Merkel-Machtwort gefordert Neue Optionen für Opel
07.08.2009, 18:08 UhrIm Ringen um einen Verkauf von Opel fordert der Betriebsrat Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Eingreifen auf. In Detroit spricht GM-Chef Fritz Henderson unterdessen mit Vertretern von Opel-Interessent Magna. Und im Umfeld der Opel-Treuhand kursieren mittlerweile ganz neue Vorschläge: GM könnte Opel ganz einfach behalten.

"Es bleibt abzuwarten, was die Gespräche zwischen Magna und GM in Detroit ergeben": Im Alleingang kann niemand den Knoten lösen.
(Foto: dpa)
"Wenn es bis Mitte nächster Woche keine Einigung gibt, dann bin ich dafür, dass Frau Merkel und Frank-Walter Steinmeier Fritz Henderson nach Berlin einbestellen", sagte Opel-Betriebsratschef Klaus Franz. Ein Spitzentreffen von Kanzlerin und Vizekanzler mit dem GM-Chef könnte einen Durchbruch bringen, hofft Franz.
Zunächst warten Bundesregierung und Arbeitnehmervertretung allerdings noch auf Fortschritte bei einem Treffen von Henderson mit dem Co-Chef des Autozulieferers Magna, Siegried Wolf am Abend in Detroit. "Ich hoffe, dass das was bewegen wird", sagte Franz. GM und Magna seien in ihren Verhandlungen inzwischen soweit fortgeschritten, dass nun Beschlüsse möglich seien. Magna konkurriert mit dem Finanzinvestor RHJ um Opel.
Erwartungen aus den Reihen des Bundes und der Länder mit Opel-Standorten, dass GM und die beiden Bieter bis Freitag unterschriftsreife Vertragsentwürfe vorlegen würden, erfüllten sich zunächst nicht. "Es bleibt abzuwarten, was die Gespräche zwischen Magna und GM in Detroit ergeben", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. "Die Bundesregierung ist an einer schnellen Einigung interessiert", unterstrich er. Eine Entscheidung in der Bieterfrage ist aber weiter nicht absehbar.
Kunden strömen zu Opel
Rein finanziell gesehen könne Opel nach den Worten von Franz mit dem von Bund und Ländern verbürgten Staatskredit über 1,5 Mrd. Euro auch ohne Investor noch einige Zeit überleben. "Wir kommen locker bis Ende diesen, Anfang nächsten Jahres über die Runden - zumindest nach der jetzigen Situation und Auftragslage", sagte Franz.
Im Juli steigerte die Marke mit dem Blitz ihren Marktanteil in Europa bei den Neuzulassungen mit 104.531 verkauften Wagen auf 7,2 Prozent. Im Vorjahresmonat hatte der Anteil bei 6,5 Prozent gelegen. Die größten Zuwächse verbuchte Opel dabei erneut in Deutschland mit einem Plus von 51,5 Prozent, während der Gesamtmarkt um 29,5 Prozent zulegte.
RHJ will Politik überzeugen
Während die deutsche Politik und die Opel-Arbeitnehmer Magna als Investor bevorzugen, gibt es bei der früheren Mutter GM immer noch eindeutig Sympathien für den konkurrierenden Bieter RHJ.
Um auch in der Gunst der Bundesregierung, die bislang Magna favorisiert zu steigen, hat RHJ einen neuen Vorschlag für sein Angebot unterbreitet: Wenn General Motors RHJ die gleichen Lizenzgebühren berechnen würde wie Magna, käme der Finanzinvestor mit 3,6 statt den bislang veranschlagten 3,8 Mrd. Euro an Staatshilfen aus. Damit wäre das RHJ-Gebot fast eine Milliarde "billiger" für den Steuerzahler als das des Zulieferers Magna, der 4,5 Mrd. Euro an Staatshilfe veranschlagt hat.
Klagen aus der Opel-Treuhand
Unterdessen haben sich Mitglieder der Opel-Treuhand über die politische Einflussnahme beim Verkauf des angeschlagenen Autobauers beschwert. Dies erschwere eine objektive und sachgerechte Entscheidung, sagte der Unternehmens- und Insolvenzberater Dirk Pfeil der "Welt".

Bei Opel in Eisenach: Mitglieder der Opel-Treuhand fragen sich mittlerweile, warum General Motors nicht einfach den ganzen Laden behält.
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Pfeil, Mitglied der hessischen FDP, ist der Vertreter der Bundesländer in der Opel-Treuhand, die derzeit 65 Prozent an Opel hält und verwaltet. Die Länder mit Opel-Standort haben sich wie die Bundesregierung für den Zulieferer Magna als Käufer ausgesprochen.
Auch andere Mitglieder des Gremiums kritisierten gegenüber dem Blatt den politischen Druck. In der Treuhand sitzen neben Pfeil drei Vertreter der Opel-Mutter GM, der ehemalige Continental-Chef Manfred Wennemer als Vertreter des Bundes und der Insolvenzrechtsexperte Alfred Hagebusch. Den Vorsitz hat der Präsident der US-Handelskammer in Deutschland, Fred Irvin.
Magna-Nachteil "Russland"
Von der Welt nicht namentlich genannte Mitglieder der Treuhand wiederholten gegenüber dem Blatt die Vorbehalte, die die Opel-Mutter General Motors in den vergangenen Tagen gegen Magna geäußert hatte.
Derzeit sei nicht klar, wie der Abfluss von Know-how Opels beispielsweise an Russland verhindert werden könne, sagte demnach ein Treuhand-Mitglied. Eine Übernahme durch den Finanzinvestor RHJ International (RHJI) koste den Steuerzahler weniger Geld. Ändere Magna sein Konzept nicht grundlegend, werde er für RHJI stimmen, sagte ein anderes Treuhand-Mitglied.
"Am besten wäre es, die US-Regierung würde GM weitere drei bis vier Milliarden Dollar geben, mit denen der Konzern dann seine Europatochter samt Opel allein saniert", zitierte das Blatt aus der Treuhand.
Sollte es dazu nicht kommen, sei es sinnvoll, die Entscheidung über einen Opel-Verkauf bis auf nach der Bundestagswahl zu verschieben. Dann könne die Politik mit weniger Druck agieren, sagte ein Treuhand-Mitglied der "Welt". Niemand in dem Gremium bevorzuge aber eine Insolvenz.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts