"Kein finanzieller Schaden" Merkel fürchtet Opel nicht
18.09.2009, 09:33 UhrDie Rettungsaktion für den Autobauer Opel wird die deutschen Steuerzahler nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Ende nichts kosten. Auf europäischer Ebene brodelt der Streit unterdessen weiter. Sberbank-Chef German Gref macht sich derweil schon einmal Gedanken zur Opel-Produktion in Russland.

Klare Prioritäten: Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt bei ihrem Eröffnungsrundgang auf der Internationalen Automobilmesse in Frankfurt im neuen Opel Astra Platz.
(Foto: AP)
"Wir sind sicher, dass hier dem Steuerzahler kein finanzieller Schaden entsteht", sagte Merkel den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Ein Zusammenbruch von Opel hätte nicht nur 25.000 Arbeitsplätze gekostet, sondern die deutsche Wirtschaft mit fünf Milliarden Euro belastet, fügte Merkel hinzu. Der Pensionssicherungsverein hätte sämtliche Pensionslasten für die Opel-Mitarbeiter tragen müssen.
Dann hätten "die Einlagen aller anderer Unternehmen erhöht werden müssen", folgerte Merkel. Das wäre "vor allem für den Mittelstand in der Krise eine unglaubliche Belastung gewesen".

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (links), GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster und Opel-Chef Hans Demant (ganz rechts) sehen Merkels Engagement mit Wohlgefallen.
(Foto: dpa)
Die Kanzlerin versicherte, das weitere Vorgehen zur Rettung Opels werde mit den europäischen Partnern eng abgestimmt. "Unsere europäischen Partner haben es sehr geschätzt, dass wir bei Opel die Führungsrolle übernommen haben", behauptete die Bundeskanzlerin. "Wenn die Briten, Spanier, Polen und Belgier in der Insolvenzphase von General Motors einzeln in Washington hätten vorstellig werden müssen, wäre es sehr schwierig geworden."
EU-Länder wie Belgien und Spanien werfen der Bundesregierung vor, die Staatshilfen für den Opel-Käufer Magna in Höhe von 4,5 Mrd. Euro einseitig an den Erhalt deutscher Arbeitsplätze zu knüpfen.
Sarkozy stärkt Merkel den Rücken
Merkel hatte am Rande des EU-Sondergipfels in Brüssel unter anderem auch mit dem belgischen Premierminister Herman Van Rompuy über die Zukunft von Opel gesprochen. Van Rompuy berichtete bei dem Treffen in der Nacht zum Freitag über die Sorgen in Belgien, meldete der belgische Rundfunk. Der Regierungschef nahm zu Details keine Stellung.
Zuvor hatte van Rompuy Merkel nachdrücklich aufgefordert, die EU-Regeln zur fairen Gewährung von Staatshilfen einzuhalten. Rückendeckung für Merkel kam aus Frankreich. Präsident Nicolas Sarkozy verteidigte das Vorgehen Berlins Deutschland. Sarkozy sagte nach dem Sondergipfel, er unterstütze Merkel in dieser Frage.
Schließlich habe auch Frankreich seine Autoindustrie unterstützt - "und niemand sagt, dass der französische Autoplan protektionistisch ist", stellte Sarkozy fest. Frankreich hatte seinen beiden Autobauern Renault und PSA Peugeot Citroën im Frühjahr Milliardenhilfen zugesagt, wenn diese auf Werksschließungen verzichteten.
Das Opel-Werk in Antwerpen steht derweil als einziger Standort in Europa auf der Streichliste der designierten Opel-Eigentümer, der österreichisch-kanadischen Magna und der russischen Sberbank. Belgien hatte bereits angekündigt, die EU-Kommission als oberste Wettbewerbskontrolle in Europa anzurufen.
London fürchtet "Subventionskrieg"
Die britische Regierung hat ihre Vorbehalte gegen die Pläne zur Rettung des Autobauers Opel erneut bekräftigt. Die EU-Kommission müsse dafür sorgen, dass die Übernahme durch Magna nicht zu einem "Subventionskrieg" führe, sagte der britische Handelsminister Peter Mandelson der "Financial Times".
Es sei Aufgabe der Kommission zu verhindern, dass Werke "nach der Größe des Scheckbuchs" und nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geschlossen oder umstrukturiert würden, fügte Mandelson unter Hinweis auf Überbrückungskredite der Bundesregierung für Opel hinzu.
Magna plant laut Medienberichten die Streichung von 10.500 der bisherigen 50.000 Stellen bei Opel. Davon könnten auch Werke der britischen Opel-Tochter Vauxhall betroffen sein. Auch die belgische Regierung hatte davor gewarnt, die deutschen Staatshilfen für Magna einseitig an den Erhalt deutscher Arbeitsplätze zu knüpfen.
Nach den Worten von Sberbank-Chef German Gref soll Opel künftig verstärkt preisgünstige Autos in Russland bauen. In einer Fabrik des US-Autobauers General Motors (GM) in St. Petersburg sollten weiter Astra-Modelle hergestellt werden, sagte Gref in Sotschi. Opel werde zunächst rund 170 Mio. Euro in Russland investieren. Die Summe könne auf 600 Mio. Euro steigen.
Gref erwartet den Chef des kanadischen Autozulieferers Magna in der kommenden Woche zu Gesprächen in Russland, um über Produktionsstandorte für Opel zu beraten. Gref erklärte zudem, dass eine Kooperation mit dem russischen Autobauer AvtoVAZ bei der Zulieferung möglich sei.
Magna und die Sberbank wollen von GM nach bisherigen Plänen 55 Prozent der Anteile an Opel übernehmen. Der US-Konzern soll dann noch 35 Prozent an dem Rüsselsheimer Autobauer halten. Die Mitarbeiter wollen mit zehn Prozent einsteigen.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa/rts