Wirtschaft

Brammibal's erobert Mainstream Mit veganen Donuts zum nächsten Starbucks?

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Die Brammibal's-Gründer wollen mit der Hilfe eines ehemaligen Starbucks-Managers weiter wachsen.

Die Brammibal's-Gründer wollen mit der Hilfe eines ehemaligen Starbucks-Managers weiter wachsen.

(Foto: Brammibal's Donuts)

Das Startup Brammibal's produziert eine besondere Variante des weltweit beliebten Schmalzkringels: Die Donuts sind vegan. Der Erfolg zeigt, wie Veganismus auf dem Lebensmittelmarkt trendet. Die Gründer schmieden bereits neue Expansionspläne.

Cinnamon Sugar, Strawberry Pretzel, Boston Cream, Mozartkugel oder Bienenstich: So heißen die runden, bunten, süßen und vor allen Dingen veganen Kreationen des Berliner Donut-Startups Brammibal's. Seit fast zehn Jahren begeistern dessen süßen Kringel nicht nur Veganer. Das Geschäft mit veganen Donuts scheint sich zu lohnen: 2021 betrug der Gewinn der Kette knapp 700.000 Euro. Dabei ist laut Statistischem Bundesamt nur jede dritte Neugründung in der Gastronomie auch nach fünf Jahren noch aktiv. Mit veganen Donuts setzt Brammibal's offenbar auf ein Erfolgsrezept.

Und das bereits seit 2015: Die Berliner Krankenschwester Jessica Jeworutzki ist damals schon länger unzufrieden mit der Arbeit in der Pflege. Als Teenager hatte sich die gebürtige Recklinghäuserin für eine vegane Ernährung entschieden. Weil ihre veganen Donuts auf privaten Feiern gut ankommen, trifft sie eine Entscheidung: Sie will ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen.

Mit Handarbeit zum Erfolg

Gemeinsam mit ihrem Partner Bram van Montfort, damals noch IT-Student, beginnt sie, vegane Donuts auf Berliner Märkten zu verkaufen. Von Anfang an sei die Nachfrage so hoch gewesen, dass sie jedes Mal schnell ausverkauft gewesen seien. "Es kam vor, dass die Menschen weinten, wenn wir keine Donuts mehr hatten", erzählt die Gründerin im Gespräch mit ntv.de. Deshalb entschließt sich das Pärchen, am Maybachufer im Szeneviertel "Kreuzkölln" ein kleines Kiez-Café zu eröffnen.

In der Produktion der veganen Donuts legen die Brammibal's-Gründer Wert auf Handarbeit.

In der Produktion der veganen Donuts legen die Brammibal's-Gründer Wert auf Handarbeit.

(Foto: Brammibal's Donuts)

Als eine Crowdfunding-Kampagne nicht genügend Startkapital bringt, geben Freunde und Familie ihnen die entscheidende Finanzierungsspritze. Nicht nur in der Backstube, überall im Geschäft setzen sie auf Handarbeit. Im Laden verlegen sie die Fliesen selbst. "Man sieht heute immer noch, wie schief sie sind", sagt Jeworutzki. Und nicht nur dort hakt es: Die Berliner Wasserbetriebe fordern einen Fettabscheider, die Handwerkskammer einen ausgebildeten Konditormeister. "Uns drohte die Schließung", erzählt Jeworutzki. Bis zu 80 Stunden die Woche arbeiten die Gründer, um ihren Traum zu realisieren. 2016 kann der Laden öffnen.

