Wirtschaft

Ex-Bahnchef am Pranger Ramsauer attackiert Mehdorn

Nagende Gedanken am Bahnsteig: Zählen Fernbusse zur deutschen Verkehrskultur?

Nagende Gedanken am Bahnsteig: Zählen Fernbusse zur deutschen Verkehrskultur?

(Foto: picture alliance / dpa)

Verkehrsminister Ramsauer verspricht den Bahnkunden bessere Zeiten. Als Sündenbock für die Pannenserie bei der Deutschen Bahn soll der alte Vorstand um Ex-Bahnchef Mehdorn herhalten. Doch der wehrt sich gegen die Vorwürfe. In der FDP denken die Verkehrspolitiker unterdessen über einen Börsengang zweiter Klasse nach.

Hartmut Mehdorn: An allem schuld?

Hartmut Mehdorn: An allem schuld?

(Foto: REUTERS)

Nach den Pannen und dem Winter-Chaos bei der Deutschen Bahn plant Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) einen Kurswechsel und geht erneut mit dem früheren Bahn-Management hart ins Gericht. "Der Investitionsstau lässt sich nicht von heute auf morgen aufholen", sagte Ramsauer dem "Hamburger Abendblatt". Es sei erstaunlich, "wie dieses System in der Zeit vor Vorstandschef Grube und mir auf Kante gefahren wurde." Ramsauer spielte damit auf die Amtszeit von Grube-Vorgänger Hartmut Mehdorn an.

Der frühere Bahnchef Mehdorn wies die Verantwortung für die Pannenserie bei der Bahn im Gespräch mit einem anderen Blatt zurück. "Von Kaputtsparen kann keine Rede sein"", sagte Mehdorn der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) auf die Frage nach einer persönlichen Verantwortung für das Winter-Chaos. "Mein Vorstand hat die Bahn nicht kaputtgespart, wir haben sie saniert."

Will Rad und Schiene wieder verbinden: Peter Ramsauer.

Will Rad und Schiene wieder verbinden: Peter Ramsauer.

Für die anhaltenden Probleme gab Mehdorn dem Wetter und der Politik die Schuld: "Die Bahn-Infrastruktur ist unterfinanziert. Der zuständige Bund hat keine Mittel, um in das Schienennetz zu investieren." Kritiker wie Ramsauer halten Mehdorn vor, er habe die Bahn für den geplanten Börsengang durch Investitionen in den Bereich Logistik aufgepäppelt, dafür das Schienennetz vernachlässigt und zu viele Stellen abgebaut. Mehdorn hatte seinen Posten nach zehn Jahren an der Spitze der Bahn räumen müssen.

Sein Auftrag aus der Politik sei es gewesen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bekommen, erklärte der frühere Bahnchef der Sonntagszeitung. "Mit Börsengang hat das gar nichts zu tun, das wird von einigen Ideologen vorgeschoben und ist falsch." In diesem Zusammenhang stritt Mehdorn auch die Verantwortung für das derzeitige Chaos bei der Berliner S-Bahn ab. "In keine andere S-Bahn wurde mehr investiert", sagte Mehdorn der "FAS". Die Probleme mit den Zügen hätten Zulieferer zu verantworten.

"Mehdornsche Großmannssucht"

Unter dem Druck der Öffentlichkeit will Ramsauer nun mit mehreren Maßnahmen eine Wiederholung der Pannenserie verhindern. Erstens werde der Bund wie bekannt in diesem Jahr 3,9 Mrd. Euro in Züge, Gerät und Personal bei der Bahn investieren, kündigte der Bundesverkehrsminister an. Zweitens wolle er die vielfach kritisierte Trennung von Schienennetz und Fahrbetrieb auf den Prüfstand stellen. "Diesen Aspekt lasse ich jetzt genau unter die Lupe nehmen", sagte er der Zeitschrift "Super Illu". Er habe den Eindruck, dass hier "aus ideologischen Gründen" funktionierende Strukturen zerschlagen worden seien.

Neue Pläne für die Bahn: Kunden und Mitarbeiter horchen auf.

Neue Pläne für die Bahn: Kunden und Mitarbeiter horchen auf.

Einem Bericht des "Spiegel" zufolge will Ramsauer zunächst sicherstellen, dass die Gewinne aus sogenannten Trassenentgelten der Bahntochter DB Netz künftig ausschließlich in die Schieneninfrastruktur investiert und nicht in andere Bereiche umgeleitet werden. Darüber werden derzeit mit der Deutschen Bahn verhandelt. "Das wollen wir jetzt umsetzen", sagte Dirk Fischer (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, dem "Tagesspiegel am Sonntag". Auch der Koalitionspartner FDP unterstütze dies.

Zwei Arten von Chaos

Ramsauer verwahrte sich gegen den Eindruck, die Deutsche Bahn habe die Verspätungen und Zugausfälle im Dezember vollständig auf ihre eigene Kappe zu nehmen. "Es gab bei der Bahn winterbedingtes Chaos, es gab aber sicher auch vermeidbares Chaos", sagte der CSU-Politiker der "Super Illu". Die Strenge dieses Winters grenze jedoch an höhere Gewalt.

Einem noch unveröffentlichten Winterbericht aus Ramsauers Ministerium zufolge war knapp ein Drittel der Personenzüge im Dezember verspätet, berichtet der "Spiegel". Der Direktor des Schweizer Bundesamtes für Verkehr, Peter Füglistaler, kann die deutschen Probleme nicht nachvollziehen: "Es kommt weniger auf das Wetter an als auf die richtige Vorbereitung, die Organisation und vor allem die Ressourcen", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag".

Verkürzter Börsengang bereit zur Abfahrt

Ungeachtet der sicher wohlmeinenden Ratschläge aus der Schweiz will der deutsche Verkehrsminister der Bahn mit neuer Konkurrenz auf der Straße Beine machen. Dafür kündigte Ramsauer die . "Wir bereiten gerade die gesetzlichen Grundlagen vor", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

In welche Richtung fährt die "nationale Verkehrspolitik"?

In welche Richtung fährt die "nationale Verkehrspolitik"?

(Foto: picture alliance / dpa)

Busse seien eine kostengünstige Alternative im Reiseverkehr und gehörten in anderen Ländern längst zur Verkehrskultur. Die Fahrt mit einem Fernbus sei auch deutlich preiswerter als mit einem privaten Pkw, sagte Ramsauer. Bislang gibt es in Deutschland überregionale Busverbindungen hauptsächlich von und nach Berlin - eine Ausnahme, die noch aus Zeiten der deutschen Teilung stammt. Weitere Linien verhindert das Personenbeförderungsgesetz, das auf das Jahr 1934 zurückgeht.

Noch weiterreichende Pläne kursieren weiteren Berichten zufolge derzeit in den Regierungsfraktionen im Bundestag. Demnach soll der geplante, aber bis auf weiteres verschobene Börsengang der Bahn auf die Logistik- und Auslandssparte beschränkt bleiben, während Netz und Zugverkehr im Staatseigentum bleiben.

Gegen die teilweise Privatisierung von Auslandsbeteiligungen spreche nichts, teilte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Döring, mit. "Denn dieses Geschäft hat mit nationaler Verkehrspolitik nichts, aber dafür viel mit Mehdornscher Großmannssucht zu tun."

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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