Wirtschaft

Börsengang mit Hindernissen Osram muss alleine leuchten

Sieht die Zukunft hell oder düster aus?

Sieht die Zukunft hell oder düster aus?

(Foto: dpa)

In Kürze sind alle Berechnungen und Schätzungen Makulatur. Heute wird an der Anzeigetafel der Frankfurter Börse erstmals ein Kurs für die Osram-Aktie prangen. Während Siemens damit ein Problem weniger hat, gehen die Schwierigkeiten für Osram erst richtig los.

Ein Börsengang bringt in der Regel sehr viel Geld für das betreffende Unternehmen. Die für Montag geplante Erstnotiz der Aktie von Osram ist da eine Ausnahme. Die bisherige Mutter Siemens kostet die Abspaltung der Lichttochter im Gegenteil sogar Geld. Statt die Papiere des traditionsreichen Unternehmens zu verkaufen, bucht Siemens seinen Aktionären für zehn Siemens-Papiere je eine Osram-Aktie ins Depot.

Die neuen Osram-Aktionäre können dann mit ihren Wertpapieren machen was sie wollen, also verkaufen oder behalten. Wie der erste Kurs aussehen wird, ist völlig offen. Denn bei normalen Börsengängen gibt es mit dem Ausgabepreis den besten Anhaltspunkt dafür, was das Unternehmen den Investoren wert ist - bei Osram jedoch reichen die verfügbaren Richtwerte von knapp 21 bis 44 Euro. Das liegt daran, dass Siemens die Aktien im Vorfeld nicht in einem Bookbuilding-Verfahren bewerten ließ. Dabei geben Investoren innerhalb einer vorgegebenen Preisspanne Gebote für die Aktien ab. Danach wird dann der Preis festgelegt, zu dem die Aktien an die Börse gehen.

Bei Osram wurden stattdessen die Papiere nach Handelsschluss am Freitagabend einfach in die Depots der Siemens-Aktionäre gebucht - eine Aktie der Osram Licht AG kommt dabei auf zehn Siemens-Anteilsscheine. Siemens ist danach mit weniger als 20 Prozent an Osram beteiligt. Eingestiegen war der Konzern im Jahre 1919.

"Richtiger Zeitpunkt verpasst"

Eigentlich hatte Siemens der Tochter durch einen richtigen Börsengang eine milliardenschwere Mitgift mitgeben wollen, doch erst musste der Münchner Elektroriese den Schritt verschieben und später ganz absagen - Eurokrise, Konjunktur und nötige Umbauarbeiten machten Siemens einen dicken Strich durch die Rechnung. Nun, sagen manche Spötter, verschenke Siemens die Tochter. Nein, entgegnet der Konzern, man könne den Aktionären nichts schenken, was ihnen ohnehin gehöre.

Der richtige Zeitpunkt sei verpasst worden, gestand Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser ein. Als das Marktumfeld noch besser war, wurde die mögliche Bewertung von Osram auf bis zu 7 Mrd. Euro geschätzt. Lange hatte Siemens an einem echten Börsengang festgehalten, erst im vergangenen Juli wurden die ursprünglichen Pläne ad acta gelegt und die Abspaltung beschlossen.

Auf 3,23 Mrd. Euro hatte Siemens den Wert von Osram nun in einem Gutachten taxiert, das wären 30,85 Euro je Aktie. Der Buchwert liegt nur bei 2,32 Mrd. - das wären je Aktie 20,85 Euro. Und die "fairen" Werte, die Analysten der begleitenden Banken berechnet haben, liegen mit 27 bis 44 Euro weit auseinander. Auch der Graumarkt gibt nur vage Anhaltspunkte. Beim Händler Lang & Schwarz werden Indikationen zwischen 27 und 32 Euro angezeigt.