Veganismus im Mainstream: "Etikett für Gutes"

Unter den 84,6 Millionen Einwohnern Deutschlands sind Veganer noch immer eine kleine Minderheit: Laut einer Analyse des Instituts für Demoskopie Allensbach ernähren sich 1,52 Millionen Deutsche vegan. Damit bezeichnen sich lediglich 1,8 Prozent der Gesamtbevölkerung als Veganer. Die Zielgruppe erscheint klein, doch Experten prognostizieren diesem Markt einen rasanten Umsatzzuwachs: Einem aktuellen Bericht des Marktforschungsunternehmens Businessresearch Company zufolge soll der Markt für vegane Lebensmittel von 24,58 Milliarden US-Dollar 2023 auf 27,8 Milliarden Dollar in diesem Jahr wachsen. Ein Grund dafür sei die zunehmende Besorgnis über die Auswirkungen der Massentierhaltung auf die Umwelt. 2028 soll der Markt demnach bereits auf 42,86 Milliarden Dollar anwachsen.

"Veganismus entwirft einen Idealtypus, wie wir heute in der Welt agieren möchten, nämlich als verantwortungsbewusste Menschen, die auch als Konsumenten sensibel mit Mensch, Tier und Umwelt umgehen", sagt Markensoziologe Oliver Errichiello im Gespräch mit ntv.de. Er erklärt die Ankunft des Labels "vegan" in den deutschen Supermarkt-Regalen mit dem sogenannten "Halo-Effekt". "Wenn ich etwas für mich reklamiere, das positiv aufgeladen ist, strahlt genau dieser positive Geist auf mich ab. Selbst, wenn ich das vielleicht nur situativ auslebe." So sprechen vegane Donuts nicht nur vegane Kunden an. "Denn rund zehn Prozent unserer Kunden ernähren sich streng vegan", berichtet Jeworutzki von einer Kundenbefragung.

Auch große Marken sind auf den Trend aufgesprungen. "Deshalb können wir uns vor veganen Labels gar nicht mehr retten, obwohl sie manchmal vollkommen absurd sind", sagt Errichiello. "Zum Beispiel, wenn sich ein Wasser als vegan darstellt, weil man um die Kraft dieses Symbols als Etikett für Gutes ganz genau weiß." Diese Strahlkraft trifft zurzeit besonders auf Süßwaren zu: Einer Erhebung des US-Marktforschungsunternehmens NielsenIQ zufolge wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 1,09 Milliarden Euro Umsatz mit veganen Süßigkeiten erzielt - ein Drittel mehr als Vorjahr.

Reines Gewissen trotz Naschen

Die Brammibal's-Gründer Bram van Montfort und Jessica Jeworutzki eröffneten 2016 ihren ersten Laden.

Die Brammibal's-Gründer Bram van Montfort und Jessica Jeworutzki eröffneten 2016 ihren ersten Laden.

(Foto: Brammibal's Donuts)

Die Brammibal's-Gründer glauben nicht, dass es ungesund ist, ab und zu einen veganen Donut zu essen. "Wenn jemand nur Donuts isst, ist das vielleicht nicht so gesund", sagt Gründer van Montfort, der in seinen Zwanzigern den veganen Lebensstil für sich entdeckt hat. "Ich denke nicht, dass vegane Donuts klassisches Fast Food sind - auch wenn man sie ziemlich schnell verzehren kann." Der Herstellungsprozess entspreche eher dem Slow Food, erklärt er. Viele Kunden wüssten nicht, wie viel Arbeit darin stecke. "Angefangen von der Teigfertigung in der Bäckerei bis zur Auslieferung in die Filiale dauert es sechs Arbeitsstunden."

Laut Errichiello schafft Brammibal's mit einem "eigentlich zutiefst zuckerhaltigen Produkt" eine "Wunderstruktur". Das sind Dinge, die in unserer Lebenserfahrung eigentlich nicht zusammenpassen. "Auch, wenn ich weiß, dass das Produkt eigentlich zu viel Zucker hat, kann ich dennoch sagen, ich tue etwas Gutes. Wenn ich mir 500 Kalorien reinpfeife, macht es mein persönliches schlechtes Gewissen ein bisschen leichter, wenn ich den Eindruck habe, eigentlich esse ich zur Bewahrung der ökologischen Diversität."

