Eskalation im Kali-Krieg Moskau dreht Minsk den Ölhahn zu
28.08.2013, 18:52 Uhr
Nach der Verhaftung von Uralkali-Chef Baumgertner kürzt Russland seine Öllieferungen an Weißrussland.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Kali-Streit zwischen Russland und Weißrussland droht sich zum Handelskrieg auszuweiten: Moskau kürzt seine Öllieferungen nach Minsk gewaltig - angeblich müssen die Leitungen renoviert werden. Nach der Festnahme des russischen Uralkali-Chefs Baumgertner liefern sich beide Länder einen bedrohlichen Schlagabtausch.
Im milliardenschweren Streit um das Geschäft mit Kalisalz will Russland den Bruderstaat Weißrussland offenbar mit Handelseinschränkungen unter Druck setzen. Der staatliche Rohstoffkonzern Transneft kündigte an, die Öllieferungen in das autoritär regierte Nachbarland im September um 400.000 Tonnen und damit um rund ein Viertel zu kürzen. Als offiziellen Grund nannte das Unternehmen Renovierungsarbeiten an den Pipelines.
Das hoch verschuldete Weißrussland ist stark von russischen Rohstofflieferungen abhängig. Kommentatoren in Moskau sprachen daher von einer Reaktion auf die Inhaftierung des Chefs des russischen Bergbaukonzerns Uralkali, Wladislaw Baumgertner, in Minsk. Die weißrussische Polizei hatte Baumgertner am Sonntag verhaftet. Weißrussland wirft Baumgertner vor, der Ex-Sowjetrepublik durch die Auflösung des Gemeinschaftsunternehmens BKK einen Schaden von 100 Mio. US-US-Dollar (rund 75 Mio Euro) zugefügt zu haben. Wegen "Amtsmissbrauchs" drohen Baumgertner zehn Jahre Haft.
Minsk braucht das Kali-Kartell
Baumgertner hatte am 30. Juli bekanntgegeben, dass Uralkali sich aus BKK zurückziehen werde. Über BKK kontrollierten die russische Uralkali unter Baumgertner und der weißrussische Staatskonzern Belaruskali bis dahin in einem gemeinsamen Kartell fast die Hälfte des lukrativen Weltmarktes für Kalisalz, das vor allem zur Herstellung von Düngemitteln dient. Mit dem Bruch des Bündnisses drohen Weißrussland nun empfindliche Einnahmeverluste. Belaruskali ist eines der letzten profitablen Unternehmen des Landes. Anders als viele aufgeblähte und sozialistisch arbeitende Staatsbetriebe sorgt der Konzern für harte Devisen.
Nicht nur der russische Oligarch Michail Prochorow, der sich mit Rohstoffgeschäften auskennt, wirft Minsk im Fall Baumgertner deshalb politische Schikane vor. "Uralkali ist von zentraler Bedeutung für den weißrussischen Staatsetat", betont Prochorow. Von seinem finanziell ohnehin schwer angeschlagenen Nachbarn wolle sich Moskau nicht vorführen lassen, meinen zudem Experten.
Moskau setzt auch bei Milch Nadelstiche
Weißrussland hat den Bruch des Kali-Bündnisses selbst befördert: Weißrusslands Diktator Lukaschenko, dessen Regime vom Westen mit weitreichenden Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen belegt ist, erlaubte Belaruskali, am vereinbarten Monopol vorbei Kali zu verkaufen. Daraufhin kündigte Baumgertner Ende Juli empört den Austritt von Uralkali aus dem Gemeinschaftsunternehmen BKK an.
Mit seinem harten Vorgehen gefährdet Lukaschenko nach Ansicht von Experten nun die strategisch wichtige Zusammenarbeit mit Russland. Moskau schaltete sofort auf Angriff und setzte bereits einen weiteren Nadelstich im Konflikt mit Minsk: Der oberste russische Verbraucherschützer warnte vor Qualitätsmängeln in weißrussischen Milchprodukten. Das deutet nach Ansicht von Experten auf einen drohenden Importstopp hin. Russland ist der wichtigste Markt für die weißrussische Landwirtschaft.
Quelle: ntv.de, hvg/dpa