GM praktiziert Hinhaltetaktik Opel hängt weiter in der Luft
25.08.2009, 21:20 UhrEs gibt weiterhin keine Klarheit für die Opel-Mitarbeiter. Eine rasche Entscheidung über die Zukunft des Rüsselsheimer Autobauers hat sich zerschlagen. Gleichzeitig versetzen Gerüchte, dass der US-Konzern General Motors (GM) Opel nicht mehr verkaufen will, Betriebsräte und Gewerkschaften in Alarmstimmung. Sie fürchten Werksschließungen.
Nach einem Treffen von Bund und Ländern mit GM-Vize John Smith in Berlin zeigten sich Verhandlungsteilnehmer skeptisch, dass noch vor der Bundestagswahl am 27. September ein Ergebnis erzielt werden kann. In den Verhandlungen gebe es keine Fortschritte, GM spiele auf Zeit, verlautete aus Verhandlungskreisen.
Aus Regierungskreisen hieß es, die GM-Spitze habe noch "erheblichen Informationsbedarf". Smith habe aber deutlich gemacht, dass "man weiterhin an einer Investorenlösung interessiert sei". Umgekehrt sind die Amerikaner erstaunt, dass die Bundesregierung unverändert den Zulieferer Magna favorisiert. Nach dpa-Angaben hält GM derzeit grundsätzlich an dem Bieterverfahren fest. "Wir wollen Opel verkaufen", hieß es in Detroit. Nach Angaben des thüringischen Wirtschaftsministers Jürgen Reinholz (CDU) sollen die Verhandlungen mit GM noch am Freitag fortgesetzt werden. Wahrscheinlich werde bei dem Treffen erneut Smith dabei sein.
Der GM-Verwaltungsrat habe das Management aber beauftragt, Alternativen zu einem Opel-Verkauf zu prüfen. Dazu gehöre ein Finanzierungsplan im Volumen von rund drei Mrd. Euro, um Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall wieder auf Trab zu bringen. Das werde aber nur als absolute Notlösung betrachtet.
GM arbeitet gegen Magna
GM will mit der Verzögerungstaktik offenbar erreichen, dass Bund und Länder ihren Favoriten Magna fallenlassen. GM favorisiert den belgischen Finanzinvestor RHJ International, der nach einer Sanierung Opel an die Amerikaner zurückverkaufen könnte. "Aus unserer Sicht hat RHJI das bessere Angebot vorgelegt, das weniger Jobs streicht und mit weniger Steuergeldern auskommt. Warum sollten wir das nicht umsetzen?", hieß es in den GM-Kreisen. Smith will sich allerdings am Mittwoch mit Magna-Managern treffen.
Der Opel-Betriebsrat warnte vor Werkschließungen in Europa, falls der bisherige Mutterkonzern GM die Kontrolle über die deutsche Tochter behält. "Mit drei Milliarden kann dieses Unternehmen nicht zukunftsgerecht aufgestellt werden", sagte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz.
Aus Protest nahmen die 25.000 Beschäftigten bei Opel ihren Verzicht auf das Urlaubsgeld zurück. Die entsprechende Betriebsvereinbarung sei gekündigt, das Urlaubsgeld müsse mit der nächsten Monatsabrechnung ausgezahlt werden, heißt es in einem internen Schreiben des Betriebsrates. "Für ein "Zurück zu General Motors" gibt es keinen Cent Beitrag der Beschäftigten."
Den Ministern bleiben nur Appelle
GM hat im Opel-Poker eine starke Verhandlungsposition gegenüber Bund und Ländern. Der Konzern kann in der Opel-Treuhand eine endgültige Entscheidung über einen Verkauf zumindest in den nächsten Monaten blockieren. Bund und Länder haben wie GM zwei Stimmen. Es zählt die einfache Mehrheit. Bei einer Pattsituation von 2:2 wäre Treuhand-Chef Fred Irwin das Zünglein an der Waage.
Aus den Treuhand-Verträgen geht aber hervor, dass Irwin während einer sechsmonatigen Sperrfrist, die Ende November ausläuft, nicht mit abstimmen darf. Die Sperre kann sich sogar verlängern, wenn über den November hinaus das staatliche Darlehen für Opel von 1,5 Mrd. Euro nicht aufgebraucht ist. In Regierungskreisen hieß es dazu, diese Konstruktion sei bekannt.
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) forderte Klartext von GM: Von der neuen Option, dass der Konzern seine bisherige Tochter doch behalten könnte, habe er aus der Zeitung erfahren. Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier sprach sich erneut für Magna aus.
Obama hält sich zurück
Die von GM für ein Festhalten von Opel benötigten Milliarden könnten vom US-Staat sowie von Großbritannien und Spanien kommen, berichteten "Financial Times" und "Wall Street Journal". In diesen Ländern hatte es Kritik am Angebot der deutschen Regierung gegeben, den Kredit für Opel von 4,5 Mrd. Euro im Alleingang vorzustrecken, wenn GM sich für Magna entscheidet. An den Opel-Standorten in Belgien, Polen, Großbritannien und Spanien wird befürchtet, dass sie stärker als die deutschen Werke von Sparmaßnahmen betroffen sein könnten.
US-Präsident Barack Obama will sich nicht in die Entscheidung von GM über die Zukunft von Opel einmischen. Obama denke, dass die aktuellen unternehmerischen Entscheidungen des Autobauers von den GM-Managern selbst gefällt werden müssten, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses. General Motors hatte zum Überleben mehr als 50 Mrd. Dollar Staatshilfe bekommen und das Insolvenzverfahren nach nur 40 Tagen verlassen.
Quelle: ntv.de, wne/dpa