Wirtschaft

Von Springer bis Berlusconi ProSiebenSat.1 vor Verkauf?

ProSiebenSat.1 drückt ein enormer Schuldenberg. Die Quartalsergebnisse stimmen aber wieder. Der Zeitpunkt für einen Ausstieg der beiden Finanzinvestoren KKR und Permira scheint daher günstig. Er könnte aber äußerst problematisch werden.

Entertainer Stefan Raab ist mit seinen Shows eines der Zugpferde des ProiebenSat.1-Konzerns.

Entertainer Stefan Raab ist mit seinen Shows eines der Zugpferde des ProiebenSat.1-Konzerns.

(Foto: picture alliance / dpa)

Europas zweitgrößter Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 steht so gut da wie seit Jahren nicht. Im dritten Quartal 2010 wartete der MDax-Konzern beispielsweise mit einem Gewinnsprung auf. Das operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) verbesserte sich binnen Jahresfrist um zwei Drittel auf 154,9 Mio. Euro. Unter dem Strich konnte das Münchner Unternehmen einen Überschuss von 32 Mio. Euro verbuchen nach 12,7 Mio. Euro Verlust im Vorjahreszeitraum, wie die Sendergruppe mitteilte. Die guten Geschäfte seien insbesondere den höheren TV-Werbeerlösen im wichtigsten ProSiebenSat.1-Markt Deutschland zu verdanken, hieß es.

Ähnlich wie der Erzrivale RTL Group profitiert auch ProSiebenSat.1 nach einer tiefen Krise davon, dass Industrie und Handel wieder wesentlich mehr Geld für TV-Werbespots ausgeben. Insgesamt wuchs der Konzernumsatz um zwölf Prozent auf 627 Mio. Euro. Den kompletten Zwischenbericht will das von den beiden Finanzinvestoren KKR und Permira kontrollierte Unternehmen am 11. November veröffentlichen.

Freude sieht anders aus

Die Eigentümer haben also nach langer Durststrecke endlich wieder Grund zur Freude. Eigentlich. Denn die beiden Investoren wollen die Sendergruppe verkaufen, solange die Werbekonjunktur läuft. Dieses Unterfangen aber dürfte sich als schwierig erweisen, denn Käufer sind rar. "Der Ausstieg wird alles andere als einfach", sagt eine mit den Planungen vertraute Person. Das Hauptproblem: Ein Verkauf an einen anderen Medienkonzern dürfte am Kartellrecht oder politischen Bedenken scheitern.

Das macht einen Börsengang zur wahrscheinlichsten Variante - wenn der Markt mitspielt. Beschlossen ist den Insidern zufolge noch nichts, KKR und Permira spielen derzeit alle Szenarien durch. Das Thema könnte in der ersten Hälfte des nächsten Jahres heiß werden, sagt ein Unternehmenskenner.

Springer oder RTL?

Die Liste der potenziellen Käufer aus der Medienbranche ist übersichtlich. Denn ProSiebenSat.1 ist eine große Nummer: knapp drei Mrd. Euro Umsatz, 5000 Mitarbeiter und ein Drittel TV-Marktanteil in Deutschland. Eine Übernahme können deshalb nur wenige stemmen. Und die, die können, dürfen nicht. So waren sich Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und der damalige ProSiebenSat.1-Eigner Haim Saban vor fünf Jahren schon handelseinig - bis der Verlag ("Bild", "Welt") vom Bundeskartellamt zurückgepfiffen wurde. Dessen Argument, dass die beiden Firmen zusammen auf dem deutschen Medienmarkt zu mächtig geworden wären, wurde im Juni vom Bundesgerichtshof bestätigt. Noch weniger spricht für den ewigen Rivalen RTL Group. Der europäische Privatfernseh-Marktführer würde von den Wettbewerbsbehörden niemals grünes Licht bekommen, sind sich TV-Manager sicher.

Berlusconi oder Murdoch?   

Auch ausländische Investoren dürfen sich kaum große Chancen ausrechnen. Jeder Schritt, den die Medienunternehmer Rupert Murdoch - mit seinem Bezahlsender Sky bereits auf dem deutschen TV-Markt vertreten - oder Silvio Berlusconi in Deutschland bislang unternommen haben, wurde von deutschen Politikern mit Argusaugen verfolgt. Als beispielsweise Berlusconi nach der Abfuhr für Springer zeitweise ein Auge auf ProSiebenSat.1 geworfen hatte, warnten Politiker von CDU/CSU und SPD umgehend vor einem Qualitätsverfall im hiesigen Fernsehen und forderten neue Regeln.

"Zweiter“ Börsengang?   

ProSiebenSat.1-Vorstandschef Ebeling: Unter seiner Ägide schrumpfte die Mitarbeiterzahl. Der Aktienkurs kletterte dagegen deutlich.

ProSiebenSat.1-Vorstandschef Ebeling: Unter seiner Ägide schrumpfte die Mitarbeiterzahl. Der Aktienkurs kletterte dagegen deutlich.

(Foto: picture alliance / dpa)

KKR und Permira hätten deshalb eine ganz andere Lösung im Blick, sagten mit der Situation vertraute Personen. Die Finanzinvestoren könnten ihre Stammaktien, mit denen sie das Unternehmen kontrollieren, an die Börse bringen. Zwar ist der Medienkonzern bereits an der Börse und auch im Nebenwertindex MDax gelistet, aber lediglich mit seinen Vorzugs-Anteilsscheinen. Deren Besitzer bekommen eine etwas höhere Dividende, haben aber im Unternehmen kaum etwas zu melden, da ihre Aktien nicht stimmberechtigt sind.

KKR und Permira hatten vor vier Jahren insgesamt gut drei Mrd. Euro für 88 Prozent der Stämme auf den Tisch gelegt - je Stammaktie 28,71 Euro. Nicht alle Anteile müssten an die Börse, eine Minderheit könnte bei einem Ankeraktionär geparkt werden, der die Titel länger halten will, heißt es.

ProSiebenSat.1
ProSiebenSat.1 7,65

Auf jeden Fall haben die beiden Private-Equity-Firmen das Börsendebüt von Kabel Deutschland in diesem Jahr, bei dem ebenfalls ein Finanzinvestor groß Kasse gemacht hat, sehr aufmerksam beobachtet. Der Zeitpunkt zum Ausstieg scheint günstig: Nachdem die Vorzugsaktien im März 2009 - auf dem Höhepunkt der jüngsten Wirtschaftskrise - zeitweise weniger als einen Euro kosteten, steht ihr Kurs nun bei rund 20 Euro.

 Schuldenstand als Zukunftsbremse  

Die Idee ist für KKR und Permira auch aus anderen Gründen verlockend: Die häufig als "Heuschrecken" gescholtenen Firmen könnten mit einem erfolgreichen Börsengang eines der größten Fernsehkonzerne ihren Ruf aufpolieren. "Damit könnten sie zeigen, wie toll ihr Investment funktioniert hat", sagt der ProSiebenSat.1-Kenner. Schließlich wollen KKR und Permira in Deutschland noch weitere Geschäfte machen und keine verbrannte Erde hinterlassen. So mussten die Firmen heftige Kritik einstecken, als sie sich für das Geschäftsjahr 2007 auf Kosten von ProSieben Ausschüttungen von 270 Mio. Euro genehmigt hatten - das dreifache des damaligen Gewinns. Die Finanzgesellschaften haben dem Konzern zuvor schon über drei Mrd. Euro Schulden aufgebürdet. Bis heute ist unklar, wie die Verbindlichkeiten jemals abgebaut werden sollen.

Quelle: ntv.de, bad/rts

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