Wirtschaft

Siemens streicht Bündnis mit Rosatom Löscher kündigt Atomausstieg an

Ein Siemens-Monteur arbeitet in Görlitz an einer Turbine.

Ein Siemens-Monteur arbeitet in Görlitz an einer Turbine.

(Foto: dapd)

Die Katastrophe von Fukushima und die Energiewende der Bundesregierung führen nun auch bei Siemens zum Umdenken. Konzernchef Löscher kündigt den Ausstieg aus dem Atomgeschäft an. Damit platzt auch das Joint-Venture mit dem russischem Rosatom-Konzern. Allerdings hält man an einer technologischen Partnerschaft fest.

Im Zuge der Energiewende in Deutschland verabschiedet sich nun auch Siemens endgültig aus dem Atomgeschäft. Das Kapitel sei für Siemens abgeschlossen, erklärte Konzernchef Peter Löscher dem "Spiegel". "In die Gesamtverantwortung des Baus von Kernkraftwerken oder deren Finanzierung werden wir nicht mehr einsteigen." Zu dem seit längerem geplanten Atom-Joint-Venture mit dem russischen Rosatom-Konzern werde es daher nun nicht mehr kommen, erklärte der Manager. Grund für die Entscheidung sei unter anderem die klare Positionierung von Gesellschaft und Politik in Deutschland zum Ausstieg aus der Kernenergie nach der Atomkatastrophe in Japan.

Mit der Entscheidung schwenkt Löscher nun wieder auf den Kurs seines Vorgängers Heinrich von Pierer ein, der sich aus der Atomtechnologie zurückziehen wollte. Für Löscher dagegen war die Kernenergie bis zur im März noch ein riesiger Zukunftsmarkt. Bis 2030 würden weltweit 400 neue Atomreaktoren gebaut und über 1000 Milliarden Euro investiert, hatte Löscher im Jahr 2009 noch vorausgesagt. Zusammen mit Rosatom begann er damals die Planungen für einen als fünften Anbieter neben Areva, Mitsubishi, der Toshiba-Tochter Westinghouse und dem Bündnis von GE und Hitachi.

Kritik an weiteren Lieferungen

Zuletzt hatte Löscher allerdings signalisiert, dass sich Siemens nach dem Rückzug aus dem mit Areva betriebenen Joint Venture Areva NP nun doch nicht auf ein neues Atom-Gemeinschaftsunternehmen mit Rosatom einlassen wird. Die Reaktion auf russischer Seite sei sehr verständnisvoll gewesen, sagte Löscher nun. Beide Seiten seien weiterhin sehr interessiert an einer Partnerschaft auf anderen Feldern. Russland ist für Siemens ein wichtiger Markt. Denkbar ist daher etwa, dass die Deutschen Rosatom nun eine technologische Partnerschaft anbieten, in der Siemens die Teile für Atomreaktoren liefert, die auch in konventionellen Kraftwerken zum Einsatz kommen. Derartige Geschäfte werde Siemens auch künftig machen, sagte Löscher.

Löscher mit Rosatom-Chef Sergej Kirijenko be ieinem Treffen im Moskau 2009.

Löscher mit Rosatom-Chef Sergej Kirijenko be ieinem Treffen im Moskau 2009.

(Foto: dpa)

Genau das kritisierten jedoch umgehend Atomkraftgegner. "Wir begrüßen es sehr, dass Siemens künftig keine Atomtechnik mehr herstellen will. Allerdings ist es dann inkonsequent, wenn der Konzern weiterhin Turbinen und Generatoren für Atomkraftwerke liefern will", erklärte Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt". "Wir fordern Siemens auf, vollständig auf das Geschäft mit AKWs zu verzichten."

Rosatom war zunächst für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Der russische Atomkonzern hatte sein Interesse an einer strategischen Partnerschaft mit Siemens im Mai noch einmal bekräftigt. Zugleich hatte Rosatom-Chef Nikolai Spasski aber auch eingeräumt, angesichts der Wende in der Atompolitik Deutschlands nach Fukushima müsse eine Allianz mit den Münchnern neu definiert werden.

Energiewende ist machbar

Finanzielle Auswirkungen wird die Entscheidung aus dem Atomgeschäft auszusteigen für Siemens nach Angaben eines Sprechers nicht haben. Für das Joint Venture mit Rosatom gab es bislang lediglich eine Absichtserklärung und noch keine Verträge. Analysten hatten die Pläne für ein Joint Venture mit Rosatom ohnehin skeptisch gesehen. Mit dem Wiedereinstieg in das Atomgeschäft hätte Löscher auch einen Imageschaden riskiert, da sich Siemens zunehmend als grüner Konzern mit einem umweltfreundlichen Produktportfolio präsentiert. Druck vonseiten der Bundesregierung, aus der Atomtechnik auszusteigen, habe es nicht gegeben, betonte Löscher.

2009 hatte Siemens die Nuklearpartnerschaft mit der französischen Areva aufgekündigt und wollte seinerzeit lieber ein Gemeinschaftsunternehmen mit Rosatom gründen. Nach langem Streit mit den Franzosen über die Modalitäten des Rückzugs entschied ein Schiedsgericht schließlich im Mai diesen Jahres, dass Siemens eine und Areva zudem beim Reaktorbau bis 2013 keine Konkurrenz machen darf.

Die beabsichtigte Energiewende in Deutschland stufte Löscher als "Jahrhundertprojekt" ein: Das Ziel, den Ökostrom-Anteil bis 2020 auf 35 Prozent zu erhöhen, hält er für erreichbar. Auch in der Euro-Diskussion unterstützt Löscher den Kurs von Angela Merkel. "Wir stehen voll hinter der weiteren europäischen Integration und den Europazielen der Bundeskanzlerin", sagte der Siemens-Chef. Er rechne nicht mit einem Zerfall der Euro-Zone. "Dieser Fall wird nicht eintreten", sagte Löscher. "Davon bin ich überzeugt".

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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