Börsianer hochgradig nervös Portugal macht Sorgen
04.02.2010, 20:06 UhrDie Finanzwelt richtet den Blick nach Portugal. Nach Griechenland hat auch das südwesteuropäische EU-Land mit einem hohen Defizit zu kämpfen. Die Regierung will das Problem entschieden angehen. Allerdings tobt Lissabon darüber ein heftiger Streit. Europas Börsen verzeichnen zum Teil massive Abschläge.

Fernando Teixeira dos Santos will das hohe Defizit seines Landes mit entschiedenen Schritten bekämpfen.
(Foto: REUTERS)
Die Furcht vor einem Staatsbankrott in der Euro-Zone greift weiter um sich. Nach Griechenland richten die Finanzmärkte ihr Augenmerk zunehmend auf Portugal. Die Regierung in Lissabon kündigte zwar im Kampf gegen das Haushaltsdefizit entschlossene Schritte an. Börsianer schenkten den Versprechungen jedoch offenbar nur wenig Glauben.
In Lissabon stürzte der portugiesische Aktienindex um fünf Prozent ab und erlebte damit die herbsten Verluste seit der Lehman-Pleite im September 2008. Für den Kauf portugiesischer Staatsanleihen verlangten Anleger einen so hohen Risikoaufschlag wie nie zuvor; der Euro fiel erstmals seit Juni unter 1,38 Dollar. Auch die spanische Börse stürzte um sechs Prozent ab. In Frankfurt fiel der Dax um 2,4 Prozent auf 5533 Punkte.
Der Plan seines Landes werde nicht weniger ehrgeizig sein als der Griechenlands, sagte Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos. "Die Maßnahmen müssen wirksam und glaubwürdig sein, und wir machen das so." Allerdings könnten Pläne der Opposition, autonomen Provinzen mehr Geld zur Verfügung zu stellen, zu Turbulenzen führen und die Möglichkeiten der Regierung für einen rigiden Sparkurs einschränken.
Unterdessen ist zwischen Regierung und Opposition ein heftiger Streit um die Pläne entbrannt, die autonomen Provinzen stärker zu unterstützen. Sollte sich die Opposition durchsetzen, kämen auf Portugal höhere Ausgaben zu - in einer Zeit, in der das Land ohnehin mit Finanzengpässen kämpfen muss. 2009 häufte Portugal ein Haushaltsdefizit von 9,3 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Die Regierung will es bis 2013 unter drei Prozent senken. Details zum Sparprogramm sollen in den kommenden beiden Wochen vorgelegt werden. Ratingagenturen hatten sich aber skeptisch geäußert und mit Herabstufungen gedroht.
IWF will Griechen helfen
Indes stoßen Griechenlands Sparpläne bei EZB-Präsident Jean-Claude Trichet auf Zustimmung. "Wir erwarten jetzt, und sind zuversichtlich, dass die griechische Regierung alle Entscheidungen trifft, die nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen", sagte er nach der regulären Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt. "In diesem Zusammenhang sind die Maßnahmen, die eingeleitet wurden, Schritte in die richtige Richtung, besonders ... das Einfrieren der Löhne im öffentlichen Dienst und die Rentenreform."

Griechenland kommt nicht zur Ruhe: Bauern blockieren die Zufahrt des Flughafens von Thessaloniki.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Griechenland wies 2009 ein Haushaltsloch von 12,7 Prozent des BIP auf und peilt 2,8 Prozent bis 2012 an. Im Kampf gegen die rekordhohe Staatsverschuldung muss sich Griechenland einer strengen Haushaltskontrolle durch die EU unterwerfen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) bot Griechenland seine Hilfe an. "Aber ich habe volles Verständnis für die Europäer, die dieses Problem zunächst selbst lösen wollen", sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Zugleich mahnte er harte Sparmaßnahmen an. Kein Land solle der Illusion anhängen, durch die Krise zu kommen, ohne den Preis zu zahlen. Die griechische Regierung hatte bereits IWF-Experten um Rat gebeten. Ein IWF-Team war im Januar mit Finanzminister Giorgos Papakonstantinou zusammengekommen, um über die Haushalts-, Ausgaben- und Steuerpolitik des Landes zu debattieren.
Finanzbeamte im Streik
Papakonstantinou rechnet trotz der schwierigen Lage damit, dass sich Griechenland aus der Rezession befreien kann. Ab Jahresmitte werde mit Wachstum gerechnet, sagte er der "Financial Times". Ungeachtet der harten Sparmaßnahmen werde die Wirtschaft im Gesamtjahr nur um 0,3 Prozent schrumpfen.
Die Regierung in Athen stößt mit ihrem Sparkurs aber auf erbitterten Widerstand in der Bevölkerung. Aus Protest gegen die Einschnitte legten Finanzbeamte ihre Arbeit nieder. "Wir wollen keine Bettler werden", sagte ein Gewerkschaftsführer. Für 10. Februar haben Beschäftigte des öffentlichen Dienstes einen weiteren Streik angekündigt, am 24. Februar wollen Privatbeschäftigte folgen.
Quelle: ntv.de, wne/rts