Inside Wall Street Pulitzerpreis und Pleitegeier
21.04.2009, 18:00 UhrTurbulente Zeiten bei der New York Times. Am Montag gewannen Journalisten des renommierten Blattes fünf Pulitzerpreise und feierten damit das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte der Zeitung. Am Dienstag gab das Management einen Millionenverlust bekannt und machte erneut klar, dass man - wie der Rest der Branche - in einer existenziellen Krise steckt.
Die New York Times hat im vergangenen Quartal einen Verlust von 52 Cent pro Aktie eingefahren. Der Umsatz ist um 18 Prozent eingebrochen, der Umsatz mit Anzeigen sogar um 27 Prozent. Bei der Konkurrenz sieht es ähnlich aus. Dem Verlagshaus Gannett, in dem die US-weite Tageszeitung USA Today erscheint, sind die Anzeigen sogar um 30 Prozent eingebrochen.
Die Zeitungen auf Umsatzseite vor allem unter zwei Faktoren. Seit Jahren geht das Geschäft mit Kleinanzeigen dramatisch zurück, da Unternehmen und Privatleute zunehmend bei Google oder auf speziellen Webseiten wie Craigslist inserieren. Großformatige Anzeigen sind indes rückläufig, seit die USA in einer tiefen Rezession stecken und die Unternehmen an allen Ecken und Enden Kosten senken. Dass die meisten ganzseitigen Anzeigen in der Vergangenheit aus dem Automobilsektor kamen, macht die Lage noch schlimmer; bei GM, Ford und Chrysler hat man momentan andere Sorgen, als neue Modelle für fünfstellige Beträge in Zeitungen zu hieven, deren Leserschaft rückläufig ist.
Das wiederum ist ein weiteres Problem für die Verlage. Seit immer mehr Kontent schnell und kostenlos im Internet verfügbar ist, gehen die Leserzahlen zurück. Zumal sich das Internet immer mehr auf den Leser hin entwickelt hat und diesen mittlerweile sogar als Quelle oder selbständigen Reporter nutzt.
In regierungsnahen Kreisen wird mittlerweile bereits über einen Bailout nachgedacht, über Milliardenspritzen, mit denen die Zeitungen vor dem Aussterben gerettet werden sollen. Das liegt nahe, denn neben der New York Times sind auch andere Pulitzer gekrönte Blätter am Boden, darunter die Los Angeles Times, die Detroit Free Press, die seit einiger Zeit nicht mehr täglich, sondern nur noch zweimal wöchentlich erscheint, und der Miami Herald, der bereits zum Verkauf steht. Banken und Autoherstellern hat man in dieser Situation geholfen - warum nicht auch den Zeitungen?
Weil deren Funktion im Staat anders ist als die eines normalen Unternehmens. Die Presse gilt in den USA wie auch in Europa als vierte Gewalt im Staate, und ein direkter Einstieg der Regierung bei Organen, die kritisch über die Mächtigen berichten sollen, kann nur Interessenskonflikte mitbringen. Die Vergabe der Pulitzerpreise hat das gezeigt: Zwei Medaillen gab es allein für die Aufdeckung von Sexskandalen, über die letztlich der New Yorker Gouverneur Eliot Spitzer und der Bürgermeister von Detroit, Kwame Kilpatrick, stürzten. Weitere Preise gab es unter anderem für Kriegsberichterstattung, wo ebenfalls eine neutrale Haltung notwendig ist.
Die Regierung weiß um die Konflikte und wird sich hüten, Geldspritzen für die Branche zu verabschieden. Man wird es den Verlagen überlassen, sich selbst zu retten, und die müssen sich etwas einfallen lassen. Erste Ansätze gibt es: die Verlage bitten etwa um eine Senkung der Portogebühren für den Zeitungsversand mit dem staatlichen Postdienst und darum, Zeitungsabonnements von der Steuer absetzen zu können.
Quelle: ntv.de