GDL verschärft Arbeitskampf Lokführer treten in den Streik
09.03.2011, 20:59 UhrDie Lokführergewerkschaft GDL weitet ihre Streiks aus. Pünktlich um 20 Uhr beginnt der Ausstand in Teilen des Güterverkehrs. Donnerstagfrüh wird der Ausstand auch auf den Personennah- und -fernverkehr ausgeweitet. Auch die Berliner S-Bahn wird davon betroffen sein. Die GDL will die Aktionen um 10 Uhr beenden.

Die GDL bestreikt den Güterverkehr.
(Foto: dapd)
Die Lokführer machen ernst: Reisende und Unternehmen in Deutschland müssen sich bundesweit auf Chaos im Bahnverkehr einstellen. Erstmals seit Beginn des Tarifstreits will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Güter- und Personenzüge gleichzeitig mit Streiks lahmlegen.
Schon am Donnerstag sollten mitten im Berufsverkehr von 4 bis 10 Uhr etliche Personenzüge nicht rollen, teilte die GDL mit. Darunter soll auch die Berliner S-Bahn sein. Im Güterverkehr begann der Arbeitskampf bereits am Abend um 20 Uhr. Auch dort soll der Ausstand nach GDL-Angaben um 10 Uhr enden.
Wo genau Pendler und Reisende sich auf Verspätungen und Zugausfälle einstellen müssen, ließ die GDL offen. Reisende können sich bei der Deutschen Bahn unter der kostenlosen Servicenummer (08000-996633) über die Folgen des Streiks informieren. Der Schwerpunkt des Streiks im Güterverkehr liegt nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers im Raum Halle/Saale (Sachsen-Anhalt).
In den vergangenen Wochen hatte es bereits drei Warnstreiks gegeben, hunderttausende Bahnreisende mussten Zugausfälle und Verspätungen hinnehmen. "Seit Bekanntgabe des Ergebnisses der Urabstimmung hat sich auf Arbeitgeberseite nichts bewegt. Dies zwingt uns zu erweiterten Arbeitskampfmaßnahmen, an denen diesmal auch die Kollegen der S-Bahn Berlin teilnehmen", erklärte GDL-Chef Claus Weselsky.
Die GDL will einheitliche Tarifbedingungen für die etwa 20.000 Lokführer bei der Deutschen Bahn (DB) und weitere rund 6000 Lokführer bei der DB-Konkurrenz durchsetzen - darunter die sechs großen DB-Wettbewerber Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn. Bei einer Urabstimmung der Gewerkschaft hatte sich eine große Mehrheit für unbefristete Streiks ausgesprochen.
"Widersinniger Streik"
Die Deutsche Bahn sieht sich auf den Lokführerstreik im Güterverkehr vorbereitet. "Wir werden die Auswirkungen für die Kunden so gering wie möglich halten und vor allem die Versorgung von Kraftwerken, Hochöfen und anderen zentralen Industrien gewährleisten", sagte Logistik-Vorstand Karl-Friedrich Rausch. Es könne zu Verspätungen und auch Zugausfällen kommen, einen Stillstand werde es jedoch nicht geben.
Zugleich reagierte das bundeseigene Unternehmen mit Unverständnis auf die Ankündigung erneuter Streiks. "Es ist und bleibt ein widersinniger Streik", sagte DB-Personalvorstand Ulrich Weber. Von einer wie von der GDL angekündigten Schonung der Pendler könne keine Rede sein. Er verlangte von der GDL die Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Die Industrie bereitete sich bereits auf mehr Transporte per Lastwagen vor. Nach Angaben des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik können die meisten Unternehmen einen einwöchigen Streik relativ unbeschadet überbrücken.
Bereits 2007 hatte die GDL im Kampf um einen eigenen Tarifvertrag bei der Deutschen Bahn auch Frachttransporte bestreikt. Bei einem 42-Stunden-Ausstand im November war damals der Güterverkehr in Ostdeutschland fast komplett zum Erliegen gekommen, in Westdeutschland fuhr nur noch jeder dritte Güterzug. Zu größeren Produktionsausfällen in der Industrie kam es allerdings nicht.
Privatbahnen bockig
Die Privatbahnbetreiber sehen keine Chancen mehr für einen flächendeckenden Lokführertarifabschluss mit der GDL. "So was wie ein Branchentarifvertrag mit der GDL ist in weite Ferne gerückt", sagte der Personalchef von Keolis, Markus Lehmann, der "Financial Times Deutschland". "Die GDL kann jetzt den großen Streik ausrufen oder sich mit den Unternehmen auf Haustarifverträge einigen. Wir stehen dem offen gegenüber", sagte Keolis-Deutschlandchef, Hans Leister.
Im andauernden Tarifkonflikt rückt eines der Kernziele der GDL in weite Ferne. Die sechs größten privaten Personenverkehrsbetreiber hatten ihre gemeinsamen Gespräche mit der GDL aufgekündigt. Sie muss nun mit jedem einzelnen der rund 25 Bahnunternehmen über einen Tarifvertrag verhandeln. "Die Verantwortung dafür trägt allein die Lokführergewerkschaft", sagte ein Sprecher der Hamburger Benex.
Die GDL möchte für alle Lokomotivführer verhandeln, obwohl dazu auch Mitglieder der Konkurrenzgewerkschaft EVG gehören. Solange dieser Anspruch bestehe, könne man nicht an den Verhandlungstisch zurück, hieß es beim Betreiber Veolia. Sollten die Ausstände andauern, seien auch Klagen möglich. "Wir behalten uns vor, gerichtlich gegen die Streiks vorzugehen", sagte Ulrike Haber-Schilling, Arbeitsdirektorin bei Veolia Verkehr. "Das wäre aber das letzte Mittel", sagte sie.
Quelle: ntv.de, wne/dpa