Schulterschluss statt Streitpunkte Merkel und Rajoy ganz einig
06.09.2012, 19:32 UhrReformen und Integration sind der Schlüssel um die Schuldenkrise in Europa zu beenden. Auf diese Formel einigen sich Bundeskanzlerin Merkel und Spaniens Ministerpräsident Rajoy bei ihrem Treffen in Madrid. Auch ansonsten zeigen sich die Politiker harmonisch, es gibt Komplimente für die Reformanstrengungen Spaniens und Versprechen, diese fortzuführen.
Strukturreformen und eine tiefere Integration in der EU sind nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy der richtige Weg aus der Krise in Europa. Bei einem gemeinsamen Auftritt in Madrid vermieden es beide konservative Politiker, über mögliche neue Hilfsprogramme für Spanien oder das am Donnerstag angekündigte, umstrittene Anleihen-Ankaufprogramm der EZB zu reden. Stattdessen betonten sie auch auf einer parallel stattfindenden deutsch-spanischen Unternehmerkonferenz, dass nur das Wachstum der realen Wirtschaft Beschäftigung und Wachstum schaffe. Merkel lobte die enormen Reformanstrengungen in Spanien und dankte auf der Wirtschaftskonferenz auch den Gewerkschaften für ihre Mitarbeit.
In der Pressekonferenz, die gleichzeitig zu der von EZB-Chef Mario Draghi stattfand, betonte Merkel hinsichtlich der Diskussion um Anleihen-Aufkaufprogramme lediglich, dass die EZB nicht die Aufgaben der Politik ersetzen könne. "Die EZB agiert in ihrer Unabhängigkeit und im Rahmen ihres Mandats. Sie ist für die Stabilität des Geldwertes zuständig", sagte sie. Sowohl Merkel als auch Rajoy bekräftigten zudem, sie hätten nicht über Konditionen für ein neues Hilfsprogramm für Spanien aus den Euro-Rettungsschirm EFSF gesprochen. Seit Wochen gibt es Berichte, dass die spanische Regierung neben der bewilligten Bankenhilfe von bis zu 100 Milliarden Euro umfassendere Hilfe beim EFSF beantragen könnte. Wegen möglicher neuer Reformauflagen schrecke sie davor aber zurück.
Vertrauen in Reformen
Die Kanzlerin sprach Spanien volles Vertrauen für den eingeschlagenen Reformkurs aus. Rajoy betonte seinerseits, dass seine Regierung an der Reformpolitik festhalte. Um das Vertrauen in den Euro wiederherzustellen, müssten aber die Zweifel an der Zukunft der Gemeinschaftswährung beseitigt werden, forderte Rajoy auf der Unternehmerkonferenz. Deshalb seien schnelle Schritte zu einer Fiskal- und Bankenunion nötig. Darüber werde - wie Ende Juni vereinbart - auf dem nächsten EU-Gipfel im Oktober gesprochen, sagte auch Merkel. Im Dezember sollten dann Vereinbarungen getroffen werden. Zuvor hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble allerdings angesichts der schwierigen Debatten um eine europäische Bankenaufsicht bezweifelt, dass eine Einigung darüber bereits Anfang 2013 erzielt werden könne.
Vor dem Treffen hatte Spaniens Ministerpräsident in mehreren Interviews betont, dass die EZB handeln müsse, um einige Euro-Staaten von einer ungerechtfertigt hohen Zinslast bei Staatsanleihen zu entlasten. Nach Angaben aus spanischen Regierungskreisen kosten die auch vom IWF als überhöht bezeichneten Risikoaufschläge Spanien bis Ende 2013 rund zwölf Milliarden Euro zusätzlich. Auch die Bundesregierung hatte mehrfach darauf verwiesen, dass sie angesichts der Reformen in Spanien die Risiko-Beurteilung der Finanzmärkte nicht teile.
Merkels Lob für Spanien
Merkel wehrte sich in Madrid gegen den Eindruck, Deutschland drücke seinen Partnern schmerzhafte Reformen auf. "Ich bin auch nicht hier, um irgendwie zu sagen, welche Reformen in Spanien gemacht werden müssen", sagte sie. "Natürlich ist es nicht schön, dass das Bild Deutschlands in Spanien etwas angekratzt ist", sagte sie. Ihr Besuch diene auch der Tatsache, dass man sich besser verstehen lerne. "Es geht nicht darum, dass der eine dem anderen das Leben schwermacht", betonte Merkel. "Sondern es geht um die Frage, ob wir in 20 Jahren ein Kontinent sind, den die Welt ernst nimmt, der mitbestimmen kann ... oder ob wir ein Kontinent sind, der von anderen abhängig ist."
In Madrid sprachen sich auch die deutschen und spanischen Wirtschaftverbände CEOE, CSC, BDI und DIHK für den Euro aus. "Das Vertrauen in die Währungsunion sollte auch durch die Bereitschaft zur Unterstützung des Euro gestärkt werden, bei dem das Instrumentarium der EZB und des ESM zu vereinbarten Konditionen und den wirtschaftlichen Erfordernissen genutzt wird", heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Deutschland wird dabei als Vorbild für die Strukturreformen genannt, die in Spanien nötig seien. Die Verbände betonten wie Merkel und Rajoy die Bedeutung des bilateralen Handels. Deutschland ist Spaniens wichtigster Importeur, der Handel erreichte 2011 fast 54 Milliarden Euro.
Quelle: ntv.de, rts