ICE-Winterschäden Ramsauer kritisiert Hersteller
07.02.2010, 13:18 UhrBundesverkehrsminister Peter Ramsauer fordert die Bahn auf, die Hersteller der ICE-Züge für wetterbedingte technische Ausfälle der Schnellzüge haftbar zu machen. Damit dürfte er offene Türen einrennen, denn auch Bahnchef Grube macht die Industrie für die Probleme verantwortlich.
"Das Staatsunternehmen müsse die Industrie dazu verpflichten, die in diesem Winter aufgetretenen Schwachstellen zu beseitigen, sagte CSU-Politiker Ramsauer der "Bild am Sonntag". "Es darf nicht sein, dass Pulverschnee durch Lüftungsschlitze eindringt und die Elektronik lahmlegt", sagte Ramsauer. Die Bahn könne dafür nichts, habe aber den finanziellen Schaden und die Imageprobleme. "Deshalb sollten wir, wo immer das möglich ist, die Industrie haftbar machen."
Zuvor hatte Bahnchef Rüdiger Grube bereits die Industrie für Verspätungen und Zugausfälle im Fernverkehr verantwortlich gemacht. "In jeder Tageszeit, in jeder Witterung muss das Gerät zur Verfügung stehen, und zwar in voller Verfügbarkeit", sagte er dem Deutschlandfunk. Derzeit müssten alle Radachsen und Radscheiben ausgewechselt werden, so Grube. "Das ist ein Prozess, der sich weit in das Jahr 2011 hinziehen wird". Die ICE-Züge werden von Siemens, Bombardier und Alstom gebaut.
Börsengang Mitschuld oder nicht?
Einen Zusammenhang mit Sparbemühungen wegen des mittlerweile auf Eis gelegten Bahn-Börsengangs stellte Grube in Abrede. "Wenn wir defekte Fahrzeuge haben, hat das nichts mit Sparen zu tun." Die Radscheiben der Züge erfüllten die Anforderungen nicht und müssten deshalb viel öfter als geplant gewartet werden. Der Bahnchef räumte aber ein, dass die Bahn angesichts der vielen Verspätungen und Zugausfälle einen Imageschaden erlitten habe. Er schloss dennoch weitere Preisanhebungen in diesem Jahr nicht aus. "Das schauen wir uns im Herbst an, wenn wir vor dieser Entscheidung stehen."
Grube bestritt, dass es bei der Bahn angesichts der knapper werdenden Mittel eine interne Strichliste gebe. Es existiere lediglich eine Übersichtsliste mit verschiedenen Projekten, deren Umsetzung geprüft werde, sagte er. Entschieden sei aber noch nichts. Grube verteidigte auch das umstrittene Großprojekt "Stuttgart 21": Die Finanzierung sei auch trotz bestehender Risiken gedeckt
Teure Aussteuer schadet
Ramsauer mahnte dagegen: "Wenn man wie in der Vergangenheit die Bahn sozusagen als Braut für den Börsengang so ausstaffiert, dass die Zuverlässigkeit darunter leidet, dann läuft etwas falsch." Das schade auf Dauer auch wirtschaftlich. Ein Unternehmen wie die Bahn könne nicht nur nach knallharten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden, sondern habe einen Auftrag für das Gemeinwohl, zum Beispiel bei der Versorgung in der Fläche, mahnte der Minister.
Nach dem schweren Geschäftseinbruch vor allem im Logistikgeschäft infolge der Wirtschaftskrise stimmte Grube die Bahn auf eine lange Phase der Krisenbewältigung ein. Bei einem jährlichen organischen Wachstum von 2,5 bis drei Prozent werde das Transportvolumen der Deutschen Bahn selbst 2014 noch rund zehn Prozent unter dem von 2007/2008 liegen. Seit September habe es aber auch aufgrund des jüngsten Sparprogramms jeden Monat eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr gegeben. "Ich gehe davon aus, dass wir in 2010 weiterhin leichte Erholungen, aber auf einem niedrigen Niveau erleben werden", führte er aus. "2010 ist mit Sicherheit noch ein Jahr der Krisenbekämpfung."
Ihren Geschäftsbericht 2009 legt die Bahn Ende März vor. Ende November hatte der Konzern seine Gewinnprognose für das mittlerweile abgelaufene Jahr abermals heruntergeschraubt und rechnet nun mit einem Einbruch um gut eine Milliarde Euro. Als operativer Gewinn werden Konzernunterlagen zufolge rund 1,4 Mrd. Euro erwartet. Im Vorjahr lag das Ergebnis vor Steuern und Zinsen bei fast 2,5 Mrd. Euro. Auch der Umsatz soll weit unter dem Vorjahr und unter den Planungen liegen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa