Wirtschaft

Ratingagentur zum Schuldenstreit Moody's verblüfft die USA

In den Ohren von Finanzminister Timothy Geithner muss der Moody's-Vorschlag verführerisch einfach klingen.

In den Ohren von Finanzminister Timothy Geithner muss der Moody's-Vorschlag verführerisch einfach klingen.

(Foto: REUTERS)

Im Streit um die gesetzlich verankerte Schuldengrenze im US-Haushalt meldet sich die Ratingagentur Moody's mit einem radikalen Vorschlag zu Wort: Die Vereinigten Staaten sollten die lästige Beschränkung - so der verblüffende Ratschlag der Analysten - ganz einfach für immer abschaffen.

Die Ratingagentur Moody's rät den USA, die Schuldenobergrenze ganz abzuschaffen und so Unsicherheit bei Investoren zu vermeiden. Die USA gehörten zu den wenigen Staaten, in denen die Politik über die erlaubte Gesamtverschuldung abstimmen müsse, was immer wieder für Unruhe bei den Anlegern sorge, teilte die Agentur mit. "Wir würden das Risiko geringer einschätzen, wenn die Regierung beim Thema Verschuldung diese Unsicherheit herausnimmt", schrieb Moody's-Experte Steven Hess.

Muss sich auf realistische Vorschläge konzentrieren: Barack Obama am Präsidentenrechner.

Muss sich auf realistische Vorschläge konzentrieren: Barack Obama am Präsidentenrechner.

(Foto: REUTERS)

Die Verschuldung der USA hat die gesetzlich festgelegte Obergrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar längst erreicht. Wenn die Grenze nicht weiter angehoben wird, droht nach Aussage führender US-Politiker ab Anfang August die Zahlungsunfähigkeit. Offen ist bislang, wie sich ein solches Ereignis auf die internationalen Finanzmärkte auswirken würde. Die Bandbreite der Szenarien reicht von schwachen Marktreaktionen bis hin zu nie dagewesenen Erschütterungen, die das Ausmaß der großen Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 noch übersteigen dürfte.

Erst drohen, dann raten

Erst in der vergangenen Woche hatte Moody's damit gedroht, den USA ihre Topnote "AAA" zu entziehen, wenn die Regierung ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne. Damit erhöhte die Agentur den Druck auf die Politik, sich im festgefahrenen Schuldenstreit doch noch zu einigen. Zwar halten auch die Experten von Moody's die Gefahr nach wie vor für grundsätzlich gering, dass die USA zahlungsunfähig würden. Wie viele Beobachter auch rechnet die Ratingagentur weiterhin mit einer rechtzeitigen Einigung - obwohl sich Republikaner und Demokraten bisher noch immer nicht auf eine Anhebung der Schuldengrenze einigen konnten, und der Termin der technischen Staatspleite immer näher rückt.

Angesichts der derzeitig besonders stark verhärteten Positionen beider Parteien sei die Unsicherheit mittlerweile erhöht, beschrieb Moody's-Fachmann Hess die Lage und bestätigte damit die allgemein bekannte Einschätzung vieler Marktteilnehmer. Unklar blieb dabei, wie eine Aufhebung der Schuldenobergrenze im Bewertungssystem der Analysten künftig eingestuft werden würde. Sollte die selbst verordnete Beschränkung tatsächlich komplett aufgehoben werden, dürften US-Politiker rasch neue Kreditaufnahmen fordern, um die laufenden Ausgaben für Militär, Konjunkturimpulse und Soziales zu bedienen. Ein Abbau der schon jetzt umfangreichen Schuldenlasten würde damit wohl in weite Ferne rücken.

Neue Anzeichen für einen Kompromiss

Unabhängig von allen Vorschlägen mehr oder weniger sachkundiger Beobachter zeichnet sich in der US-Haushaltskrise zwei Wochen vor der technischen Staatspleite offenbar doch noch eine realistische Lösung ab. Im Senat arbeiteten am Wochenende die Fraktionsvorsitzenden der Republikaner und der Demokraten, Mitch McConnell und Harry Reid, an einem Kompromissvorschlag, der im kommenden Jahr eine schrittweise Anhebung der Schuldenobergrenze vorsieht, berichtete die Zeitung "Washington Post". Demnach soll das Schuldenlimit in drei Etappen ohne Unterstützung der Republikaner um 2,5 Billionen Dollar (1,77 Billionen Euro) angehoben werden.

Zugleich sieht der Plan in den kommenden zehn Jahren Ausgabenkürzungen um 1,5 Billionen Dollar vor. Zudem würde im Kongress eine Kommission unter Beteiligung beider Parteien aufgestellt, die bis zum Ende des Jahres einen umfassenden Plan zur Sanierung des Haushalts ausarbeiten soll. Nach Angaben der "Washington Post" würde ein Plan in der Kommission nur eine einfache Mehrheit benötigen, um im Kongress zur Abstimmung gestellt zu werden, könnte im Senat nicht blockiert und auch nicht verändert werden. Damit steigen die Chancen auf eine weitgehend reibungslose Realisierung.

Der Budgetdirektor des Weißen Hauses, Jake Lew, bestätigte die Angaben. Obama hätte weiterhin lieber direkt eine umfassende Lösung, sagte Lew dem Fernsehsender CNN. Der Kongressplan sei aber eine Minimallösung. Das gesetzliche Schuldenlimit von derzeit 14,3 Billionen Dollar war bereits Mitte Mai erreicht worden, durch Bilanztricks konnte Washington aber Zeit bis zum 2. August gewinnen.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts

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