Unbefristeter Ausstand droht Lokführer bleiben unnachgiebig
04.03.2011, 17:31 UhrEine dritte Warnstreikwelle der Lokführer führt zu Ausfällen und Verspätungen im Bahnverkehr in ganz Deutschland. Die ohnehin festgefahrene Situation wird noch komplizierter: Während die GDL mit einer Ausweitung der Streiks droht, verlassen die Privatbahnen den Verhandlungstisch. Sie wollen künftig einzeln mit der Gewerkschaft reden.
Der dritte Warnstreik der Lokführer innerhalb von zwei Wochen hat kurz vor dem Wochenende erneut hunderttausende Bahnreisende auf eine Geduldsprobe gestellt. Während des dreistündigen Ausstands fielen rund 75 Prozent der Züge aus oder waren verspätet, wie die Lokführer-Gewerkschaft GDL mitteilte. Angesichts des festgefahrenen Tarifkonflikts droht nun sogar ein unbefristeter Streik.
In Ostdeutschland fielen laut GDL während des Warnstreiks von 08.30 Uhr bis 11.30 Uhr sogar nahezu 90 Prozent der Züge aus oder waren verspätet. Betroffen von dem Warnstreik waren der Nah-, Regional- und Fernverkehr. In München kam der S-Bahnverkehr laut GDL fast vollständig zum Erliegen. Die Gewerkschaft bestreikte neben der Deutschen Bahn auch deren sechs wichtigste Konkurrenten (G-6).
Im Fernverkehr der Deutschen Bahn wurde nach Angaben des Konzerns rund ein Drittel der Züge bestreikt. Der Streik wirkte sich noch bis zum Abend aus. Zugausfällen und teilweise größere Verspätungen waren zu vermelden..
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Am Montag soll das Ergebnis der GDL-Urabstimmung über einen unbefristeten Streik vorliegen. Gewerkschaftschef Claus Weselsky versicherte, bis dahin werde es keine weiteren Arbeitskampfmaßnahmen geben. Die Arbeitgeber hätten also das Wochenende Zeit, um ein "ernsthaftes, verhandlungsfähiges Angebot" vorzulegen. Weselsky begründete den jüngsten Warnstreik mit einer "Provokation durch das sogenannte neue Angebot" der Deutschen Bahn.
Die Bahn wies die Vorwürfe zurück und forderte die Gewerkschaft auf, jegliche Arbeitskampfmaßnahmen sofort einzustellen. Das jüngste Angebot sei "der abschlussreife Entwurf eines Lokführer-Rahmen-Tarifvertrages" gewesen, erklärte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Die Bahn sei seit Tagen bemüht, die von der GDL "einseitig abgebrochenen Verhandlungen wieder in Gang zu bringen."
Verhandlungen gesprengt
Erschwert wird der Tarifkonflikt zusätzlich dadurch, dass die GDL künftig wieder mit jedem Wettbewerber der Deutschen Bahn einzeln über Tarifverträge verhandeln muss. Die in einer Verhandlungsgruppe zusammengeschlossenen Privatbahnen Abellio, Arriva, Benex, HLB, Keolis und Veolia (G-6) beendeten ihr gemeinsames Verhandlungsmandat mit der GDL. Praktisch heißt das für die GDL sogar, dass sie bis zu 25 einzelne Haus-Tarifverträge aushandeln muss, denn so viele Einzelunternehmen stehen hinter den sechs großen privaten Bahnbetreibern.
Die G-6-Unternehmen kritisierten vor allem den Anspruch der GDL, für alle Lokführer zu sprechen - also auch in den Betrieben, in denen die Lokführer mehrheitlich Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sind. Mit der EVG hatten G-6 und Deutsche Bahn sich kürzlich auf einen Branchen-Tarifvertrag für den Nahverkehr geeinigt, den die GDL nicht anerkennen will.
Die Gewerkschaft kämpft stattdessen für einen bundesweit gültigen Flächen-Tarifvertrag, der bei allen Bahnunternehmen im Nah-, Fern- und Güterverkehr gelten soll. Ziele sind ein einheitliches Mindesteinkommen auf dem Niveau des Marktführers Deutsche Bahn sowie weitere einheitliche Regelungen.
Quelle: ntv.de, AFP