Inside Wall Street New Jack City
26.03.2009, 20:16 UhrWährend sich die Wall Street Schritt für Schritt aus den Untiefen des Bärenmarktes herausarbeitet und versucht, die Finanz- und Wirtschaftskrise hinter sich zu lassen, tauchen überall in den USA neue Indizien auf, die belegen, dass man noch längst nicht alle Probleme gelöst hat. Jüngster Beleg: Seit Wochen wächst die Zahl der Zelt-Städte, in denen Obdachlose Unterschlupf suchen.
In Fresno im nördlichen Kalifornien zählt man zur Zeit mindestens fünf Plätze, an denen Obdachlose in Zelten, in rasch zusammengenagelten Buden oder in Autos schlafen und wohnen. Drei davon liegen nahe der Innenstadt, zwei weitere an den Zufahrtsstraßen zur Stadt. "Hier entsteht ein eigenes Underground-Wirtschaftssystem", sagt Gregory Barfield, der sich im Namen der Stadt um das Problem kümmert.
Kümmern heißt zunächst: die Obdachlosen müssen versorgt werden. Die Stadt hat Toiletten aufgestellt und sogar Sicherheitskräfte um die Zeltstadt postiert - seither ist die Notunterkunft aber noch beliebter geworden und hat weitere Bewohner angezogen. Unter ihnen sind Langzeit-Arbeitslose ebenso wie Amerikaner jeden Alters, die gerade erst ihren Job verloren haben oder deren Häuser und Wohnungen zwangsversteigert wurden.
Die Bewohner verteilen sich nach Alter, Herkunft und anderen Kriterien und suchen sich wahre Nachbarschaften aus. Etwa "New Jack City", das größte Camp in Fresno, das die Stadt nach einem Drogen-Film aus den Neunzigern benannt hat. "New Jack City" ist eine zugemüllte Ansammlung zerfledderter Zelte und kaputter Möbel; die New York Times berichtet von "matten, müden Leuten auf zerfallenden Sofas, während zwei angeleinte Pitbulls heulen".
Etwas gepflegter soll es in "Taco Flats" zugehen, einer von Latinos geprägten Zeltstadt, die hin und wieder auch "Little Tijuana" heißt. Die Bewohner dort sind überwiegend Mexikaner, die jedes Jahr als Erntehelfer auf den Feldern Arbeit finden, und die in den letzten drei Jahren wegen der schwachen Wirtschaft und einer anhaltenden Dürre keine Jobs ergattern konnten.
In "Taco Flats", "New Jack City" und den anderen Zeltburgen leben laut Schätzungen der Stadt Fresno rund 2000 Menschen. Im Staats Washington, in Virginia und in Camden im Bundesstaat New Jersey sind ähnliche Siedlungen entstanden - viele über Nacht und erst in den letzten Wochen. Einige werden von naheliegenden Kirchen versorgt. In Baltimore im Staat Maryland kümmern sich etwa zwei Gemeinden um die Obdachlosen im „Bum Park, denen es dank der sozialen Hilfe von Heilsarmee und anderer Organisationen vergleichsweise gut geht.
Präsident Obama ist auf das Problem mit Zeltstädten bereits angesprochen worden. "Obdachlosigkeit in dieser Größenordnung ist in einem reichen Land wie unserem nicht hinnehmbar", stellte er klar. Den Bewohnern zu helfen stehe auf seiner Projektliste, wenn auch wohl vor allem indirekt über eine allgemeine Stabilisierung der Konjunktur und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Quelle: ntv.de