Wirtschaft

Noch dicke Bretter zu bohren Opel soll zu Magna/Sberbank

Opel soll nach dem monatelangen Bieterwettstreit an den Autozulieferer Magna verkauft werden. Die Opel-Mutter General Motors teilte mit, sie unterstütze das Kaufangebot von Magna und dessen Finanzpartner, der russischen Sberbank.

Demonstrative Zufriedenheit: Opel-Treuhand-Chef Fred Irwin (links) und GM-Verhandlungsführer John Smith.

Demonstrative Zufriedenheit: Opel-Treuhand-Chef Fred Irwin (links) und GM-Verhandlungsführer John Smith.

(Foto: REUTERS)

Nach monatelangem Gezerre zwischen Deutschland und den USA ist General Motors zum Verkauf von Opel an den kanadischen Zulieferer Magna bereit. Der GM-Verwaltungsrat entschied, 55 Prozent von Opel an Magna und dessen russischen Partner Sberbank abzugeben; GM behält einen Anteil von 35 Prozent, die Mitarbeiter werden mit zehn Prozent beteiligt.

In einer Mitteilung von General Motors Europe, die n-tv.de vorlag, hieß es, "in den kommenden Wochen" müssten noch "einige wichtige Punkte abschließend geklärt werden, um verbindliche Vereinbarungen zu erzielen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich nach den Unsicherheiten der vergangenen Wochen erleichtert. Die vom US-Konzern gestellten Bedingungen seien aus ihrer Sicht "beherrschbar und verhandelbar", sagte die CDU-Politikerin. Der Neuanfang werde für Opel allerdings nicht einfach.

Irwin mit Manfred Wennemer: Der Ex-Conti-Chef hat Zweifel, dass Opel überleben wird.

Irwin mit Manfred Wennemer: Der Ex-Conti-Chef hat Zweifel, dass Opel überleben wird.

(Foto: AP)

Zu den offenen Fragen zählt der Konzern laut Mitteilung unter anderem eine "schriftliche Bestätigung der Arbeitnehmervertretungen, die Vereinbarung mit den notwendigen Kostenanpassungen zu unterstützen". Außerdem pochen die Amerikaner auf den Abschluss eines "definitiven Finanzierungspakets der Regierungen von Bund und Ländern".

Die endgültigen Vereinbarungen sollen demnach innerhalb der nächsten Wochen unterschriftsreif sein und anschließend innerhalb der kommenden Monate zum Abschluss gebracht werden können.

Auch die Kanzlerin freut sich.

Auch die Kanzlerin freut sich.

(Foto: dpa)

GM-Chefunterhändler John Smith sprach in Berlin von einigen "Schlüsselfragen", die noch mit der Bundesregierung geklärt werden müssten. Der Verkauf könne aber in zwei bis drei Wochen unterschriftsreif sein, bestätigte er. Einen Rückkauf von Opel plane GM nicht. Die vier Opel-Werke in Deutschland sollen nach dem Magna-Konzept erhalten bleiben; allerdings sollen europaweit etwa ein Fünftel der 50.000 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Streit unter den Treuhändern

Die Treuhandgesellschaft, bei der die Mehrheit der Opel-Anteile bis zur Unterzeichnung der Verträge mit dem Opel-Konsortium vorerst weiter liegt, billigte die Entscheidung zugunsten von Magna nach kontroverser Debatte. Gegen die Empfehlung stimmte als einziger der frühere Conti-Chef Manfred Wennemer, der als Vertreter des Bundes in dem Gremium sitzt und Zweifel an der Zukunftsfähigkeit von Opel äußerte. Mit dem bisherigen Geschäftsplan werde Opel 2010/2011 zahlungsunfähig sein und Insolvenz anmelden müssen, sagte ehemalige Continental-Chef.

Auch Frank-Walter Steinmeier teilt seine Genugtuung mit.

Auch Frank-Walter Steinmeier teilt seine Genugtuung mit.

(Foto: dpa)

Magna wurde vom Treuhand-Beirat zur Auflage gemacht, dass Investitionen in Russland nicht mit deutschen Steuergeldern finanziert werden dürfen. Der Zulieferer will Opel im Bündnis mit der russischen Sberbank neu aufbauen und setzt dabei auf die Hilfe des russischen Autobauers GAZ. Vier Märkte bleiben GM zufolge für die "neue Opel" allerdings verschlossen: die USA, Kanada, Südkorea und China.

