Aktionäre wollen mehr Poker um höheren Tognum-Preis
08.04.2011, 16:17 Uhr3,2 Mrd. Euro bieten Daimler und Rolls-Royce für den Motorenbauer Tognum. 24 Euro je Anteilsschien. Einem Großteil der Aktionäre ist das aber nicht genug. Sie wollen einen deutlich höheren Preis herauschlagen - kein Wunder bei einem aktuellen Kurs von 25,75 Euro.
Daimler und Rolls-Royce müssen um die Übernahme des Motorenherstellers Tognum bangen. Immer mehr Großaktionäre des Friedrichshafener Konzerns halten die gebotenen 24 Euro je Aktie für zu niedrig. Sie stärken stattdessen dem Tognum-Vorstand den Rücken, der selbst einen höheren Preis fordert. Auch Kleinaktionäre werden ihre Aktien so lange nicht an den Stuttgarter Autobauer und den Triebwerkshersteller aus Großbritannien verkaufen, weil der Börsenkurs deutlich über der Offerte liegt, wie Reuters aus vorliegenden Briefen der Aktionäre zitiert. Am Freitag notierten Tognum-Aktien unverändert bei 25,75 Euro.
Daimler denkt nach eigenen Angaben trotz des drohenden Scheiterns nicht an eine Aufstockung der Offerte: "24 Euro ist unser Preis", sagte ein Firmensprecher. "Wir halten bereits 28,4 Prozent der Tognum-Aktien und streben 50 Prozent plus eine Aktie an. Wir haben Zeit."
Stockt Daimler noch auf?
Doch selbst das Mindestziel ist gefährdet: Die "Financial Times" berichtete, mindestens acht größere Aktionäre, die zusammen etwa ein Fünftel der Anteile an Tognum hielten, hätten der Geschäftsführung schriftlich mitgeteilt, dass sie mit den 24 Euro nicht zufrieden seien. Das Tognum-Management um Vorstandschef Volker Heuer hat die Pläne grundsätzlich begrüßt, pokert aber noch um eine Aufstockung der Offerte. Finanzkreisen zufolge gibt es derzeit keine Verhandlungen zwischen Tognum und Daimler oder Rolls-Royce. Der Vorstand hat Investmentbanken mit einem Gutachten beauftragt, das die Angemessenheit der Offerte prüfen soll. Der Tognum-Aufsichtsrat will sich Ende nächster Woche damit befassen.
Offiziell hat der Vorstand bisher keinen konkreten Preis benannt, zu dem er einlenken würde. "Mit 27 Euro pro Aktie wären alle zufrieden", hatte es aber nach der Ankündigung des Übernahmeangebots im März im Tognum-Umfeld geheißen. Tognum wollte sich auch am Freitag zu den eigenen Preisvorstellungen nicht äußern.
Nach der Fondstochter der niederländischen Bank ING und den Investoren Delta Lloyd und Deka erklärte auch der US-Fonds First Eagle, das ihm das Angebot im Gesamtvolumen von rund 3,2 Mrd. Euro nicht ausreicht. "Wir befürchten sehr, dass Tognum auf Basis einer Bewertung verkauft wird, die auf dem Gewinn im Konjunkturtief beruht", schrieb First Eagle in einem Brief an Tognum-Aufsichtsratschef Rolf Eckrodt. "Zudem hat Tognum in den vergangenen Jahren viel in die Entwicklung von saubereren Diesel-Technologien investiert, die erst in Zukunft Früchte tragen werden."
Experten sehen noch Luft
Experten bezweifeln, ob Daimler und Rolls-Royce ihre starre Haltung bis zum Ende der Angebotsfrist am 18. Mai durchziehen. "Ich halte es trotz aller Dementis für denkbar, dass das Angebot aufgestockt wird, wenn bis zum Ende der Frist kaum Papiere angedient wurden", sagte Equinet-Analyst Tim Schuldt. Da Daimler seine 28 Prozent bei der Übernahme einbringt, wäre eine Erhöhung für den Stuttgarter Konzern finanziell kein Problem, erklärte Schuldt. "Der limitierende Faktor könnte eher Rolls-Royce sein."
Daimler und Rolls-Royce wollen Tognum nach der Übernahme zu einem führenden Anbieter von Antriebssystemen ausbauen und vor allem in Schwellenländern expandieren. Daimler liefert der ehemaligen MTU Friedrichshafen jährlich Lkw-Motoren im Wert von mehreren hundert Millionen Euro und will sich mit der Übernahme auch einen wichtigen Absatzkanal sichern.
Quelle: ntv.de, rts