Wirtschaft

Ärger zwischen Regierung und Enders "Proporzspiele" bei Airbus

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Hochsensibel wie die Produkte: Airbus und EADS.

Der EADS-Konzern ist seit seiner Gründung ein hochsensibles Gebilde, in dem die deutschen und französischen Anteilseigner penibel genau auf Ausgewogenheit und Machtbalance achten. Nun befürchtet Deutschland aber, bei der EADS-Tochter Airbus ins Hntertreffen zu geraten. Ein simpler Brief sorgt für große Aufregung.

Die Bundesregierung befürchtet, dass Deutschland wegen der Pläne des designierten EADS-Chefs Tom Enders bei Europas führendem Flugzeugbauer Airbus ins Hintertreffen gerät. Der Regierungskoordinator für die Luftfahrtbranche, Peter Hintze, forderte in einem Brief an Enders, der derzeit an der Spitze der EADS-Tochter Airbus steht, für Deutschland einen fairen Anteil an der Forschung, Entwicklung und industriellen Produktion ein. Zudem sollten bei der Besetzung der obersten Hierarchieebenen im Airbus-Management Deutsche gleichermaßen zum Zuge kommen wie Franzosen. Airbus reagierte verärgert. "Die in dem Brief enthaltenen Forderungen weisen wir mit Nachdruck zurück", sagte Airbus-Sprecher Rainer Ohler. "Balance- und Proporzspiele wird es bei Airbus nicht geben".

Der Streit hat auch deshalb Brisanz, weil derzeit Gespräche über eine deutsche Staatsbeteiligung an der Airbus-Mutter EADS über die Förderbank KfW durch Übernahme eines Aktienpakets vom Autobauer Daimler laufen. Damit gewinnen die Äußerungen Hintzes als Vertreter des möglichen EADS-Großaktionärs Deutschland noch an Gewicht. Andererseits steht Enders, der Mitte des Jahres an die Spitze des Luft- und Raumfahrtkonzerns rückt, für ein Zurückdrängen des Staatseinflusses sowie für straffere Strukturen und betriebswirtschaftliche Effizienz im Unternehmen. Das Verhältnis zwischen Enders und Hintze gilt seit längerem als belastet.

"Verlängerte Werkbank"

Die Bundesregierung und Hintze wollten die Existenz des Schreibens mit Hinweis auf die Vertraulichkeit der Korrespondenz nicht bestätigen. Allerdings tat dies Airbus mit seiner Reaktion indirekt, wenn auch ohne Details zu nennen. Das "Handelsblatt" zitierte aus dem Schreiben Hintzes. "Mit großer Sorge betrachtet die Bundesregierung die Konzentration und Zentralisierung von Kompetenzen im Bereich der Forschung und Entwicklung in der Konzernzentrale in Toulouse, die in erheblichem Maße zum bestehenden Ungleichgewicht beigetragen hat", hieß es darin. Dadurch sieht Hintze die Gefahr, dass deutsche Standorte zur verlängerten Werkbank zu verkommen drohen.

Es sei inakzeptabel, dass im Gegenzug zu rückzahlbaren deutschen Staatsdarlehen für die Entwicklung des Langstreckenflugzeugs A350XWB Airbus-Standorte hierzulande nicht wie zugesagt gestärkt worden seien, beklagte Hintze demnach. Er forderte eine "Umkehr dieses Trends". Um solche Entwicklungen künftig zu verhindern, verlangte er zudem, eine "paritätische Stellenbesetzung" durch Deutsche und Franzosen auf den "obersten fünf Hierarchieebenen" anzustreben.

Airbus reagierte erbost. "Der Brief ist keine Grundlage für Gespräche mit Herrn Hintze", sagte Airbus-Sprecher Rainer Ohler. Hintze dagegen unterstrich seine Position. "Ich setze mich für einen fairen Anteil Deutschlands an Forschung, Entwicklung und industrieller Produktion bei Airbus ein", sagte er Reuters. Das sei auch zum Wohle des gesamten Unternehmens.

Sensibles Gebilde

Die Bundesregierung befürchtet, durch die Konzentration vieler strategischer Airbus-Bereiche in Frankreich, von den wirtschaftlichen Früchten und dem Technologietransfer bei Airbus nur unzureichend zu profitieren. Ursprungsidee bei der Gründung von EADS und Airbus als vornehmlich deutsch-französisches Unternehmen war es seinerzeit, einen gemeinsamen Konzern zu schaffen, der es mit dem US-Flugzeugbauer Boeing aufnehmen kann. Dabei wollte man auf beiden Seiten gleichermaßen technologischen und wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen. Inzwischen aber beklagt Deutschland, dass es dabei zunehmend hinter Frankreich zurückfällt. Das gelte nicht nur für die Zahl der Arbeitsplätze, sondern auch für technologische Kompetenzen.

Der EADS-Konzern ist seit seiner Gründung ein hochsensibles Gebilde, in dem die deutschen und französischen Anteilseigner penibel genau auf Ausgewogenheit und Machtbalance achten. Derzeit ist der deutsche Staat im Gegensatz zu Frankreich selbst nicht Aktionär bei EADS - abgesehen von einem Mini-Anteil, den die KfW hält. Der Großteil der deutschen Beteiligung entfällt  auf den Daimler-Anteil von derzeit 15 Prozent. Der Stuttgarter Autobauer will sich aber von dem Aktienpaket trennen, und Deutschland ist aktuell dabei, über die KfW die Hälfte davon zu übernehmen. Darüber hinaus trägt Deutschland über das Instrument von bedingt rückzahlbaren Darlehen zu neuen Airbus-Flugzeugentwicklungen bei.

Quelle: ntv.de, rts

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