Wirtschaft

Frankreich wie eine "Zeitbombe"? Politik reagiert auf Moody's

Frankreichs Regierung hat große Reformpläne, aber die Ratingagenturen zweifeln an der Umsetzung.

Frankreichs Regierung hat große Reformpläne, aber die Ratingagenturen zweifeln an der Umsetzung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Moody's entzieht Frankreich den Status eines Spitzenschuldners und öffnet damit in der Schuldenkrise eine neue Flanke. Die Politik reagiert prompt: Frankreichs Regierung schiebt die Schuld den Vorgängern in die Schuhe. Bundesfinanzminister Schäuble spricht von einer "mahnenden Beurteilung".

Frankreichs Bonitäts-Herabstufung durch die Ratingagentur Moody's darf nach Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht überdramatisiert werden. Frankreich habe zwar von der Agentur "ein bisschen eine kleine mahnende Beurteilung" bekommen, sagte Schäuble. "Aber noch immer ist das Rating von Frankreich sehr stabil." Alle in Europa müssten ihrer Verantwortung gerecht werden. Im nächsten Jahr werde sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone jedoch noch schwach entwickeln.

Die Ratingagentur Moody's entzog Frankreich das wertvolle Spitzenrating "AAA" und begründete dies mit mangelnden Reformen. Die neue Einstifung lautet auf "AA1". Dies war nach einem ähnlichen Schritt von Standard & Poor's bereits erwartet worden. Damit wird Frankreich nur noch bei Fitch Ratings mit der Spitzennote geführt.

Ein schlechteres Rating kann die Geldbeschaffung am Kapitalmarkt verteuern. Viele Fonds investieren nur in Staaten mit zwei "AAA"-Bewertungen. Deswegen könnte der Moody's-Schritt Frankreich jetzt teuer zu stehen kommen.

"Vorgänger-Regierung trägt Schuld"

Für die französische Regierung ist die Herabstufung ein Rückschlag für ihre Bemühungen, Haushalt und Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Sie bekräftigte umgehend ihren Reformeifer und auch ihre Defizitprognose. "Ich betrachte diese Entscheidung als Einladung an die Regierung, bei den begonnenen Reformen zügig weiterzuarbeiten und sie auch auszuweiten", sagte Finanzminister Pierre Moscovici. Die Schuld für die schlechtere Kreditwürdigkeit sieht er bei der Politik der Vorgängerregierung.

Der Finanzminister wischte die Moody's-Kritik beiseite, dass die Regierung von zu optimistischen Prognosen für die Verschuldung ausgeht. Moscovici blieb dabei, dass der Haushalt für 2013 die Neuverschuldung bei 3 Prozent der Wirtschaftsleistung deckeln wird. Das Wachstumsziel für das nächste Jahr von 0,8 Prozent bekräftigte er ebenfalls. Er verwies darauf, dass die französischen Banken heute in einem besseren Zustand seien als vor einem Jahr.

Märkte bleiben ruhig

An den Märkten hat die Herabstufung Frankreichs zu keinen größeren Ausschlägen geführt, der Euro erholte sich zum Dollar sogar leicht zum Kurs von 1,28 Dollar je Euro. An der Pariser-Börse gaben die Aktien der französischen Großbanken nur leicht nach. "Die Nicht-Reaktion ist durchaus rational, denn in der Eurozone spielen Ratings nur noch eine begrenzte Rolle", sagte Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz.

Der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM sei so konstruiert worden, dass durch eine Herabstufung eines "AAA"-Landes das mögliche Kreditvolumen nicht mehr berührt werde. Beim vorläufigen Rettungsschirm EFSF sei das allerdings noch anders. "Das Anleiheprogramm der Europäischen Zentralbank ist aber sowieso unabhängig von den Ratings", sagte Karpowitz weiter.

Moody's-Schritt ist Eurogruppen-Thema

Der Commerzbank-Volkswirt steht damit im Widerspruch zu den Moody's-Analysten. Die Abstufung werde sehr wohl das Rating der Rettungsschirme ESM und EFSF berühren. "Frankreich ist ein Kernland der Rettungsfonds", erklärte Dietmar Hornung, der bei Moody's für Frankreich verantwortlich ist. Wie genau sich der Verlust der Spitzennotierung auswirken wird, konnte er aber auch noch nicht beziffern.

Zuletzt hatte das angesehene britische Magazin "The Economist" Frankreich als "Zeitbombe" im Herzen Europas bezeichnet. Auf der Frontseite waren mehrere von einer Frankreich-Fahne zusammengehaltene Baguettes zu sehen, in denen eine brennende Lunte steckte. Die Autoren warnten vor zu unambitionierten Zielen der sozialistischen Regierung von Präsident Francois Hollande - und dass sich die Investoren gegen das Land stellten.   

Die Moody's-Entscheidung dürfte auch beim Treffen der Finanzminister der Eurozone Thema sein. "Damit könnte sich die Refinanzierung von ESM und EFSF um ein paar Basispunkte verteuern", äußerte Dirk Gojny, Volkswirt der National-Bank in Essen. Im Juli hatte Moody's dem EFSF bereits einen schlechteren Ausblick erteilt und die derzeitige Note "AAA" infrage gestellt.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen