Wirtschaft

Ökonomen-Barometer Massiver Einbruch

Mit dem schärfsten Rückgang seit September 2011 reagiert das Ökonomen-Barometer auf die wachsenden Sorgen um die Zukunft der Eurozone. Auch die Milliardenhilfen für Spanien belasten. Gleichzeitig stellen die Volkswirte der Bundesregierung beim Thema Energiewende kein gutes Zeugnis aus: Sie rechnen mit deutlich steigenden Energiekosten.

Die Euro-Krise drückt auf das Ökonomen-Barometer.

Die Euro-Krise drückt auf das Ökonomen-Barometer.

Deutschlands führende Volkswirte sehen die wirtschaftliche Entwicklung mit wachsender Sorge. Das geht aus dem Ökonomen-Barometer von n-tv und der "Euro am Sonntag" für den Juni hervor. Danach brach die Prognosekomponente zur erwarteten Konjunkturentwicklung auf Sicht von zwölf Monaten um rund 13 Prozent auf 52,5 Punkte ein. Dies war der schärfste Rückgang seit September 2011. Auch die gegenwärtige wirtschaftliche Lage beurteilen die Volkswirte zurückhaltender als noch im Vormonat. Allerdings fiel das Minus mit 2,5 Prozent vergleichsweis moderat aus. 

Die deutlich gestiegene Skepsis spiegelt die Sorge um die Zukunft der Eurozone wider. Neben dem milliardenschweren Hilfsprogramm für Spanien rückte zuletzt erneut die Entwicklung in Griechenland in den Fokus. An diesem Sonntag stehen dort Neuwahlen an. Umfragen zufolge könnten die europafeindlichen Kräfte das Rennen machen.  

"Populistische Panikentscheidung"

Unterdessen erhält die Energiepolitik der Bundesregierung von Ökonomen miserable Noten. Auf einer Skala von eins bis sechs erhielt die schwarz-gelbe Koalition die Note vier. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach der Atomkatastrophe von Fukushima im März 2011 den abrupten Ausstieg aus der Atomenergie eingeleitet und acht Atommeiler sofort still gelegt. Die übrigen sollen schrittweise bis 2022 vom Netz gehen. Nur wenige Monate vor Fukushima hatte Merkel die Laufzeiten von 17 deutschen Atomkraftwerken noch deutlich verlängert. Nun drohen dem Bund Schadenersatzforderungen der Energiekonzerne in zweistelliger Milliardenhöhe.

Für das Ökonomen-Barometer wurden rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt.

Für das Ökonomen-Barometer wurden rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt.

Ökonomen gehen mit der Bundesregierung entsprechend hart ins Gericht. Der Atomausstieg sei eine "populistische Panikentscheidung", erklärte etwa Prof. Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg. Prof. Horst Löchel von der Frankfurt School of Finance sagte, der Atomausstieg sei "überhastet und aus opportunistischen Gründen" eingeleitet worden. "Alternativkonzepte, die einen Anstieg der Energiekosten bremsen könnten, sind bisher nicht sichtbar, weder konzeptionell noch in der Umsetzung." 

Neben drohenden Versorgungsengpässen stockt etwa der Ausbau von Windenergie-Anlagen in der Nord- und Ostsee. Zudem weisen Experten immer wieder auf die fehlenden Überlandnetze hin, die den Strom aus dem Norden nach Süddeutschland transportieren könnten. Daneben sorgt die Kappung der Fördersätze bei Solarstrom regelmäßig für Streit.

Energiepreise klettern weiter

Angesichts dieser Ausgangslage rechnen drei Viertel aller befragten Volkswirte für die nächsten Jahre mit weiter steigenden Energiepreisen. Die "dicke Rechnung kommt noch", warnte etwa Prof. Haucap von der Uni Düsseldorf. Im Durchschnitt rechnen die Ökonomen bis 2017 mit einem Strompreis-Anstieg von satten 30 Prozent. Alleine im vergangenen Jahr legte der Strompreis für Privathaushalte um rund 7 Prozent zu. 

Auf Zustimmung treffen dagegen Pläne von Bundeswirtschaftsmnister Philip Rösler, das umstrittene Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) durch eine Ökostromquote zu ersetzen. Dieser Vorstoß lehnt sich an Überlegungen der Wirtschaftsweisen und der Monopolkommission an. Danach würde die Bundesregierung Versorgern künftig eine bestimmte Quote für die Stromerzeugung vorgeben, die aus erneuerbaren Energien stammt. Wie die Konzerne diese Vorgabe erfüllen, bliebe ihnen überlassen. 41 Prozent der Volkswirte halten den Ansatz für richtig, 33 Prozent sind dagegen, immerhin 27 Prozent enthielten sich der Stimme. 

"Mit einer Ökostromquote, verbunden mit einem Zertifikatesystem, würde ohne Vorgabe einer bestimmten Technologie eine effiziente Mengesteuerung für grün erzeugten Strom umgesetzt", begründete der Wirtschaftsweise Prof. Christoph M. Schmidt den Vorschlag. Auch Prof. Horst Schellhaaß von der Uni Köln begrüßte das Quotensystem: Ein solches Modell sei "besser als die bisherige reine Subventionierung der Erzeugung von Ökostrom", da hierbei auch die Nachfrage berücksichtigt werde. 

Der Chefvolkswirt des DIHK, Alexander Schumann, warnte dagegen vor übereilten Schritten. Eine Ökostomquote passe nicht "in einen europäischen Strombinnenmarkt. Der Impuls müsste von der EU ausgehen", sagte er.

Für das Ökonomen-Barometer wurden zwischen dem 5. und 13. Juni rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt.

Quelle: ntv.de

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