Wirtschaft

"Jeder macht Fehler" Prokon-Chef erntet Beifall

Beantwortet Fragen: Carsten Rodbertus

Beantwortet Fragen: Carsten Rodbertus

(Foto: dpa)

Es ist ein erstaunlicher Auftritt. Vor zahlreichen Angestellten, in einer mit Turbinenteilen bestückten kargen Werkshalle, spricht Prokon-Chef Carsten Rodbertus über den Insolvenzantrag des Unternehmens - und erntet tosenden Applaus.

Carsten Rodbertus sieht nicht aus wie ein Mann, der vor etwa 24 Stunden einen Insolvenzantrag stellen musste, weil er sein Unternehmen möglicherweise gegen die Wand gefahren hat. Mit blauer "Prokon"-Windjacke agiert er auf der Pressekonferenz am Firmensitz in Itzehoe stattdessen wie ein Politiker, der gekonnt eine Wahlniederlage schönredet.

Zu dieser Wirkung trägt bei, dass er gelegentlich von donnerndem Applaus unterbrochen wird. Der kommt von den zahlreichen Mitarbeitern, die sich offensichtlich Mut machen wollen. Wer will ihnen das verdenken? Sie jubeln, als Rodbertus in bester Wahlkämpfer-Manier zuerst seinen Dank ausspricht. Er dankt den Mitarbeitern für ihren unermüdlichen Einsatz und den Investoren für ihr Vertrauen. 65 Prozent von ihnen hätten sich an der Online-Abstimmung beteiligt und die Frage beantwortet, ob sie an ihren Genussrechten festhalten. Das sei verglichen mit Bundestags- und Landtagswahlen doch ein gutes Ergebnis.

Das mag sein. Weniger gut ist allerdings, dass sich viel zu wenig Anleger entschieden, ihre Genussrechte nicht zu kündigen. Deshalb steht auch der Mann im Anzug neben Rodbertus. Er heißt Dietmar Penzlin und ist der vorläufige Insolvenzverwalter. Der versichert, dass eine Fortführung des Kerngeschäfts in der Windenergie durchaus möglich sei. Er werde alles für die Weiterführung des Unternehmens tun. Zunächst werde die Liquiditätslage geprüft. "Da sind wir nach den ersten 24 Stunden, soweit man das schon sagen kann, auf einem guten Weg." Und er überrascht: Möglicherweise ist Prokon gar nicht insolvent. Das hänge von der rechtlich sehr schwierigen Frage ab, ob das fällige Genussscheinkapital von Anlegern als Forderung berücksichtig werden müsse oder nicht.

Wie geht es weiter?

Dennoch bleibt die Zukunft von Prokon ungewiss. Die Fragen nach Schuld und Verantwortung wischt Rodbertus wie jeder gescheiterte Herausforderer am Ende eines enttäuschenden Wahltags beiseite. Viel zu früh sei es, um das zu beantworten, betont er und setzt auf intensive Ursachenforschung. Aber weitermachen wolle er schon. Ob er Fehler begangen habe, will ein Journalist wissen. "Jeder macht Fehler", lächelt Rodbertus. "Am Ende des Tages zählt, ob man mehr richtig als falsch gemacht hat."

Insgesamt 37 Minuten stellt sich Rodbertus den Medienvertretern. Das ist deshalb bemerkenswert, weil er auf die Zunft nicht gut zu sprechen ist, Presseanfragen beantwortet die Firma nach negativen Berichten seit geraumer Zeit nicht mehr. Doch nun macht er eine Ausnahme – er ist ja schließlich auf einer Pressekonferenz. Ja, es werde Änderungen geben, kündigt Rodbertus an. Konkreter wird er nicht, das sei hier nicht der Ort, um darüber zu reden. Er werde mit den Mitarbeitern diskutieren, vielleicht wird es einen Beirat von Anlegern geben.

Dass er viele der 75.000 Investoren ernsthaft geschädigt haben könnte, auf diesen Gedanken scheint Rodbertus nicht zu kommen. Er räumt zwar ein, es sei durchaus ein Fehler gewesen, langfristige Investoren mit kurzfristig kündbarem Kapital zu finanzieren. Aber das haben ja auch schon ganz andere gemacht, rechtfertigt er sich. Damit hat er durchaus recht, doch sind die Hypo Real Estate und einige Offene Immobilienfonds nicht unbedingt Paradebeispiele erfolgreicher Unternehmensfinanzierung.

Die meisten der Prokon-Anleger seien alt und deshalb an kurzfristiger Rendite interessiert, sagt Rodbertus zum Schluss. Darum habe er ihnen mit den Genussscheinen doch einen Gefallen getan. Diese Meinung dürften nicht alle Investoren teilen.

Quelle: ntv.de

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