Nachhaltigkeit gehört zum Brammibal's-Konzept. Nach eigenen Angaben gaben die Gründer 2022 eine CO2-Bilanz in Auftrag. Dabei werde die gesamte Lieferkette bis hin zum Gas für die Mehlproduktion hinterfragt. Frittierfett filtern sie, um den Bedarf zu reduzieren. Zudem achten sie darauf, möglichst regionale Produkte zu beziehen. Tiefkühlprodukte oder Fertigteig-Rohlinge lehnen sie ab.

Große Zukunftspläne: Berlin, Hamburg, Amsterdam?

2022 öffnete der erste Laden in Hamburg-Altona. Filialen im Schanzenviertel, am Jungfernstieg und im Hauptbahnhof folgten binnen weniger Monate - "ohne die Hilfe von Investoren", wie die Gründer betonen. Das Geschäftsjahr sei jedoch schwierig gewesen. Die Preissteigerungen als Folge der Inflation, die Krise in der Gastronomie, gesunkene Margen sowie der Aufbau des neuen Standorts hätten sie vor Herausforderungen gestellt. Mehr als kostendeckend zu wirtschaften, sei wegen der hohen Investitionskosten nicht möglich gewesen.

Die Donuts von Brammibal's sprechen nicht nur Veganer an. Laut einer Kundenbefragung ernähren sich lediglich rund zehn Prozent ihrer Kunden vegan.

Die Donuts von Brammibal's sprechen nicht nur Veganer an. Laut einer Kundenbefragung ernähren sich lediglich rund zehn Prozent ihrer Kunden vegan.

(Foto: Brammibal's Donuts)

Helfen soll nun eine weitere Expansion. Die Eröffnung neuer Filialen ist für das Frühjahr geplant. Darüber hinaus können sich die Gründer vorstellen, künftig in Großstädten wie Köln oder München oder in van Montforts Heimat, den Niederlanden, Filialen zu eröffnen. "Unser Geschäft funktioniert nur mit mehreren Filialen an einem Standort", erklärt er. "Wir müssen täglich frisch backen, in Berlin bis zu 10.000 Donuts am Tag. Dafür brauchen wir eine standorteigene Bäckerei. Für eine einzelne Filiale in einer kleinen Stadt würde sich der Aufwand nicht lohnen." Auch Markensoziologe Errichiello sagt: "Vermutlich würde das Konzept in einem kleinen Dorf nicht funktionieren. Es geht darum, dass Brammibal's genau in diesen Milieus zwischen Lastenfahrrad und Altbauwohnung bleibt - um in den Klischees zu sprechen."

Für die Expansion haben sich die Gründer professionelle Hilfe geholt: einen Ex-Starbucks-Manager. Die Frage, ob sie das nächste Starbucks werden wollen, bejahen sie. "Wir waren der erste vegane Donut-Laden in Europa", berichtet Jeworutzki. "Es fehlt immer noch etwas auf dem Markt und wir wollen diese Lücke füllen."

Errichiello warnt allerdings vor zu viel Wachstum: "Der Schlüssel für den Erfolg ist die Begrenzung, weil wir Kleinheit immer mit Echtheit konnotieren. Kurzfristig wird die Ausweitung eines solchen Konzeptes immer funktionieren, aber auf lange Sicht meistens nicht." In vielen veganen Herstellern, gerade auf der lokalen Ebene, stecke sehr viel Herzblut und Überzeugung. "Das machen sich große Unternehmen gerne zunutze - sie profitieren von der Überzeugungskraft der kleinen, wie bei Ben und Jerry's, die waren auch einmal eine kleine Eisdiele. Oder Ankerkraut, auf deren plötzlichen Verkauf an einen Multi es einen riesengroßen Sturm der Entrüstung gab."

Die Brammibal's-Gründer wollen nicht nur mit neuen Filialen wachsen. Regelmäßig versuchen sie, ihr Sortiment über zeitlich begrenzte Sonderaktionen um herzhafte vegane Produkte zu erweitern. Zum "Weltpizzatag" am Freitag gab es Pizza-Donuts.

Quelle: ntv.de

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