Wirbel um Geheim-Studie Opel-Zukunft ungewiss
26.07.2009, 17:31 UhrDas Rennen um den traditionsreichen Rüsselsheimer Autobauer Opel ist nach offiziellen Angaben weiter offen. Nicht nur Opel-Betriebsratschef Klaus Franz befürchtet, dass dem krisengeplagten Ableger des US-Konzerns General Motors am Ende des monatelangen Bieterwettstreits doch noch die Insolvenz drohen könnte.
Opel-Betriebsratschef Franz sagte am Samstag, ein neues Gutachten zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens lege den Verdacht nahe, dass das Wirtschaftsministerium diesen Weg einleiten wolle. Die Studie im Auftrag des Ministeriums war nach übereinstimmenden Zeitungsberichten zu einem vernichtenden Ergebnis gekommen.
In dem Gutachten der Investmentbank Lazard heißt es demnach: Alle drei Übernahmeangebote für Opel seien bislang ungeeignet, den deutschen Autobauer langfristig als eigenständige Marke zu etablieren. Die erforderliche Größe sei "kaum erreichbar", zitierten unter anderem "Süddeutsche Zeitung" und "Financial Times Deutschland" aus dem "streng vertraulichen" Dokument. In dieser Woche werden nun wichtige Weichenstellungen erwartet.
Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz befürchtet nun, dass nun eine neue Insolvenzdebatte losgetreten wird. "Es liegt der Verdacht nahe, dass man hier Gutachteritis betreibt, um Opel in die Insolvenz zu treiben." Seines Wissens nach habe keiner der für die Lazard-Analyse Verantwortlichen jemals mit dem Opel-Management oder dem Betriebsrat gesprochen.
Der Opel-Betriebsrat hatte eine Insolvenz als Weg für einen Neuanfang stets abgelehnt, unter anderem weil dann das Vertrauen der Autokäufer in die Marke zusammenbrechen könnte. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte diese Option dagegen immer wieder ins Spiel gebracht. Im Fall einer Insolvenz hätte General Motors praktisch kein Mitspracherecht mehr. Opel selbst wollte sich zu den Ergebnissen der Studie nicht äußern. "Wir kennen das Gutachten nicht", sagte ein Konzernsprecher am Sonntag.
Angebote unzureichend
Aus dem Gutachten soll unter anderem auch hervorgehen, dass sich die Banker weder für Magna noch für RHJ aussprechen. In der Bundesregierung sowie in den betroffenen Bundesländern gab es zuletzt trotz offener Punkte eine Präferenz für Magna. Diese wird aber nicht von den beiden Vertretern im Beirat der Opel-Treuhandgesellschaft geteilt, der letztlich über den Verkauf des Autobauers entscheidet. Die Treuhand hält derzeit 65 Prozent der Opel-Anteile, die restlichen 35 Prozent liegen bei General Motors.
Es gebe keinerlei Vorfestlegung auf einen der verbliebenen Bieter, teilte die Opel-Treuhandgesellschaft am Wochenende mit. "Bisher haben die Verhandlungsführer von General Motors weder eine Empfehlung noch einen Antrag zu einer Entscheidung durch die Treuhandgesellschaft vorgelegt." Am Ende solle es ein Votum für das wirtschaftlich sinnvollste Konzept geben.
Die frühere Opel-Mutter GM führt derzeit noch Verhandlungen mit dem Finanzinvestor RHJ und dem Zulieferer Magna. Der chinesische Autohersteller BAIC ist mittlerweile ausgeschieden. In der kommenden Woche soll es nun nach Informationen aus Verhandlungskreisen einen neuen Anlauf für eine Einigung im Verkaufsprozess geben. Die von Magna und RHJ eingereichten Angebote seien noch nicht ausverhandelt, hatte es am Freitag geheißen.
Keine Opfer für den Investor
Unter den Opel-Mitarbeitern herrscht vor diesem Hintergrund große Verunsicherung. "Wir appellieren an die Bundesregierung und die betroffenen Landesregierungen, konsequent zu bleiben und die Übernahme von Opel durch RHJ abzulehnen", zitierte die "Frankfurter Rundschau" am Samstag aus einer Resolution der Belegschaft. Die Mitarbeiter seien nicht bereit, für RHJ irgendwelche Opfer zu bringen. Dies würden sie nur tun, "wenn ein Investor dem Unternehmen eine Zukunft bieten kann und damit die echte Chance besteht, dass die Bundesbürgschaften nicht gezogen werden müssen".
Ablehnend äußerte sich auch der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel. "Es sieht so aus, als ob GM die Schmutzarbeit RHJI überlassen will und sich dann ins sanierte Unternehmen zurückkaufen möchte", sagte er der "Automobilwoche" mit Blick auf die ehemalige Mutter General Motors.
RHJ-Chef Leonhard Fischer war Befürchtungen, die Beteiligungsfirma wolle Opel nach einem Zuschlag so schnell wie möglich an die bisherige Mutter zurückverkaufen, erst vor kurzem entgegengetreten. Nach seiner Überzeugung braucht Opel GM aber auch in Zukunft. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zitierte ihn nun mit den Worten: "Lasst uns pragmatisch werden. Ohne General Motors funktioniert es nicht."
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts