Wirtschaft

Stichwort: Eigenkapitalanforderungen Neue Vorschriften für Banken

In der Bankenbranche stehen tiefgreifende Veränderungen an. Gespannt warten die Häuser auf das neue Regelwerk des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht. Was immer in dem Papier aus Basel steht: Es wird das Leben der Banken fundamental verändern.

Veränderungen müssen an allen Finanzplätzen gleichzeitig ansetzen: Sonst wandern Kapital und Banker ab.

Veränderungen müssen an allen Finanzplätzen gleichzeitig ansetzen: Sonst wandern Kapital und Banker ab.

(Foto: REUTERS)

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht will kommenden Donnerstag neue Regeln für die Kapitalausstattung von Kreditinstituten vorlegen. Das Gremium ergreift damit erste konkrete Maßnahmen gegen künftige Finanzkrise.

In erster Linie geht es dabei um Mindestanforderungen für das Kernkapital von Banken, die Einführung einer Höchstgrenze für die Verschuldung sowie neue Anforderungen an die Liquiditätsausstattung der Geldhäuser. Ziel der Reformen ist es, die Banken für zukünftige Krisen wetterfester zu machen.

Im Baseler Ausschuss sitzen Notenbanker und Vertreter von Regulierungsbehörden aus 30 Staaten. Zusammen bestimmen sie über die Marschrichtung für die künftige Regulierung und Aufsicht über die Bankenbranche. Ihre Vorschläge haben zunächst keine Gesetzeskraft. Unter dem Druck der Bedeutung eines gemeinsamen Vorgehens können Marktteilnehmer jedoch davon ausgehen, dass alle beteiligten Staaten das Regelwerk übernehmen.

Am Ende könnte ein neues Regelwerk mit dem Namen "Basel III" stehen, nachdem das geltende "Basel II" die Krise weder verhindern noch beenden konnte.

Um was geht es?

Im September hatte das Aufsichtsgremium des Ausschusses, in dem auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sitzt, enge Vorgaben festgelegt, damit nicht noch einmal milliardenschwere Rettungsaktionen für die Branche nötig werden. Die Forderungen sind im Grundsatz klar:

- Die Banken brauchen mehr und qualitativ besseres Kapital. Das "harte" Kernkapital, das Experten unter der Bezeichnung "Tier 1" erfassen, ist der neue Maßstab. Die Bestandteile des Kapitals müssen offengelegt werden.

- Die Banken sollen sich - gemessen an ihrer Bilanzsumme - nur noch bis zu einer bestimmten Grenze verschulden dürfen.

- Die Banken sollen Kapitalpuffer für schlechtere Zeiten aufbauen.

- International verflochtene Banken sollen ohne größeren Schaden für die ganze Branche abgewickelt werden können, also ohne das viel diskutierte "systemische Risiko".

- Für Banken, deren Zusammenbruch das System destabilisieren würde, werden höhere Kapitalanforderungen diskutiert.

Wer fordert was?

Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) als Dachorganisation der deutschen Bankenverbände appellierte per Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble, Aktiengesellschaften nicht anders zu behandeln als Genossenschaften oder Sparkassen. Die deutschen Vertreter im Ausschuss sollten "gegen Vorschläge stimmen, die deutsche Interessen massiv unterlaufen", sonst drohten Wettbewerbsverzerrungen. Auch das sogenannte Dotationskapital der Sparkassen und Landesbanken sowie die Geschäftsguthaben der Genossenschaftsbanken erfüllten die Kriterien für hartes Kernkapital.

Auch die Bundesbank warnt davor, Sparkassen und Volksbanken durch die neuen Restriktionen über Gebühr zu belasten. "Es darf nicht sein, dass Institutsgruppen und Geschäftsmodelle, die auch in schwierigen Zeiten einen noch wachsenden Beitrag zur Kreditversorgung leisten, am stärksten betroffen sind", mahnte zum Beispiel Bundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler.

