Das Herzstück geht an Microsoft Nokia bekommt grünes Licht
19.11.2013, 22:44 Uhr
Außerordentliche Hauptversammlung in Helsinki: Mit den Stimmen der Mehrheit besiegeln die Nokia-Aktionäre die Spaltung.
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Die Entscheidung ist gefallen: In emotional aufgeheizter Atmosphäre machen die Anteilseigner in Helsinki den Weg frei für die Aufspaltung eines einstigen Weltmarktführers. Nokia darf seine Handysparte an Microsoft verkaufen.

Die Nokia-Führungsriege reagiert erleichtert: Der frühere Konzernchef Stephen Elop sitzt im Bild links.
(Foto: AP)
Die Aktionäre des finnischen Elektronikkonzerns Nokia haben dem Teilverkauf des Handypioniers an Microsoft zugestimmt. Mit überwältigender Mehrheit stimmten die Anteilseigner in Helsinki für die Veräußerung der Mobiltelefon-Sparte für 5,44 Milliarden Euro. Die Zustimmungsquote lag den Angaben zufolge bei mehr als 99 Prozent.
"Dies ist ein bedeutender Schritt vorwärts für Nokia", sagte Übergangschef Risto Siilasmaa. "Wir sind erfreut, dass uns die Aktionäre überwältigende Unterstützung für die Umsetzung der Transformation zugesagt haben." Die Abstimmung bringe Nokia näher an den Abschluss einer Transaktion, die den Beginn des nächsten Kapitels in der nahezu 150-jährigen Geschichte des Unternehmens bedeute.
Der einstige Branchenführer Nokia hatte den Verkauf der verlustreichen Handy- und Smartphonesparte an Microsoft am 3. September angekündigt. Die Transaktion soll bis Ende März kommenden Jahres abgeschlossen werden, sie muss noch von den Behörden genehmigt werden.
Nach dem Verkauf an den US-Softwarekonzern bleibt von dem einstigen Weltmarktführer im Handy-Markt nur noch etwa die Hälfte übrig. Daran stoßen sich die Kritiker des Geschäfts. Für sie ist der Konzern der ganze Stolz der finnischen Wirtschaft.
Alternativen gibt es nicht: Nokia muss sich in die Arme der Amerikaner retten, nachdem das einstige Vorzeigeunternehmen den Smartphone-Boom verpasst und hinter Samsung und Apple zurückgefallen war. Künftig besteht der Konzern fast nur noch aus der Netzwerksparte NSN.
Kein Bündnis mit Alcatel?
Diese gehörte einst auch Siemens, bis die Finnen die Münchner aus dem Gemeinschaftsunternehmen herauskauften. Bei NSN lief es zuletzt nicht rund, auch weil der harte Wettbewerb durch chinesische Billiganbieter wie Huawei und ZTE die etablierten Anbieter aus Europa unter Druck setzt. Weil mit dem Verkauf der Handysparte an Microsoft Milliarden in die Nokia-Kassen gespült werden, rechneten Insider mit einem Schulterschluss von NSN mit dem Rivalen Alcatel-Lucent.
Doch einem Zeitungsbericht zufolge verzichtet Nokia auf eine Übernahme von Teilen des französischen Telekom-Ausrüsters. Das Management habe Überlegungen aufgegeben, die Alcatel-Mobilfunkabteilung mit NSN zu kombinieren, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf mit der Strategie vertraute Personen. Die Sondierungen seien gar nicht erst in offizielle Gespräche gemündet. Nokia und Alcatel lehnten Stellungnahmen ab.
Neuer Job für Elop?
Microsoft will mit Nokias Handygeschäft auf dem zentralen Markt für Smartphones aufholen. Dort sind bislang Geräte mit Googles Betriebssystem Android und Apples iPhone weltweit führend. Microsoft steht dabei unter enormen Druck, denn das einst als unerschütterlich geltende Standbein mit Windows-PC schwächelt.
Nokia bot sich als Zukauf an, denn das "Windows Phone" von Microsoft läuft schon heute auf den Lumia-Smartphones der Finnen. Dank neuer Modelle wie dem Kamerahandy "Lumia 1020" oder dem günstigen "Lumia 520" stiegen die Marktanteile zuletzt kontinuierlich an. Nach Angaben der Marktforscher von IDC kam das Windows-Phone zuletzt auf 3,6 Prozent am Gesamtmarkt. Nokia stieg jüngst auch ins Tablet-Geschäft ein und setzt dabei ebenfalls auf Microsoft-Software.
Dazu kommt: Nokias bisheriger Chef Stephen Elop gilt auch als aussichtsreicher Nachfolgekandidat für den Microsoft-Chefposten. Der langjährige Microsoft-Lenker Steve Ballmer hatte seinen Rückzug angekündigt, um dem Wandel des Software-Primus nicht im Wege zu stehen. Mit einer Entscheidung über eine neue Nummer eins wird im Dezember gerechnet.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts