahverkehr ohne den City-Tunnel funktionieren konnte", sagt Wirtschaftsminister Sven Morlok von der FDP.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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