"Europa beging schwere Fehler" Letta springt Griechenland bei
29.07.2013, 18:04 UhrSolidarität unter den südeuropäischen Schuldenstaaten: Italiens Ministerpräsident Letta lässt bei einem Besuch in Athen jegliche Zurückhaltung fallen. Seiner Meinung nach sind bei den Griechenland-Hilfen schwere Fehler begangen worden. Derweil senken die Geldgeber das griechische Privatisierungsziel für dieses Jahr.
Italiens Ministerpräsident Enrico Letta hat das Hilfskonzept von E uropäern und Internationalem Währungsfonds (IWF) für Griechenland scharf kritisiert. "Der Zeitplan war falsch. Es waren die falschen Instrumente", sagte Letta bei einem Besuch in Athen.
Europa habe in den vergangenen Jahren im Kampf gegen die Krise des Landes schwere Fehler begangen, sagte Letta während seines Griechenland-Besuchs. Die harten Sparauflagen hätten das Land noch tiefer in die Rezession gestürzt und europaweit die Arbeitslosigkeit nach oben getrieben. "Wenn Europa Griechenland zu Beginn anders behandelt hätte, wäre die finanzielle Katastrophe nicht so groß ausgefallen", beklagte der italienische Regierungschef. Vor einigen Wochen hatte schon der IWF mit seiner Selbstkritik am ersten Hilfskonzept für Griechenland für Aufsehen gesorgt.
Italien ist nach Griechenland mit einer Schuldenquote von über 120 Prozent das am zweithöchsten verschuldete Land der Eurozone. Die Regierung tut sich seit geraumer Zeit schwer mit der Sanierung der Staatsfinanzen und Reformen, wie sie insbesondere Deutschland immer wieder gefordert hat.
Der Bundestags-Haushaltsausschuss machte in Berlin den Weg für die Auszahlung von weiteren 2,5 Milliarden Euro an Griechenland frei. Der Ausschuss verzichtete auf die Möglichkeit einer Stellungnahme zur Transaktion. Da er aber mit der Sache - wie gesetzlich gefordert - befasst worden war, konnte die Bundesregierung grünes Licht für die Freigabe der Mittel geben. Dabei handelt es sich um die erste Rate des zugesagten Kredits von insgesamt 6,8 Milliarden Euro. Mit der Umsetzung von 22 geforderten Spar- und Reformmaßnahmen hatte Griechenland Ende letzter Woche die Voraussetzungen geschaffen.
Bereits Ende der vergangenen Woche hatte eine Arbeitsgruppe der Euro-Mitgliedsländer die Zahlung unter Vorbehalt befürwortet. Kurzfristig wird nun auch ein Ja des Internationalen Währungsfonds (IWF) erwartet, damit auch dessen Anteil von 1,8 Milliarden Euro im August an Griechenland fließen kann.
Geldgeber senken Privatisierungsdruck für 2013
Derweil kam die EU dem südeuropäischen Land entgegen und senkte das Privatisierungsziel für dieses Jahr. Wie aus einem EU-Dokument hervorgeht, muss Griechenland als Auflage für weitere Hilfsmilliarden nur noch 1,6 Milliarden Euro mit Privatisierungen einnehmen - rund eine Milliarden Euro weniger als bislang angesetzt. Dafür müssen 2014 allerdings 3,5 Milliarden Euro aus dem Verkauf von Staatsbeteiligungen erlöst werden. Bislang waren 1,9 Milliarden Euro angesetzt.
In Deutschland übte auch der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider heftige Kritik am Hilfspaket für Griechenland. "Die Grundannahmen und Bedingungen des Programms liegen weit hinter den ursprünglichen Planungen zurück und belegen damit das Scheitern des Programms", erklärte er. "Eine Änderung des Programms unter Berücksichtigung der Erfahrung der letzten drei Jahre wird wegen der Bundestagswahl in Deutschland verhindert", warf er der Bundesregierung vor.
Der Unions-Haushälter Norbert Barthle warnte das Land dagegen: "Auch für die nächsten Auszahlungen von Finanzhilfen gilt: Hilfsgelder gibt es nur, wenn Griechenland alle Bedingungen aus dem Anpassungsprogramm erfüllt und dies die Troika bestätigt.
Quelle: ntv.de, rts