In der Hinterhand Plan B für Athen
03.03.2010, 15:05 UhrHeute ist Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou zu einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel in Berlin. Das Sparpaket der griechischen Regierung wird hierzulande als gutes Signal gewertet. Ob sich das in Form von Hilfszusagen aus Berlin äußert, ist weiterhin offen.

Papandreou sichtlich angeschlagen: Er muss ganze Überzeugungsarbeit leisten.
(Foto: dpa)
Bei der Rettung Griechenlands steckt die schwarz-gelbe Bundesregierung in der Zwickmühle. Berlin will keine Blankoschecks ausstellen, Athen aber auch nicht hängenlassen. Ende der Woche kommt Premier Giorgos Papandreou zu Besuch. Der Druck auf Kanzlerin Angela Merkel wächst, konkrete Zusagen zu machen.
In Regierungskreisen wird erwartet, dass Merkel und Papandreou sachlich und freundschaftlich die schwierige Lage erörtern. Mit den jüngsten Misstönen und anti-deutschen Emotionen in Griechenland bis hin zu Boykott-Aufrufen gegen Produkte "Made in Germany" will man sich nicht lange aufhalten. Papandreou hat seine neue Milliarden-Sparliste im Gepäck, die Merkel ebenso begrüßen wird wie die Appelle an die griechische Bevölkerung zu einer nationalen Kraftanstrengung.
Nach außen demonstrieren Deutschland und die anderen EU-Partner Gelassenheit - um den Druck auf Athen aufrecht zu halten und die Märkte zu beruhigen. Seit Wochen lautet die Botschaft: Griechenland muss seine Probleme selbst lösen und so das Vertrauen der Finanzinvestoren zurückgewinnen.
Plan B in der Schublade
Hinter den Kulissen wird aber für den Notfall vorgesorgt, sollte Athen kein frisches Geld zur Umschuldung von Verbindlichkeiten mehr bekommen und Währungsspekulationen zunehmen. Dann könnte Plan B Realität werden: Öffentliche oder private Banken springen ein und kaufen griechische Anleihen - die Rede ist von fünf Mrd. Euro allein für deutsche Institute.
Doch private Banken würden sich ohne staatliche Rückendeckung kaum engagieren. Zu den Szenarien gehört deshalb, dass die Staatsbank KfW Garantien für die Käufer griechischer Staatspapiere gibt. Auch der eigentlich nur für deutsche Institute gedachte Bankenrettungsfonds Soffin könnte angezapft werden. Sein Garantievolumen von 400 Mrd. Euro ist bisher mit Zusagen von 150 Mrd. bei weitem nicht ausgeschöpft.
Experten spielen auch die Möglichkeit durch, den mit 115 Mrd. Euro gefüllten "Deutschlandfonds" zu nutzen. Bei beiden Varianten gibt es im Regierungslager aber erhebliche Vorbehalte. Überhaupt zeichnet sich im Fall Griechenland auch nach wochenlangen Beratungen in der Koalition bisher kein klares Meinungsbild ab. Das sollte sich bis Ende der Woche - zum Besuch Papandreous - ändern.
Rat und Tat von Ackermann
Eine wichtige Rolle in den Berliner Überlegungen spielt dem Vernehmen nach Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der Ende vergangener Woche zu Gesprächen mit der griechischen Regierung nach Athen gereist war. Der deutsche Branchenprimus hatte zuletzt eine Staatsanleihe Griechenlands organisiert, dieser Tage wird eine weitere erwartet. Sollten sich keine Käufer griechischer Staatsanleihen finden, könnte eine gemeinsame Anleihe aller 16 Euro-Länder ins Spiel gebracht werden, was für Deutschland aber teuer werden würde. Im Bundeshaushalt gibt es bisher keine Vorsorge für mögliche Griechenland-Hilfen.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) könnte einspringen. Das aber lehnt nicht nur die Europäische Zentralbank ab. Auch Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble halten nichts von einem Eingreifen der krisenerprobten Feuerwehr IWF. Unter anderem wird ein Reputationsschaden für die Euro-Zone befürchtet. Etwas konkreter scheinen dagegen Überlegungen auf europäischer und nationaler Ebene zu sein, den Handel mit hoch spekulativen Kreditausfallversicherungen einzuschränken, die in der Griechenland-Krise keine unwesentliche Rolle spielen. Schäuble prüft mehr Transparenz und strengere Regeln für den Markt mit Kreditderivaten (Credit Default Swaps/CDS).
Der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premier Jean Claude Juncker, drohte jüngst mit staatlichen Sanktionen: "Wir haben die Folterwerkzeuge im Keller, und wir zeigen sie, wenn es nötig ist", kündigte er an, ohne konkret zu werden. Eine schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht, weil schärfere Vorgaben auf internationaler Ebene abgesprochen werden müssten. Die Gegenseite ist da viel schneller: Hedge-Fonds und andere Spekulanten nutzen nicht nur CDS, sondern auch andere Instrumente, um aus den Turbulenzen in der Euro-Zone kräftig Profit zu schlagen. Längst machen sie auch Jagd auf das britische Pfund.
Quelle: ntv.de, dpa