Wirtschaft

"Wir wollen keinen Cent" Papandreous Gang nach Berlin

Griechenlands Ministerpräsident Papandreou will sich bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel nicht als Bittsteller präsentieren. Griechenland bitte um politische Unterstützung, nicht um finanzielle Hilfe, sagt er. Unterdessen findet eine griechische Anleihe im Volumen von fünf Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt einen reißenden Absatz.

Giorgos Papandreou fordert eine schärfere regulierung der Finanzmärkte.

Giorgos Papandreou fordert eine schärfere regulierung der Finanzmärkte.

(Foto: REUTERS)

Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou will zur Lösung der dramatischen Krise seines Landes kein Geld von den EU-Partnern. "Lassen Sie mich eines absolut klarmachen: Griechenland will keinen Cent von deutschen Steuerzahlern", erklärte Papandreou. Er trifft am Freitag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen.

Griechenland bitte um politische Unterstützung, nicht um finanzielle Hilfe, sagte Papandreou weiter. Zum Schutz der Währungsgemeinschaft vor Spekulanten rief er zu schärferer Regulierung auf. Die massiven Spekulationen an den Finanzmärkten gefährdeten das ganze europäische Projekt, mahnte Papandreou. Griechenland sei das bisher letzte Opfer unregulierter Märkte. "Während griechische Rentner und Staatsbedienstete aufgefordert sind, drastische Einschnitte hinzunehmen, machen die Spekulanten jeden Tag Milliarden auf dem Rücken Griechenlands." Es gehe allein um Profit, kritisierte er.

Griechenland müsse sich zu bezahlbaren Bedingungen Geld borgen können, forderte der Regierungschef. "Andernfalls wird die Umsetzung unseres harten Sparkurses schwierig werden", sagte er. Die Zinsen, die das hochverschuldete Land derzeit bezahlen müsse, seien fast doppelt so hoch wie die Deutschlands oder anderer EU-Staaten. Seine sozialistische Regierung sei aber entschlossen, den Verlust an Glaubwürdigkeit und das hohe Staatsdefizit zu überwinden, "die wir geerbt haben".

Vor seinem Treffen mit Merkel reist Papandreou nach Luxemburg. Dort konferiert er mit Premierminister Jean-Claude Juncker, der auch Vorsitzender der Eurogruppe ist. Am Sonntag trifft Papandreou in Paris mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zusammen.  

Durchatmen in Athen

Unterdessen hat sich Griechenland in seiner Schuldenkrise vorerst Luft verschafft. Die Regierung in Athen brachte eine mit Spannung erwartete Anleihe im Volumen von fünf Milliarden Euro auf den Kapitalmarkt, die bei den Anlegern reißenden Absatz fand. Dies verschaffte dem unter Druck geratenen Euro-Kurs eine Verschnaufpause. Auch dürften die Mitgliedstaaten der Währungsunion aufatmen, da die Notwendigkeit bilateraler Hilfen an Griechenland mit der erfolgreichen Platzierung zunächst wieder nachgelassen hat.

Gleichwohl dürfte im Kreis der Eurostaaten unter Führung Deutschlands und Frankreichs ein Plan zur Rettung Griechenlands unter Dach und Fach sein. "Natürlich haben wir an Lösungen gearbeitet, aber wir brauchen diese im Moment nicht", sagte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde.

Attraktiver Zinsaufschlag lockt

Sparen ist das derzeit am meisten gebrauchte Wort in Griechenland.

Sparen ist das derzeit am meisten gebrauchte Wort in Griechenland.

(Foto: REUTERS)

Für die fünf Milliarden schwere Anleihe Griechenlands mit einer Laufzeit von zehn Jahren gab es nach Auskunft aus Bankenkreisen Angebote im Volumen von 16 Milliarden Euro. Die nationale Schuldenagentur berichtete von großem Interesse der Anleger. "Die rege Nachfrage überrascht nicht", sagte Anleihenexperte Klaus Holschuh von der DZ Bank. "Die Anleger sehen, dass sie einen attraktiven Zinsaufschlag bekommen. Auch die Sparanstrengungen der Athener Regierung werden honoriert." Für die Anleihe wird als Risikoaufschlag ein Zinssatz von 3,1 Prozentpunkten über einem vergleichbaren deutschen Papier bezahlt.

Nach Ansicht Holschuhs zeigt dies, dass die Möglichkeit einer Staatspleite und damit eines Zahlungsausfalls am Markt als gering eingeschätzt wird. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland von der EU, dem IWF und den großen Euro-Ländern im Stich gelassen wird, wird vom Markt als vergleichsweise gering eingeschätzt." Der Euro notierte in Frankfurt bis zum frühen Nachmittag stabil bei 1,3677 Dollar. Die große Bewährungsprobe steht allerdings noch aus: Bis Mai muss Griechenland rund 20 Milliarden Euro Schulden umfinanzieren.

Rehn pocht auf weitere Sparmaßnahmen

Griechenlands Vize-Außenminister Droutsas betonte: "Wir können, wir wollen aus eigener Kraft unseren Staatshaushalt wieder sanieren." Es sei aber ein klares Vertrauensbekenntnis von EU-Partner wie etwa Deutschland nötig. Dies sei wichtig, damit die griechischen Staatsanleihen nicht zu teuer würden. Zugleich äußerte er sich zuversichtlich, dass die beschlossenen zusätzlichen Sparmaßnahmen im Umfang von 4,8 Milliarden Euro ausreichen dürften, um die Ziele bei der Haushaltskonsolidierung zu erreichen.

EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn warnte aber, für 2011 und 2012 seien zusätzliche Einsparungen nötig. Die Eurozone sei bereit, notfalls koordinierte Maßnahmen zu ergreifen, um Stabilität zu garantieren, sagte er der italienischen Zeitung "Il Corriere della Sera". Griechenland will auf Druck der EU sein Defizit in diesem Jahr um vier Punkte auf 8,7 Prozent senken. Die prekäre Finanzlage löste Spekulationen über einen Staatspleite aus, was den Euro unter Druck gebracht und Sorgen vor einem Auseinanderbrechen der Währungsunion geschürt hat.

Schrille Begleitmusik

Die Proteste gegen die Maßnahmen der Regierung gehen unvermindert weiter.

Die Proteste gegen die Maßnahmen der Regierung gehen unvermindert weiter.

(Foto: AP)

Die griechische Sparorgie stößt in der Bevölkerung auf immer mehr Widerstand. Aus Protest gegen die drakonischen Maßnahmen der Regierung legen die Arbeitnehmer am Freitag teilweise ganztägig ihre Arbeit nieder. Zwischen 11.00 und 15.00 Uhr (MEZ) soll in Folge eines Streiks der Fluglotsen auf allen Flughäfen der Verkehr still stehen. In der Hauptstadt Athen sollen den ganzen Tag keine Busse und Straßenbahnen fahren.

Zudem ist eine Protestkundgebung vor dem griechischen Parlament  geplant, wo das Sparprogramm in einem Eilverfahren verabschiedet werden soll.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts/AFP

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