Wirtschaft

Weltweiter Korruptionsskandal Rolls-Royce kauft sich frei

Britische Ikone: Weltweites Netz aus Korruption.

Britische Ikone: Weltweites Netz aus Korruption.

(Foto: REUTERS)

Der britische Konzern Rolls-Royce gibt zu, über Jahrzehnte Regierungen auf vier Kontinenten bestochen zu haben, und beendet die Ermittlungen mit einem millionenschweren Vergleich. n-tv.de dokumentiert die Verfehlungen der britischen Industrie-Ikone.

Als David Green im Dezember 2012 eine E-Mail mit Hinweisen auf Korruption bei Rolls-Royce öffnet, ahnt der SFO-Chef noch nicht, dass er kurze Zeit später den Anstoß zur aufwändigsten Ermittlungsarbeit in der Geschichte der britischen Strafverfolgungsbehörde geben wird. 13 Millionen Pfund soll die Arbeit des Serious Fraud Office in den nächsten Jahren verschlingen: Hunderte E-Mails lesen die Ermittler, stellen Querverbindungen zwischen der Flugzeugsparte der Luxusschmiede Rolls-Royce und zahlreichen staatlichen Großaufträgen vor allem in Asien sowie Afrika her. Gut vier Jahre später legen Green und seine Kollegen nun einen Bericht vor, der ein Netz aus jahrzehntelanger Korruption und Schattenwirtschaft in Ländern auf vier Kontinenten zeichnet. Im Zentrum: Großbritanniens einstige Industrieikone Rolls Royce.

Rolls-Royce
Rolls-Royce 13,46

Auch die Strafermittler in den USA und Brasilien folgten seit Jahren den Spuren des Skandals. Rolls-Royce selbst hält dem Druck der Ermittler nicht mehr Stand und knickt nun ein. Der Konzern billigt die vorliegenden Berichte und zahlt insgesamt gut 800 Millionen Dollar als Vergleichssumme. Damit kauft sich Rolls-Royce de facto an drei Stellen frei. Großbritannien, wo Rolls-Royce immerhin seinen Hauptsitz hat, kassiert 613 Millionen Dollar. Ebenfalls ermittelten das amerikanische Department of Justice (DoJ) und das brasilianische Ministério Público Federal (MPF). Ihre Länder bekommen nun 169 beziehungsweise 25,6 Millionen Dollar von Rolls-Royce.

Die Blaupause für den jetzigen Deal gaben kurz vor Weihnachten die US-Behörden in Ohio: Millionenzahlung des Konzerns, im Gegenzug keine strafrechtlichen Ermittlungen mehr und volle Kooperation mit den Behörden bezüglich der Verfolgung von hunderten Einzelpersonen.

Schmierereien seit 1989

Die Anschuldigungen der drei Behörden lesen sich ungeheuerlich. In penibler Kleinstarbeit haben die Ermittler Großaufträge der letzten Jahrzehnte zu Personen an den Schaltstellen unterschiedlichster staatlicher Unternehmen zurückverfolgt und deren E-Mail-Korrespondenz ausgewertet. Im Ergebnis hat Rolls-Royce seit 1989 kontinuierlich Millionen an Regierungsvertreter in gut einem Dutzend Staaten (unter anderem Brasilien, Thailand und China) gezahlt, um über Bauvorhaben der Regierung einerseits informiert, andererseits aber auch mit Aufträgen bedacht zu werden.

Allein in Thailand flossen elf Millionen Dollar an staatliche Öl- und Gasfirmen, die Rolls-Royce wiederum bei sieben Aufträgen bedachten. Zudem lieferte Rolls-Royce zwischen 2006 und 2009 Turbinen für Flugzeuge an den staatlichen Ölkonzern SOC in den Irak. Ein Unding, zumal Rolls-Royce damals noch mit einem Einfuhrverbot der irakischen Behörden belegt war. Doch laut den US-Behörden hat sich Rolls-Royce von dem Verbot freigekauft.

Wie die britischen Ermittler dokumentieren, zahlte Rolls-Royce auch 2,25 Millionen Dollar und einen Silver-Spirit-Luxusschlitten an einen Angestellten der staatlichen Fluggesellschaft Garuda in Indonesien. Im Gegenzug ist das Rolls-Royce-Triebwerk Trent 700 von Garuda in etlichen Flugzeugen eingesetzt worden. Örtlichen Medien zufolge soll der Garuda-Angestellte der Sohn des ehemaligen indonesischen Präsidenten, Tommy Soeharto, gewesen sein. Bestätigt ist dies aber nicht. Im Bericht des SFO ist lediglich die Rede davon, dass Rolls-Royce wüsste, um welchen Angestellten es sich handelt.

Auch der Name Gazprom taucht auf

Auch in China wurden Angestellte der staatlichen Airline CES mit einer Millionenzahlung von Rolls-Royce geschmiert, um mehrere T-700-Deals durchzuwinken. Zudem zahlte Rolls-Royce mehreren Mitarbeitern einen zweiwöchigen MBA-Kurs an der Columbia University in New York, inklusive Übernachtungen im Vier-Sterne-Hotel.

In Thailand bestach Rolls-Royce Thai-Airways-Mitarbeiter mit rund 36 Millionen Euro, damit drei Triebwerk-Deals zustande gekommen sind. In Russland weitet sich der Skandal auf die Rolls-Royce-Sparte "System Powers" aus und erstmal taucht auch der Name des staatlichen Gaskonzerns Gazprom in den Unterlagen auf. In Kasachstan sind 5,4 Millionen Euro an Regierungsvertreter geflossen, die den Bau einer Gas-Pipeline abgenickt hatten. Und in Angola sind zwischen 2008 und 2012 2,4 Millionen Euro und ein Auto über einen Mittelsmann an Entscheider des staatlichen Ölkonzerns Sonangol geflossen. Letztlich profitierte auch hier Rolls-Royce in Form millionenschwerer Aufträge. In den Berichten der drei Behörden sind zudem Deals in Nigeria, Malaysia und Aserbaidschan aufgeführt.

Insgesamt sind drei Sparten des Konzerns in die schmutzigen Deals verwickelt: Die zivile Luftfahrt, die Marinesparte und das Energiegeschäft "Power Systems". Die Konzernspitze wusste seit 2010 von den Tricksereien, hat sich aber entschieden, nicht die Behörden zu informieren, so das SFO. Ohios Bundesstaatsanwalt Benjamin Glassman sagt: Eine solche Praxis "schränkt massiv den freien und fairen Markt ein".

Quelle: ntv.de

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