Wirtschaft

Mindestlohn rechtswidrig Post-Konkurrenz siegt

Die Konkurrenten der Deutschen Post gewinnen ihren Rechtsstreit gegen die Deutsche Post auch in letzter Instanz. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte den Post-Mindestlohn für rechtswidrig, Grund sei ein schlichter Verfahrensfehler. Den könne man aber heilen, gibt sich die Gewerkschaft Verdi kämpferisch.

Die Konkurrenz dreht der Deutschen Post eine Nase

Die Konkurrenz dreht der Deutschen Post eine Nase

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Geklagt hatten mehrere private Konkurrenten der Deutschen Post wie die PIN Mail AG und TNT sowie ein Arbeitgeberverband. Sie wehrten sich damit gegen eine Verordnung, die den Mindestlohn auf die gesamte Branche ausweitete.

Der Mindestlohn für Briefträger zwischen 8,00 und 9,80 Euro pro Stunde war zwischen dem von der Deutschen Post dominierten Arbeitgeberverband Postdienste und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Ende 2007 ausgehandelt und von der früheren Bundesregierung 2008 für allgemeinverbindlich erklärt worden.

Beim Erlass der entsprechenden Verordnung habe das Bundesarbeitsministerium gravierende Verfahrensfehler begangen, entschied das Bundesverwaltungsgericht nun in Leipzig. Die Kläger seien in ihren Beteiligungsrechten verletzt worden. Ihnen sei nicht ausreichend Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gegeben.

"Formfehler heilen"

Das Ministerium kündigte an, Konsequenzen ziehen zu wollen, sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen. Die Gewerkschaft Verdi forderte das Ministerium auf, den Formfehler zu "heilen". "Das ist mit einer erneuten Verordnung ohne weiteres möglich", sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis. "Durch die Entscheidung ist der Post-Mindestlohn nicht aufgehoben", betonte sie.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Kurier-Express-Postdienste (BdKEP), Rudolf Pfeiffer, erklärte nach der Urteilsverkündung: "Die Rechtsverordnung bleibt weiterhin nichtig, und damit gibt es keinen Post-Mindestlohn." Das gilt allerdings nur für die Kläger - darunter die niederländische TNT und PIN Mail -, und auch nicht langfristig. Die bemängelte Verordnung läuft ohnehin am 30. April aus. Wie es danach mit dem umstrittenen Mindestlohn weitergeht, ist offen. Auch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz wurde zwischenzeitlich geändert.

Die privaten Post-Konkurrenten hatten immer argumentiert, das Niveau des Mindestlohns sei für sie existenzgefährdend. Sie hatten mit der Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste einen eigenen Mindestlohn von 6,50 Euro (Ost) und 7,50 Euro (West) vereinbart. Ihr Argument, dieser Tarifvertrag dürfe nicht einfach mit der Post-Mindestlohnverordnung "weggewischt" werden, spielte vor dem Bundesverwaltungsgericht letztlich keine Rolle mehr.

Die höchstrichterliche Entscheidung sei "ein eindeutiger Sieg für den Wettbewerb in der Brief- und Zustellbranche", erklärte Florian Gerster, Präsident des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (AGV-NBZ), in Berlin. "Das heutige Urteil ist eine gute Nachricht, auch für unsere Mitarbeiter, Kunden und Partner", sagte die Sprecherin der TNT Post Deutschland, Jeannine Böhrer- Scholz.

Analysten gelassen

Doch der gelbe Riese bleibt weiter der Platzhirsch auf dem Markt.

Doch der gelbe Riese bleibt weiter der Platzhirsch auf dem Markt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die von den Post-Konkurrenten oft hitzig geführte Diskussion um den Mindestlohn wurde von Branchenexperten gelassener gesehen – so auch jetzt. Experten glauben, dass die Folgen der heutigen Entscheidung wenig dramatisch für den Bonner Konzern sind, der neun von zehn Briefen in Deutschland transportiert. Eine mögliche Aufhebung der der Lohnuntergrenze "verbessert nicht die finanzielle Lage von Wettbewerbern wie TNT und Partnern - aber er führt auch nicht zu einer weiteren Verschlechterung", urteilen etwa die Analysten von Sal. Oppenheim. Es bleibe extrem schwierig, im deutschen Briefmarkt Werte zu schaffen.

Experten der Commerzbank erwarten ein nur langsames Anwachsen des Wettbewerbs. Denn viele Wettbewerber umgehen bereits seit Langem die vereinbarten Lohnuntergrenzen von 9,80 Euro die Stunde für Zusteller und berufen sich dabei auf ihre Haustarifverträge. Der größte Post-Konkurrent in Deutschland, TNT Post, zahlt nach eigenen Angaben im Durchschnitt einen Basislohn von 7,60 Euro die Stunde für seine rund 5.000 Zusteller. TNT Post rangiert damit dank eines Haustarifvertrags deutlich unter den Lohnuntergrenzen. Die Post selbst wiederum zahlt für Tarifangestellte deutlich mehr, als der ausgehandelte Mindestlohn vorsieht. Der Durchschnittslohn für die Briefträger der Post liegt der Gewerkschaft Verdi zufolge im Mittel bei 13,07 Euro die Stunde. Allein zwischen Post-Durchschnittslohn und Mindestlohn liegen also deutliche Lohnkostenvorteile selbst für Post-Konkurrenten, die sich an die Lohnuntergrenzen halten, argumentiert Verdi.

TNT Post schreibt nach Schätzungen der Analysten jährliche Verluste von rund 50 Mio. Euro - trotz der deutlich unter den Mindestlöhnen liegenden Vergütungen der Zusteller. Der Ableger des niederländischen Postriesen hatte sich jüngst mit Zeitungsverlegern verbündet, um die Post im lukrativen Geschäftskunden-Segment anzugreifen. Der Briefmarkt bleibe für Wettbewerber der Post aber wenig attraktiv, schreiben Analysten. Zudem sinken die Briefmengen in Deutschland, der zu verteilende Kuchen wird nicht größer. Und die Post hat bereits eine Billig- Tochter gegründet, um möglichen neuen Konkurrenten die Stirn bieten zu können.

Die Vormachtstellung der Post zeigen auch Zahlen der Bundesnetzagentur. 2008 kamen die Wettbewerber des Bonner Platzhirschs im Briefmarkt auf einen Anteil von 10,4 Prozent, für 2009 erwartet der Regulierer einen Anteil von 11,8 Prozent. Die Monopolkommission beklagt die Marktdominanz der Post und setzt nun wie die Post-Konkurrenten auf ein Ende des Umsatzsteuerprivilegs der Post, das ihr einen Kostenvorteil von fast 19 Prozent gegenüber Wettbewerbern bringe. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin will das Privileg erklärtermaßen beschneiden. Doch auch dann müssen möglicherweise Richter für eine letzte Klärung sorgen. Die Post hatte mehrfach Änderungen an den Plänen ihres Aktionärs Bund angemahnt - und will notfalls gegen sie vor Gericht ziehen.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP

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