"Führungsrolle" im Fall Griechenland Obama bedankt sich bei Merkel
21.02.2012, 20:38 Uhr
Reger Andrang im White House Press Room: Jay Carney beantwortet Fragen.
(Foto: AP)
Die Einigung auf einen Schuldenschnitt für Griechenland löst im Weißen Haus Erleichterung aus. Telefonisch lässt sich US-Präsident Obama die Euro-Rettung von der deutschen Kanzlerin erklären. Viele wichtige Details sind allerdings noch offen. Neue Zahlen machen die Runde.

Anruf im Kanzleramt: Barack Obama schlägt mit seinen Forderungen in die selben Kerben wie die Europäer (Archivbild).
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US-Präsident Barack Obama hat die Einigung auf ein neues Griechenland-Hilfsprogramm begrüßt, zugleich aber weitere Schritte angemahnt, um die Staatsschuldenkrise in Europa dauerhaft einzudämmen. Obama habe sich in einem Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Einigung unterrichten lassen, bestätigte Präsidialamtssprecher Jay Carney. Obama habe Merkel für deren "Führungsrolle" gedankt, hieß es aus Washington.
Beide seien der Auffassung, dass das neue Griechenland-Paket, die angestrebte Fiskalunion sowie die jüngsten Maßnahmen von Europäischer Zentralbank sowie der Regierungen in Spanien und Italien positive Schritte zur Überwindung der Euro-Krise gewesen seien. Obama sei aber auch der Ansicht, dass die Europäische Union weitere Schritte unternehmen müsse, um die Brandmauer gegen ein Übergreifen der Krise auf weitere Staaten zu stärken. Es müsse sichergestellt werden, dass die Reformen auch umgesetzt würden, sagte Carney. "Wir ermutigen unsere europäischen Freunde, diese Maßnahmen zu ergreifen".
Die Euro-Finanzminister hatten in der Nacht das neue Milliarden-Hilfspaket auf den Weg gebracht. Es sieht bis 2014 Kredite und andere Hilfen im Umfang von 130 Mrd. Euro vor. Ziel ist es, den Schuldenberg des Landes von derzeit über 160 Prozent des BIP bis 2020 auf 120,5 Prozent zu verkleinern. . Dafür seien einfach noch zu viele Fragen offen, heißt es.
Geklärt werden muss unter anderem noch, ob sich die privaten Gläubiger tatsächlich der Vereinbarung zum Schuldenschnitt anschließen und ob der Zeitplan zur Refinanzierung eingehalten werden kann.
Selbst wenn das gelingt, so mahnen Beobachter, so wäre das Land lediglich von einem Teil seiner Schuldenlasten befreit. Perspektiven für eine seien dadurch allerdings noch nicht in Sicht.
Mehr Geld für Athens Banken?
Eine neue Zahl des Internationalen Währungsfonds (IWF) weckte zusätzliche Zweifel: Die griechischen Banken benötigen nach Schätzung des IWF bis zu 50 Mrd. Euro zur Rekapitalisierung. Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos hält diese Schätzung allerdings für zu pessimistisch.
"Ursprünglich wurde die Rekapitalisierung auf 40 Mrd. Euro geschätzt, doch nun gibt es Annahmen bis zu 50 Mrd. Euro", sagte Venizelos. Die griechische Notenbank führe ihre eigene Analyse über den Bedarf des Bankensystems durch, diese sei realistischer.
Der geplante Schuldenerlass für Griechenland ist ein harter Schlag für die griechischen Privatbanken, die rund 40 Mrd. Euro an Schuldtiteln des eigenen Landes halten. Zudem leiden die Banken wegen der Wirtschaftsmisere unter einem hohen Anteil an notleidenden Krediten.
Details Ende der Woche
Griechenland will am 12. März den mit seinen privaten Gläubigern vereinbarten Anleihentausch umsetzen. Dies verlautete aus dem Finanzministerium in Athen. Kurz zuvor hatte Finanzminister Venizelos mitgeteilt, dass die Regierung bis Ende der Woche die genauen Bedingungen für den nach wochenlangen Verhandlungen mit Banken und Versicherungen beschlossenen Umtausch von Staatsanleihen bekanntgeben werde.
Nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon hatten die Euro-Länder am frühen Morgen ein zweites Rettungspaket mit Notkrediten von 130 Mrd. Euro beschlossen. Damit verbunden ist ein Schuldenschnitt, bei dem die privaten Gläubiger auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen verzichten sollen. Dies entspricht bis zu 107 der 350 Mrd. Euro Gesamtschulden. Ob die Gläubiger tatsächlich bereit sind, ihre Schuldscheine in Anleihen mit längeren Laufzeiten und geringeren Zinsen umzutauschen, muss sich allerdings erst noch zeigen.
Quelle: ntv.de, AFP/DJ/dpa/rts