Sparen schadet nicht Merkel und Obama einig
22.06.2010, 13:00 UhrKurz vor dem G-20-Gipfel nähern sich Deutschland und die USA beim Thema Sparvorhaben doch noch an. Die Regierungen seien sich grundsätzlich einig über eine diifferenzierte Exit-Strategie, berichtet ein Insider. Damit wird der Ausstieg aus den konjunkturstützenden Maßnahmen in Europa schneller erfolgen als in den USA.

Bundeskanzlerin Merkel bietet US-Präsident Obama im Streit um die richtige Finanzpolitik kurz vor dem G20-Gipfel Paroli.
(Foto: picture alliance / dpa)
US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sind sich nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen "grundsätzlich einig über einen differenzierten Ausstieg" aus den konjunkturfördernden Maßnahmen, die in der Krise ergriffen wurden. Bei einem Telefonat am Vorabend habe Obama Merkel keineswegs aufgefordert, den geplanten Exit zu verändern, sagte ein hochrangiger deutscher Regierungsbeamter in Berlin. "Die USA haben nicht gedrängt, entgegen der Schuldenbremse einen fiskalischen Stimulus weiter zu führen", berichtete der Regierungsbeamte.
Mit Blick auf einen Brief Obamas zum Thema Wachstumsankurbelung habe der Eindruck bestanden, "dass der Brief letztlich auf weniger Differenzen zwischen Deutschland und den USA hinweist, als es allgemein den Anschein hat". Obama hatte in dem am Freitag veröffentlichten Brief für den Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) in Toronto gefordert, die Priorität auf Wachstumsstärkung zu legen und verlangt, Länder mit hohen Außenhandelsüberschüssen müssten mehr für das globale Wachstum tun.
Der deutsche Regierungsbeamte betonte, im Prinzip gehe es darum, wie man das Wachstum durch strukturelle Maßnahmen stärke und so das Potenzialwachstum hebe. "Auf der Ebene sind wir uns einig", unterstrich er. Insgesamt sei es bei dem rund 20-minütigen Telefonat "um die Vorbereitung der anstehenden Gipfeltreffen" gegangen.
Kein Druck aus dem Westen
Auch in einem Bericht des Internationalen Währungsfonds werde der in Deutschland für 2011 geplante Exit "als richtig anerkannt", betonte der Beamte. Für Deutschland seien "keine weiteren Stimulusmaßnahmen notwendig". Deshalb werde bei dem bevorstehenden Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) in Toronto werde "keine in dem Sinne kontroverse Diskussion erwartet, dass Deutschland jetzt unter Druck steht".
Bei dem Gipfel will Deutschland laut einem anderen Regierungsbeamten auch darauf dringen, dass der beim Gipfel von Pittsburgh vereinbarte Zeitplan für die Reform des internationalen Finanzsystems eingehalten werde, nach dem noch 2010 Beschlüsse fallen sollen, die dann bis Ende 2012 mit Übergangsfristen umgesetzt werden sollen. Höhere Eigenkapital- und Liquiditätsstandards für Finanzinstitute seien dringend notwendig, hieß es. Allerdings werde der Zeitplan nicht einzuhalten sein, bis Mitte 2011 einen einheitlichen Bilanzierungsstandard zu erreichen.
Bankenabgabe als Test
Deutschland wolle bei dem Treffen für eine internationale Bankenabgabe werben und zudem "für eine Finanzmarktbesteuerung, die als zusätzliches Instrument in Frage kommt". Jedoch werde dies "keine einfache Diskussion" werden, räumte der Beamte ein. Zwar sei eine globale Lösung für eine Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenkosten zu bevorzugen, komme eine solche aber auf absehbare Zeit nicht zustande, werde Deutschland gemeinsam mit Frankreich "einen europäischen Vorstoß machen", kündigte er an.
An der Haltung der G-20 zu dieser Frage werde sich auch zeigen, ob die Gruppierung auch nach der akuten Krisenphase handlungsfähig sei. „Die Frage der Bankenabgabe wird ein Testpunkt sein, ob die G-20 eine Einigung erreichen kann oder in zwei Lager zerfällt“, meinte der erste Beamte. Erziele man keine Einigung, könnten möglicherweise weitere Verhandlungen zu Wirtschaftsfragen auch wieder stärker in dem engeren Kreis der Gruppe der acht führenden Wirtschaftsländer (G-8) vorangetrieben werden, die deutlich mehr "Homogenität der Interessen" aufweise.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