Die Positionen der Nationen

Die Mindestkapitalanforderungen sind eine der härtesten Nüsse, die der Baseler Ausschuss zu knacken hat. Gegenwind kommt vor allem aus Deutschland. Die heimischen Banken warnen - mit Unterstützung der Bundesbank - davor, dass deutsche Spezialitäten wie die sogenannten "Stillen Einlagen" unter die Räder kommen. Vertreter der heimischen Geldhäuser wehren sich dagegen, dass nur Eigenkapital und Gewinnrücklagen als Kernkapital gelten sollen.

Die USA wiederum machen sich für eine Anerkennung sogar von hybriden Kapitalformen - Mischformen von Eigen- und Fremdkapital - als Kernkapital stark.

Auch in Frankreich stößt die Einführung einer Verschuldungsquote auf Kritik. Diese sei viel zu pauschal und konterkariere damit die Vorschriften von Basel II. Die Briten machen ein anderes Fass auf. Sie wollen bereits vorab ihre Banken auf den Kauf von Staatsanleihen als Kapitalreserve festlegen, während andere Staaten dafür alle von der Notenbank akzeptierten Sicherheiten gelten lassen wollen.

Von "Basel I" zu "Basel II"

Die bis Ende 2006 einschlägige Eigenkapitalvereinbarung aus dem Jahr 1988, in der Branche bekannt unter "Basel I", konzentrierte sich allein auf das Mindestkapital für Banken. In ihren Erläuterungen dazu bezeichnete die Deutsche Bundesbank das Mindestkapital "als die entscheidende Größe für die Begrenzung der Risiken und damit der Verluste im Falle der Insolvenz eines Institutes".

"Basel I" beinhaltete demnach Eigenkapitalanforderungen, die ausschließlich Kredit- und Marktrisiken einbezogen und bei der Berechnung der Kapitalanforderungen für Kreditrisiken eine wenig differenzierte Berechnungsmethode zu Grunde legten.

Auf Grundlage dieser international etablierten Übereinkunft von Aufsehern und Notenbankern sollte wenige Jahre später eine neue "Baseler Rahmenvereinbarung über die Eigenkapitalempfehlung für Kreditinstitute" die Sicherheit und Solidität des Finanzsystems stärken. "Basel II" war geboren.

Wesentliches Ziel dieser neuen Regelung war es, die Kapitalanforderungen an Banken stärker als vorher vom jeweils eingegangenen Risiko abhängig zu machen. Außerdem wollten die Aufseher auch neuere Entwicklungen an den Finanzmärkten im Risikomanagement der Institute berücksichtigen. Im Klartext: In der internationalen Expertenrunde herrschte schon 2006 Unbehagen angesichts von Kreditverbriefungen und den komplizierten "Finanzinnovationen", deren Marktvolumen rapide anschwoll.

Weitere Schwerpunkte lagen nach Angaben der Bundesbank in der Vorgabe von "Grundprinzipien für die qualitative Bankenaufsicht" sowie einer "Erweiterung der Offenlegungspflichten zur Stärkung der Marktdisziplin".

Diese drei Themen bilden auch die sogenannten "drei Säulen" der "Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen" (Basel II): Mindestkapitalanforderungen, einheitliche Bankenaufsicht, erweiterte Offenlegungspflichten. 

Wann kommt "Basel III"?

Bis die neuen Regeln gelten, wird noch einige Zeit vergehen: Nach den Vorstellungen der 20 größten Industriestaaten (G20) sollen sie 2012 in Kraft treten. Zunächst will der Ausschuss - wie erwähnt - erst einmal seine Vorschläge unterbreiten. Dann sollen die Auswirkungen der strengeren Anforderungen geprüft werden, bevor sie Ende 2010 in Zahlenform festgelegt werden.

Spätestens dann, so sagt Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann voraus, stehen die Banken unter dem Druck der Märkte, sie zu erfüllen - egal, wann sie formal in Kraft treten.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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