Magna und Sberbank sollen jeweils 27,5 Prozent an Opel erhalten. GM behält 35 Prozent. Die Belegschaft soll im Gegenzug zum Verzicht auf künftige Einkommenserhöhungen sowie Sonderleistungen mit zehn Prozent beteiligt werden. Die Opel-Arbeitnehmer hatten vehement für Magna geworben und zuletzt mit Protesten gedroht.

Kanzlerin und Kanzlerkandidat feiern Einigung

"Es hat sich gezeigt, dass sich Geduld und Zielstrebigkeit der Bundesregierung ausgezahlt haben. Das war kein einfacher Weg", sagte Merkel. "Es ist jetzt möglich, dass Opel und General-Motors-Europa einen neuen Weg einschlagen." Zunächst seien aber weitere Verhandlungen mit der Treuhandgesellschaft nötig. Aus Berliner Koalitionskreisen hieß es: "Wir haben jetzt eine Lösung, die den Wahlkampf der Kanzlerin nicht belastet. Ob Magna die Auflagen von GM erfüllen kann, wird vor dem Wahltag wohl nicht zu klären sein. Danach sieht man weiter."

Nach langem Tauziehen gibt es nun endlich eine Lösung.

Nach langem Tauziehen gibt es nun endlich eine Lösung.

(Foto: AP)

SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Entscheidung für Magna: "Der Einsatz hat sich gelohnt", sagte er in Leipzig. "Ich freue mich jedenfalls heute, dass diejenigen, die für Insolvenz geworben haben und von mangelnder Systemrelevanz gesprochen haben, nicht die Oberhand gewonnen haben."

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnte allerdings: "Man muss vorsichtig sein, immer gleich von Rettung zu sprechen, aber es ist ein guter Moment heute für die Beschäftigten", sagte der CSU-Politiker, der anfangs eine Insolvenz von Opel nicht ausgeschlossen hatte.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sprach dagegen von einer "endgültigen Entscheidung". Im hessischen Rüsselsheim ist das Opel-Stammwerk, weitere Standorte sind Bochum, Eisenach und Kaiserslautern. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) mahnte, den geplanten Stellenabbau sozialverträglich ohne Kündigungen zu gestalten.

Hessen übernimmt Drittel der Bürgschaften

Die Bundesregierung hatte schon früh für Magna als Investor ausgesprochen. Deutschland hat die Existenz von Opel bereits mit einem Kredit über 1,5 Mrd. Euro gesichert und ist bereit, dem Rüsselsheimer Traditionsunternehmen im Falle einer Übernahme weitere drei Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen.

Koch sagte, Hessen werde von den insgesamt 4,5 Mrd. Euro ein Drittel übernehmen. Auch Rüttgers kündigte an, sein Land werde sich entsprechend des Verteilungsschlüssels beteiligen. Demnach würde der Bund die Hälfte der Gesamtsumme stemmen und die Länder mit Opel-Standorten gemäß der Arbeitsplätze die andere Hälfte aufteilen.

Bei GM hatten lange Bedenken gegen Magna überwogen, weil Opel vor allem in Russland wachsen soll und dem amerikanischen Konzern dadurch auf diesem einzigen Markt, dem nach der Krise wieder hohe Wachstumsraten zugetraut wird, ein starker Konkurrent erwachsen könnte.

Der mit 50 Mrd. Dollar von der US-Regierung gestützte einstige Weltmarktführer GM hatte zunächst den belgischen Finanzinvestor RHJI favorsiert. Damit wollten sich die Amerikaner die Möglichkeit offenhalten, Opel nach einer Sanierung zurückzukaufen. Nach Abschluss der Blitzinsolvenz von GM war der Konzern aus Detroit deutlich selbstbewusster aufgetreten und hatte sogar laut darüber nachgedacht, Opel zu behalten.

Der künftige Opel-Mehrheitseigner Magna will den deutschen Autobauer jetzt in eine erfolgreiche Zukunft führen. "Das Konsortium freut sich, dass sein Plan für Opel General Motors zufriedengestellt hat", sagte Magna-Vizechef Siegfried Wolf in einer gemeinsamen Erklärung des österreichisch-kanadischen Autozulieferers und der russischen Sberbank. Sie würden gemeinsam mit den Opel-Händlern, den Mitarbeitern und GM hart an der Zukunft von Opel arbeiten. Experten zufolge stehen sie damit vor einer nicht zu unterschätzenden Aufgabe.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts

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