Wirtschaft

S&P-Herabstufungsorgie Nun erwischt es Spanien

Die Schuldenproblematik in der Euro-Zone spitzt sich weiter zu. Nach Griechenland und Portugal senkt die Ratingagentur Standard & Poor's auch die Bonität von Spanien. Diese liegt nun bei "AA". IWF-Chef Strauss-Kahn warnt allerdings davor, die von den Ratingagenturen vorgenommenen Einstufungen überzubewerten.

(Foto: dpa)

Nur einen Tag nach der Herabstufung Portugals und Griechenlands hat die Agentur Standard & Poor's (S&P) auch die Kreditwürdigkeit Spaniens gekappt. Das Rating für Spanien werde um eine Stufe auf "AA" von zuvor "AA+" gesenkt, teilte S&P mit.

Grund dafür sei, dass die Periode eines schleppenden Wachstums in dem Land länger andauern werde als bislang erwartet. Man gehe nun von einem durchschnittlichen Wachstum von 0,7 Prozent in den Jahren von 2010 bis 2016 aus, nach bislang erwarteten 1,0 Prozent. Zudem sei der Ausblick für das Land negativ. Dies bedeute, dass eine weitere Herabstufung möglich sei, falls sich die Finanzlage Spaniens schlechter als bislang von S&P vorhergesagt entwickele. Das Land müsse weitere Sparmaßnahmen ergreifen. Die sozialistische Regierung in Madrid versicherte, sie werde alles tun, um ihre Sparziele zu erreichen.

Die Agentur Fitch erklärte unterdessen, sie halte an ihrem Rating "AAA" für Spanien und einem "stabilen" Ausblick fest. Die Regierung habe ein umfassendes Spar-Programm aufgelegt. Die Agentur Moody's wollte sich zunächst nicht äußern.

Kein desaströser Euro-Verfall

Finanzmarkt-Experten sagten, die Herabstufung Spaniens habe sich nach den Entwicklungen bei Griechenland und Portugal abgezeichnet. Solche Mitteilungen seien etwas, was Anleger auch in Zukunft erwarten müssten, sagte etwa Carl Birkelbach vom US-Finanzhaus Birkelbach Investment Securities. "Ich glaube, damit werden wir über Jahre leben müssen und ich gehe auch von einem weiteren Wertverfall beim Euro aus." Dieser werde aber nicht "desaströs" sein. Im Vergleich zur weltweiten Finanzkrise vor rund einem Jahr sei die gegenwärtige Krise als eher klein einzustufen.

Joseph Brusuelas von Brusuelas Analytics sagte, die Entwicklung zeige die Sorge vor einer Ausweitung der Finanzkrise in Europa. "Ich erwarte weitaus größere Hilfspakete für Griechenland und Portugal und auch bald Verhandlungen darüber, wie einer Ausweitung der Finanzkrise innerhalb Europas begegnet werden kann."

Komfortablere Situation

Bereits zuvor hatte S&P bereits Portugal und Griechenland herabgestuft. Portugals Langzeit-Rating wurde um zwei Stufen auf "A-" gesenkt. Damit ist das Euro-Land noch vier Stufen vom spekulativen "Ramsch-Status" entfernt, den Griechenland mit "BB+" nun hat. Analysten verwiesen darauf, dass Spanien im Vergleich dazu selbst mit dem gesenkten "AA"-Rating noch in einer wesentlich komfortableren Situation sei. Dennoch werde sich dadurch für die Regierung in Madrid die Aufnahme von Schulden nun verteuern.

Der Euro fiel nach der Spanien-Herabstufung bis auf 1,3114 Dollar, auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. Im weiteren Handelsverlauf erholte er sich etwas wie auch die US-Börsen.

Spanien gehört wie Griechenland, Irland, Italien und Portugal zu den Staaten im Euro-Raum mit den größten Haushaltsproblemen. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone will ihr Haushaltsdefizit von 11,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) bis 2013 wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent senken. Dafür hat sie einen Plan vorgelegt, der Einsparungen von 50 Milliarden Euro vorsieht. Die EU-Kommission hat das Defizit-Ziel Spaniens als "ausgesprochen optimistisch" bezeichnet.

IWF-Chef gelassen

Angesichts der Turbulenzen auf den Finanzmärkten relativierte der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, allerdings die Bedeutung der Ratingagenturen. Diese spiegelten in ihrer Bewertung der Kreditwürdigkeit von Ländern diejenigen Informationen wider, die sie "auf dem Markt gesammelt" hätten, sagte Strauss-Kahn in Berlin. Es sei unangemessen, die von den Ratingagenturen vorgenommenen Einstufungen "allzusehr zu glauben", fügte der IWF-Chef hinzu. Zugleich bescheinigte Strauss-Kahn den Ratingagenturen, dass sie "nützlich" seien.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach sich für die Einrichtung einer unabhängigen europäischen Behörde zur Bewertung von Bonitäten aus, um Interessenskonflikte künftig zu vermeiden. Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise müsse schnellstens die Lehre gezogen werden, dass die Europäische Union "der Tätigkeit von Rating-Agenturen eigene Bemühungen" entgegensetze, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. "Rating-Agenturen dürfen nicht gleichzeitig Finanzprodukte entwickeln, vertreiben und bewerten."

Quelle: ntv.de, wne/rts/AFP

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