Ballmers Nachfolge wird zu Grundsatzentscheidung Microsoft kontaktiert CEO-Kandidaten
13.10.2013, 13:35 Uhr
Wer wird Microsoft in Zukunft führen?
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit einem Quasi-Monopol in manchen Sparten des Technikmarktes wurde Microsoft zum Riesen. Doch unter Konzernchef Steve Ballmer fällt der Aktienkurs über die Jahre um 40 Prozent. Nun muss ein neuer CEO her - aber den perfekten Kandidaten gibt es nicht. Microsoft steht vor einer wegweisenden Entscheidung.
Microsoft steht vor einer ungewissen Zukunft. Noch-Chef Steve Ballmer hat seinen Rücktritt angekündigt. Der Nachfolger tritt ein Erbe an, das auch das Risiko des Scheiterns beinhaltet. In Ballmers 14-jähriger Amtszeit ist der Aktienkurs des Software-Riesen um 40 Prozent gefallen. Viele der großen Microsoft-Investoren sind beunruhigt über die Entwicklung des Unternehmens.
Die Suche nach einem neuen Konzernchefs zeigt auch die Differenzen innerhalb des Verwaltungsrats darüber auf, in welche Richtung das Unternehmen gesteuert werden soll - und damit auch, welche Anforderungen der nächste CEO erfüllen muss.
Inzwischen haben sich die Direktoren in der Planungskommission bei mindestens zwei Microsoft-Führungskräften und mindestens acht außenstehenden Managern nach deren Interesse erkundigt, den herausfordernden Job zu übernehmen und die Nachfolge von Steve Ballmer anzutreten, heißt es.
Erste Gespräche laufen
Zu den angesprochenen externen Kandidaten sollen Ford-CEO Alan Mulally, Oracle-Präsident Mark Hurd und Nokias scheidender Chef Stephen Elop gehören, der ohnehin nach Vollzug des Verkaufs von Nokias Handy-Geschäft an Microsoft zu seinem einstigen Arbeitgeber zurückkehren wird. Das dürfte Anfang kommenden Jahres der Fall sein.
Einige der Kandidaten sind offenbar erstmals im Laufe der vergangenen Woche kontaktiert worden, sagen Personen, die mit der CEO-Suche vertraut sind.
Einer der Informanten sagt, dass Mitglieder der Findungskommission inzwischen mit gar mit formelleren Einzelgesprächen begonnen hätten. Jeder Kandidat müsse aber auch noch vor dem gesamten Board eine Vorstellungsrunde absolvieren.
Die Kandidatenliste spiegelt auch das Ringen des Verwaltungsrats um eine zentrale Frage wider: Soll die neue Nummer eins ein Technologieexperte sein, der Microsoft bei der Produktinnovation eine Schub geben kann oder soll es eher ein Fachmann sein, der ein großes und weit verzweigtes Unternehmen steuern kann?
Diese Grundsatzentscheidung wird die unmittelbare Zukunft des Softwarekonzerns bestimmen und die Richtung vorgeben: Liegt der Fokus auf neuen Angeboten, die mit denen von Google und Apple konkurrieren können, oder geht es darum, den Konzern möglichst effektiv zu betreiben.
Keinen perfekten Kandidaten
Diese Debatte führt zu einer entscheidenden Erkenntnis: Es wird kaum den perfekten Kandidaten für den Job geben. "Die Idee, einen CEO zu finden, der in allen Bereichen ein Visionär ist, ist einfach unrealistisch, sagt eine Person, die der Findungsgruppe nahesteht.
Neben der Überlegung, welche Art Vorstandschef die beste Lösung sein werde, beleuchten die Direktoren auch die Frage, wie das übrige Managementteam mögliche Defizite des nächsten Konzernlenkers ausgleichen könnte. Dabei kooperieren sie mit einer Personalberatung.
Das Board von Microsoft steht vor der historischen Aufgabe, den erst dritten CEO in der 38-jährigen Geschichte des Unternehmens zu finden. Und möglicherweise den ersten, der keine Verbindung zu einem der Firmengründer hat.
Der Nachfolger von Steve Ballmer wird sich mit einer gravierenden anderen Technologiewelt auseinandersetzen müssen als im Januar 2000 bei der Übergabe von Bill Gates an Ballmer. Die Computerwelt hat sich wegbewegt von Microsoft einstiger Stärke bei PC und traditioneller Software. Der Konzern aus Redmond im US-Bundesstaat Washington ist bei aktuellen Technologien wie Smartphone- und Internet-basierter Software hinter die Konkurrenten zurückgefallen.
Mulally als Favorit?
Den mit der Suche betrauten Microsoft-Direktoren sei bewusst, aus Unternehmenskreisen heißt es, dass es wohl die beste Lösung sei, schon bald einen Nachfolger für Ballmer präsentieren zu können. Das Board habe die Hoffnung, die Entscheidung innerhalb von vier bis sechs Monaten zu treffen. Das wäre Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres. Ballmer hatte seinen Rückzug im August angekündigt. Er wolle binnen eines Jahres abtreten beziehungsweise dann, wenn ein Nachfolger gefunden sei.
Alan Mulally von Ford hat sich als der faszinierendste Kandidat herauskristallisiert. Er ist 68 Jahre alt und verfügt über keinerlei Erfahrung in der Informationstechnologie. Der einstige Boeing-Manager, der im Großraum Seattle ein Haus besitzt, ist persönlich eng mit Ballmer verbunden und hat diesen wiederholt beraten, zuletzt bei der radikalen Reorganisation des Konzerns im Juli.
Ballmer selbst hat Mulallys Kandidatur kräftig unterstützt, sagen die mit dem Suchverfahren vertrauten Personen. Unklar ist jedoch, wie viel Einfluss Ballmer in dem neun Mitglieder umfassenden Board noch hat.
Auf die Spekulationen über einen Wechsel zu Microsoft hat Mulally betont, er habe sich verpflichtet, bis zumindest Ende 2014 bei Ford zu bleiben. Ob es dabei bleibt?
Quelle: ntv.de, rpe/DJ