Wirtschaft

Verdi sieht keine schnelle Einigung Lufthansa streicht Hunderte Flüge

Ein russischer Passagier, dessen Flug ausgefallen ist, stellt sich auf eine längere Wartezeit ein.

Ein russischer Passagier, dessen Flug ausgefallen ist, stellt sich auf eine längere Wartezeit ein.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wegen eines Warnstreiks bei Lufthansa liegt nahezu der gesamte Europa- und Deutschlandverkehr lahm, Hunderte Flüge an sechs deutschen Flughäfen fallen aus. Dennoch ist die Lage vergleichsweise entspannt. Chaotische Szenen wie in den vergangenen Wochen bleiben aus. Verdi stellt sich auf eine harte Verhandlungsrunde ein.

Am Vormittag haben Lufthansa-Mitarbeiter an sechs großen deutschen Flughäfen die Arbeit ruhen lassen. Die Lage war dennoch entspannt. Für die Passagiere von Deutschlands größter Airline war der Streik, der auch noch am Nachmittag zu Einschränkungen im Flugverkehr führt, zwar ärgerlich, sie mussten ihre Reisepläne ändern. Chaotische Szenen wie in den vergangenen Wochen, als das Sicherheitspersonal die Arbeit niederlegte oder heftige Schneefälle den Flugbetrieb zum Erliegen brachten, blieben aber aus.

Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt, wo die Lufthansa ihre Heimatbasis hat, sei die Lage normal gewesen, sagte ein Flughafensprecher. Die Passagiere hätten sich auf die Situation eingestellt. Dennoch zogen sich im Terminal 1 am Morgen die Menschenschlangen vor den Check-In-Schaltern durch das ganze Gebäude - eine Nervenprobe für die Passagiere, die nicht rechtzeitig auf andere Verkehrsmittel ausweichen konnten. Japanische Teenager schliefen mit tief ins Gesicht gezogen Mützen in den Ecken des Riesengebäudes, die Rollkoffer von Reisegruppen stapelten sich daneben zu Bergen.

Lufthansa
Lufthansa 7,57

Ein Lufthansa-Sprecher beschwichtigte. Da die meisten Fluggäste rechtzeitig informiert worden seien, hätten viele umgebucht. Wo die Möglichkeit dazu bestanden habe, seien sie auf andere Verkehrsmittel umgestiegen oder hätten ihre Reisepläne geändert. Wo wegen des Streiks keine Check-in-Schalter offen gewesen seien, wären Gepäckautomaten genutzt worden. Auch am Drehkreuz Köln-Bonn, wo die Lufthansa acht Inlandsflüge strich, war von dem Streik nicht viel zu spüren. Die meisten der Lufthansa-Kunden, die vom Streik kalt erwischt wurden, kamen aus dem Ausland und bekamen von der Streikankündigung von Verdi nur zufällig etwas mit. "Wir halten den Warnstreik zum jetzigen Zeitpunkt für unverhältnismäßig", ergänzte der Lufthansa-Sprecher.

Wegen des Warnstreiks, zu dem die Gewerkschaft Verdi im aktuellen Tarifkonflikt aufgerufen hatte, musste die Fluggesellschaft zwischen 5 und 12 Uhr fast sämtliche Deutschland- und Europaflüge streichen. Insgesamt waren 700 Flüge betroffen. Flugreisende mussten sich auch auf erhebliche Behinderungen über das Ende der Arbeitsniederlegungen am Mittag hinaus einstellen. Ausfälle gab es an den Flughäfen in Frankfurt, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln und München. Langstreckenflüge fanden weitgehend statt.

Verdi: Keine Leute für "Score"

Am morgigen Freitag geht der Tarifstreit in eine neue Runde. Die Gewerkschaft richtet sich auf eine lange und harte Auseinandersetzung ein. Eine Einigung erwartet sie bei der zweiten Verhandlungsrunde noch nicht.Die Verhandlungsführerin Christine Behle verlangte beim Warnstreik ihrer Kollegen in Frankfurt die Rücknahme der Gegenforderungen der Lufthansa. Voraussichtlich werde man zunächst über Möglichkeiten zur Beschäftigungssicherung sprechen und nicht über Entgelte.

Erstaunt zeigte sich die Gewerkschafterin über die Vielzahl der von Lufthansa gestrichenen Flüge. "Ich bin selbst überrascht über das Ausmaß." Mit ihrem harten Kurs gegen die Beschäftigten stelle die Lufthansa den Erfolg ihres Sparprogramms "Score" in Frage. "Für solche Programme braucht man Leute, die das mitmachen. Das ist jetzt gekippt."

Zweite Tarifrunde am Freitag

Verdi bittet gestrandete Passagiere um Verständnis.

Verdi bittet gestrandete Passagiere um Verständnis.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit dem Arbeitskampf will Verdi vor der zweiten Verhandlungsrunde Druck auf den Arbeitgeber machen. Die Gewerkschaft fordert bis zu 5,2 Prozent mehr Gehalt bei einer Laufzeit von 12 Monaten für die rund 33.000 Beschäftigten am Boden sowie bei Lufthansa-Systems, der Lufthansa Service Group, der Lufthansa Technik und Lufthansa Cargo. Die Deutsche Lufthansa will dagegen eine zweijährige Nullrunde und eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit um eine Stunde.

"Ein solches Ansinnen, das die Arbeitgeber als Beitrag der Beschäftigten zum Score-Programm sehen, ist provokativ und ein Affront gegen alle Beschäftigten bei der Lufthansa", erklärte Behle und warb bei den Passagieren um Verständnis.

Die Lufthansa drückt wegen der wachsenden Konkurrenz durch Billigflieger und Staatsairlines aus der Golfregion zunehmend auf die Kostenbremse. Im Zuge des Sparprogramms Score fallen bei der Kranich-Linie weltweit rund 3.500 Stellen weg. Ziel von Score ist Ende 2015 ein operativer Gewinn von 2,3 Mrd. Euro und damit 1,5 Mrd. Euro mehr als im Startjahr 2011.

Eine Übersicht über ausgefallene Flüge finden Sie hier. Auf der Seite Lufthansa können Sie zudem den Status Ihres Fluges abfragen. Telefonisch erreichen Sie die Lufthansa unter 01805 / 805 805. Die Fluggesellschaft bittet Passagiere, deren Flüge gestrichen wurden, auf den Internetseiten des Unternehmens ("Online Check-In") zu prüfen, ob sie bereits auf einen Alternativflug eingecheckt wurden: "Ist dies der Fall, kann die Bordkarte für diesen neuen Flug sofort online erstellt werden."

Quelle: ntv.de, ddi/wne/DJ

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