Kursverluste programmiert

Zunächst dürfte die Aktie unter Druck geraten, denn viele Aktionäre dürften Osram-Anteile abgeben: Auf 40 bis 50 Prozent der 84 Millionen Aktien haben Banker den Anteil geschätzt, der in nächster Zeit auf den Markt kommt - etwa von großen Indexfonds, die nur Dax-Werte wie Siemens halten. Andere Anleger scheuen das Investment in ein Unternehmen, das gerade mitten in der Neuausrichtung steckt und den Umbau von der Glühbirne zur Leuchtdioden-Technik (LED) bewältigen muss.

Osram machte zuletzt knapp 5,4 Mrd. Euro Umsatz. 2011/12 steht ein Verlust von fast 380 Mio. Euro in den Büchern. In diesem Jahr soll es bereits erheblich besser laufen.

Doch der Schritt in die Eigenständigkeit geschieht in unsicheren Zeiten. Der Lichtmarkt wandelt sich massiv. Die Glühbirne, der Osram wegen der früher für den Glühdraht verwendeten Materialen Osmium und Wolfram den Namen verdankt, ist am Ende ihrer Zeit angelangt. Die Zukunft gehört der LED-Technik. Deren Entwicklung kostet viel Geld. Die Produktion erledigt die Konkurrenz in Asien allerdings billiger. Die Preise sind unter Druck, die Branche ringt um Marktanteile. Neue Konkurrenten im Lichtmarkt wie etwa der Samsung-Konzern oder LG Electronics sorgen für einen raueren Wettbewerb.

Osram streicht vor diesem Hintergrund weltweit tausende Stellen, trennt sich von Werken und Produkten. Künftig muss der Umbau ohne die Hilfe der Mutter gelingen. Allein im vergangenen Geschäftsjahr hatte der Konzern seiner Tochter mit mehr als einer Milliarde Euro unter die Arme gegriffen. Osram muss sich wie die Branchengrößen Philips oder General Electric vor allem Angreifern aus Asien erwehren. Die Herausforderung: wesentlich schneller als bisher neue Leuchten in die Regale der Läden zu bringen. Immerhin, der Markt für sparsame und intelligente Lichttechnik wird wachsen.

Lanxess als Vorbild

Aber das Geschäftsmodell muss sich wandeln. Gingen Glühbirnen spätestens nach wenigen Jahren kaputt, gibt die Industrie die Lebensdauer für LED-Leuchten mit 30 Jahren an. Die Lichtfirmen müssen also Verbrauchern den Kauf neuer Leuchten erst schmackhaft machen. Dabei verbrauchen die Modelle schon 80 Prozent weniger Strom als klassische Glühbirnen. Firmen wie Osram hoffen, dass neben günstigeren Preisen auch neue Möglichkeiten für Licht Kunden locken.

Dazu gehören künftig auch LED-Leuchten, deren Farbe und Helligkeit sich etwa per Smartphone an Tageszeit und Laune anpassen lassen. Der einfachste Grund für einen Neukauf, so die Hoffnung der Branche: Nur die wenigsten werden drei Jahrzehnte lang auf die gleiche Leuchte schauen wollen.

Am Montag wird die Aktie mit dem Börsenkürzel LED als 31. Wert für einen Tag sogar dem Dax angehören. Auch 2005, als Bayer die Tochter Lanxess auf die gleiche Weise abgespalten hatte, hatte es für einen Tag 31 Dax-Firmen gegeben. Bei Lanxess war ein Kurssturz ausgeblieben, inzwischen ist das Unternehmen im Dax angekommen - und nicht nur für einen Tag.

Für die Siemens-Aktionäre ist ohnehin weniger der Osram-Kurs selbst interessant. Ihr Gewinn oder Verlust bemisst sich danach, ob das "abgespeckte" Siemens-Papier und ihre "geschenkte" Osram-Aktie zusammen mehr oder weniger wert sind als der Siemens-Anteilsschein vorher. Wenn die Osram-Aktie also an der Börse mit 20 Euro startet und Siemens weniger als zwei Euro verliert, ist die Welt aus Anlegersicht in Ordnung.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen