Wirtschaft

"Griechenland ist insolvent" Ökonomen fordern Schuldenerlass

"Niemand ist mehr überrascht, wenn die Politik anerkennt, was der Markt schon lange weiß."

"Niemand ist mehr überrascht, wenn die Politik anerkennt, was der Markt schon lange weiß."

(Foto: dpa)

Wie geht es weiter mit Griechenland? Europäische Politiker zerbrechen sich seit Monaten darüber die Köpfe. Deutsche Ökonomen bringen nun einen Schuldenerlass ins Gespräch. laut Ifo-Chef Sinn ist Griechenland insolvent. Deutsche Versicherer und Banken trennen sich angeblich in großem Stil von griechischen Staatsanleihen.

Griechenland ist aus Sicht führender Ökonomen allein mit einer Laufzeitverlängerung für bestehende Staatsanleihen nicht vor der Pleite zu retten. "Es ist bei Griechenland nicht mit einer Laufzeitverlängerung getan, denn das Land hat kein bloßes Liquiditätsproblem, sondern ist insolvent", sagte der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, der "Rheinischen Post". Auch der Finanzwissenschaftler Clemens Fuest sagte dem Blatt, eine Pleite Griechenlands lasse sich mit der Laufzeitverlängerung nicht verhindern, sondern nur hinauszögern.

Die Ökonomen halten einen Schuldenerlass für Griechenland für unerlässlich. "Da man das griechische Staatsvermögen kurzfristig nicht verkaufen kann, führt an einem Schuldenerlass kein Weg mehr vorbei", sagte Sinn.

Laut Hans-Werner Sinn kann das griechische Staatsvermögen nicht kurzfristig verkauft werden.

Laut Hans-Werner Sinn kann das griechische Staatsvermögen nicht kurzfristig verkauft werden.

(Foto: dapd)

Die Befürchtung der Europäischen Zentralbank (EZB), dass es im Falle eines Schuldenschnitts zum Zusammenbruch des Bankensystems kommen könnte, teilte der Ifo-Chef nicht. "Die Märkte haben die Abwertung der griechischen Papiere um gut 40 Prozent lange realisiert. Niemand ist mehr überrascht, wenn die Politik anerkennt, was der Markt schon lange weiß." Die Banken hätten für diesen Fall schon Vorsorge getroffen.

Fuest, der Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist, riet der EU, parallel zum Schuldenschnitt ein Bankenstützungsprogramm aufzulegen. "Man muss Vorkehrungen treffen, strauchelnde Banken zu retten", sagte Fuest. "Vermutlich wird man die Verluste der privaten Gläubiger auch begrenzen müssen, indem man anbietet, die Anleihen zu einem Teil des Nennwertes, zum Beispiel 50 Prozent, aufzukaufen."

Nach Ansicht des Direktors des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, hat Griechenland bereits einiges gemacht. "Die Frage ist, wie kombiniert man das in der Tat mit einer Beteiligung des privaten Sektors?", sagt er bei n-tv. "Wenn es gelingt, das was (Bundesfinanzminister - d.R.) Schäuble ja vorgeschlagen hat, die auslaufenden Anleihen in eine längere Frist von sieben Jahren bei gleichen Konditionen zu überführen und das auch so gelingt, dass es kein Kreditereignis aus Sicht der Ratingagenturen ist, dann glaube ich, ist das ein Weg, der gelingen kann, der auch Zeit kauft."

Brüderle fordert deutsche Härte

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle plädierte für eine harte Haltung der deutschen Regierung bei der Durchsetzung ihrer Vorstellungen zur Lösung der griechischen Schuldenprobleme. In der ARD formulierte er mit Blick auf Kritiker der deutschen Vorstellungen in der Euro-Zone, namentlich Frankreich: "Es gilt das Prinzip der Einstimmigkeit." Ohne die Zustimmung Deutschlands werde es gar nichts geben, sagte Brüderle.

Er stellte sich hinter die Vorschläge von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für eine Art Zahlungsaufschub, an dem sich auch die privaten Investoren freiwillig beteiligen sollten. Ein Weg sei, den Besitzern griechischer Staatsanleihen anzubieten, ihnen neue, länger laufende, werthaltigere Anleihen mit größeren Garantien im Austausch für alte Papiere zu geben.

Verkauf griechischer Anleihen

Deutsche Versicherer und Banken haben sich angeblich in großem Stil von griechischen Staatsanleihen getrennt. Die deutschen Versicherungsunternehmen halten nach Angaben der "Welt" nur noch 2,8 Milliarden Euro der Papiere. Das gehe aus einem internen Papier des Finanzausschusses des Bundestages hervor, das der Zeitung vorliege. An den gesamten Kapitalanlagen hätten damit griechische Anleihen nur noch einen Anteil von 0,22 Prozent. Vor einem Jahr habe die Anlagesumme noch bei 5,8 Milliarden Euro gelegen.

Der "Financial Times Deutschland" zufolge haben sich deutsche Banken seit Anfang Mai 2010 von rund einem Drittel ihrer griechischen Anleihen getrennt. Das gehe aus den Bundesbank-Zahlen zu den Auslandsforderungen der Institute gegenüber dem griechischen Staat hervor. Demnach hielten die Banken im Januar und Februar 2011 Anleihen Athens über 10,3 Milliarden Euro. Ende April 2010 seien es noch 16 Milliarden Euro gewesen.

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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