Wirtschaft

Großbritannien beschäftigt Davos Monti warnt vor Erpressung

Italiens Premier Mario Monti (l.) mit seinem irischen Kollegen Enda Kenny.

Italiens Premier Mario Monti (l.) mit seinem irischen Kollegen Enda Kenny.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Vorhaben des britischen Premiers Cameron, ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft abzuhalten, liefert dem Wirtschaftsforum in Davos viel Gesprächsstoff. Italiens Regierungschef Monti warnt vor Erpressungsversuchen. Bundeswirtschaftsminister Rösler appelliert, nicht nur an den Wirtschaftsraum, sondern an die Wertegemeinschaft zu denken.

Der Streit um die Zukunft von Europäischer Union mit oder ohne Großbritannien beschäftigt die europäischen Spitzenpolitiker auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Viele Regierungschefs wollen Großbritannien nach der Ankündigung eines Ausstiegs-Referendums als Mitglied in der Europäischen Union halten. Es gibt aber auch mahnende Worte. Konjunkturpessimisten dürften sich bestätigt fühlen: Europa ist nicht auf dem gemeinsamen Kurs, wie viele es sich in der Krise wünschen.

"Ich möchte, dass Großbritannien weiterhin eine zentrale Rolle für die EU spielt. Das ist sehr wichtig, auch weltweit gesehen", sagte Irlands Regierungschef Enda Kenny. Irland hat derzeit den EU-Ratsvorsitz. Ein "Nein" der Briten zur EU scheint ihm eher unwahrscheinlich: Sein Land habe bereits einige Volksabstimmungen hinter sich. Es habe stets eine Entscheidung im Sinne der europäischen Zukunft gegeben.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte schloss sich seinem irländischen Kollegen an: "Das Vereinigte Königreich muss in der EU bleiben", sagte er. Ansonsten würde es abgekoppelt irgendwo zwischen Europa und den USA treiben. Cameron hatte angekündigt, dass er in der EU über eine Rückholung von Zuständigkeiten verhandeln wolle. Danach wolle er über einen erneuerten EU-Vertrag in einem Referendum nach der nächsten britischen Parlamentswahl abstimmen lassen, die für 2015 geplant sind.

"Klare Frage und keine Erpressung der EU"

Italiens Regierungschef Mario Monti fand für den Vorstoß Camerons deutlichere Worte. Seine Forderung nach einer EU-Vertragsänderung wies er strikt zurück und warnte vor einer Erpressung der EU-Partner. Auf die Frage, ob er eine Chance für eine Rückverlagerung von Kompetenzen durch eine Vertragsänderung sehe, antwortete er mit einem klaren "Nein".

Zudem forderte er für das mögliche Referendum eine eindeutige Fragestellung ohne jede Hintertür: "Wollen Sie, dass Großbritannien weiter Mitglied der EU ist oder nicht?" Bei einer klaren Frage würden sich die Briten auch für einen Verbleib in der EU entscheiden. "Sonst müssten sie den Binnenmarkt verlassen."

"Für die Wertegemeinschaft kämpfen"

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hofft derweil, dass sich die Wogen glätten und die Diskussion, die um den EU-Austritt Großbritanniens entbrannt ist, entspannt. "Ich glaube, dass die Menschen in Großbritannien wissen, was sie an Europa haben", sagte er n-tv.  Er ergänzte die Frage nach der Wirtschaftlichkeit um die Frage nach den gemeinsamen Werten. "Wir haben nicht nur einen gemeinsamen Binnenmarkt, wir sind eine Wertegemeinschaft und darum geht es." Dafür müsse man kämpfen. Auf die Frage, welche Folge eine Abstimmung gegen die EU haben würde, sagte er n-tv: "Ich glaube, es würde das Bild des heutigen Europas verändern, und nicht zum besseren, sondern zum schlechteren."

Unterstützung bekam Cameron bei seiner Forderung nach einem effizienteren und stärker wettbewerbsfähigen Europa: "Wir müssen entschlossen sein, unser Geld nur auf die bestmögliche Weise auszugeben", sagte Dänemarks Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt. "Wir müssen uns jeden Morgen fragen: Geben wir diese Krone, diesen Euro richtig aus?" Das tue ihre Regierung in Kopenhagen. "Das gleiche sollte für Europa gelten."

Dämpfer für Konjunkturoptimisten

Die Krise in Europa ist nicht ausgestanden. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird nicht müde, dass die Länder gerade jetzt zusammenrücken müssen. Gerade mehren sich einmal die Anzeichen, dass zumindest der Tiefpunkt überwunden ist, da verleiht die britische Debatte dem keimenden Konjunktur-Optimismus wieder einen Dämpfer. Umfragen zeigen, dass Unternehmenschef die weltwirtschaftliche Großwetterlage skeptisch sehen. Norbert Winkeljohann, Deutschlandchef PricewaterhouseCoopers sagte n-tv auf dem Weltwirtschaftsforum: "Wir haben 1330 CEOs rund um den Globus befragt. Die Stimmung ist zusammengefasst skeptisch. Das liegt an den Unsicherheiten in China, in den USA und auch an der Frage, wie entwickelt sich die Eurozone."

Selbst deutsche Unternehmer, die im letzten Jahr Optimismus-Weltmeister waren - "75 Prozent der Befragten haben auf Wachstum gesetzt" – sind zurückhaltender geworden, wie Winkeljohann weiter sagte. Die Zahl habe sich auf 50 Prozent reduziert. Das heißt, es ist schon eine Zurückhaltung angesagt." Auf dem Weltwirtschaftsforum tauschen sich bis Sonntag 2500 Teilnehmer über drängende  internationale Frage aus - darunter rund 50 Staats- und Regierungschefs, Unternehmenschefs, Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen.

Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa

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