Kalter Wind am Anleihenmarkt Rom muss wieder mehr bieten
25.06.2013, 14:24 Uhr
Der Anstieg ist überschaubar: Italien muss mit höheren Kreditkosten rechnen.
(Foto: REUTERS)
Es ist ein milliardenschwerer Stimmungstest zur neuen Realität an den Märkten: Zum ersten Mal seit den Exit-Andeutungen der Fed wagt sich ein bedrängtes Schuldenland aus Europa mit neuen Staatsanleihen an den Markt. Das Ergebnis scheint skeptische Beobachter zu bestätigen.

Neue Realität an den Bond-Märkten: Wenn Bernanke den Fuß vom Gas nimmt, ändern sich beinahe überall die Drehzahlen.
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Das drohende Ende der ultralockeren Geldpolitik im Dollar-Raum lässt Experten zufolge die Zinskosten für Spanien und Italien steigen. Bei einer für den späten Vormittag angesetzten Auktion in Italien stiegen die Kreditkosten für zweijährige Papiere auf den höchsten Stand seit September 2012. Für Nullkupon-Anleihen im Volumen von 3,5 Mrd. Euro kletterte die Rendite auf 2,4 Prozent nach 1,11 Prozent vor einem Monat.
Höhere Zinsen waren auch für eine inflationsgebundene Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren fällig. Die Rendite kletterte bei diesem Papier auf 2,91 Prozent von 1,83 Prozent vor einem Monat.
In Spanien verteuerten sich die Kosten für die Refinanzierung ebenfalls: Insgesamt begab die Regierung in Madrid Anleihen im Volumen von 3,1 Mrd. Euro. Wie das spanische Finanzministerium mitteilte, stieg die Rendite für Drei-Monats-Papiere auf 0,869 Prozent von 0,331 Prozent im Mai. Für 9-Monats-Anleihen verlangten Investoren nun 1,441 Prozent nach 0,789 Prozent im vergangenen Monat.
An den Anleihemärkten waren die Zinsen zuletzt kräftig gestiegen: Auslöser der Trendwende waren nach Ansicht von Experten die Andeutungen der US-Notenbank, früher als erwartet in den Ausstieg aus ihren milliardenschweren Anleihekäufen einzusteigen. Derzeit saugt die Federal Reserve (Fed) noch Monat für Monat Anleihen im Volumen von 85 Mrd. US-Dollar aus dem Markt. Bereits seit vier Jahren flutet sie zudem die Märkte über ihre historisch niedrigen Leitzinssätze mit billigem Geld.
Die Ankündigung der Fed brachte Spekulationen auf, dass andere Zentralbanken bald dem Beispiel Washingtons folgen könnten. Die Märkte seien zuletzt von Erwartungen an die Politik der Notenbanken getrieben worden, sagte Alessandro Giansanti von der ING Bank. Darunter hätten besonders die Märkte der europäischen Peripherie zu leiden.
Kehrt die Unruhe zurück?
Die Volatilität an den Anleihemärkten der europäischen Peripherie habe stark zugenommen, bestätigte Nicholas Spiro von Spiro Sovereign Strategy. Anleger versuchten, ihre Positionen an die geplante Drosselung der Anleihekäufe der US-Notenbank anzupassen. Das Vertrauen in die Zentralbank, das die italienischen und spanischen Anleihekurse im wesentlichen gestützt habe, sei erschüttert. Das Schicksal des italienischen Anleihemarkts hänge nun davon ab, ob die Investoren die US-Geldpolitik im Gegensatz zu der der EZB als glaubwürdig empfänden.
Der deutliche Anstieg der italienischen Anleihenzinsen macht den Anlegern bewusst, auf welch schwachen Füßen die Bondmärkte der Eurozone stehen. Noch Mitte vergangenen Jahres waren die schwächeren Mitglieder des gemeinsamen Währungsgebiets von den Kapitalmärkten praktisch ausgeschlossen, weil sie Zinsen auf kritisch hohem Niveau zahlen mussten.
Daraufhin versprach die Europäische Zentralbank (EZB), alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten. Diese Selbstverpflichtung der EZB verhalf den Anleihekursen der Euroländer zu Beginn dieses Jahres zu einem deutlichen Anstieg.
Für Italien steht der nächste Test bereits am Donnerstag an. Dann will das Land Staatsanleihen (BTP) mit Laufzeiten von fünf und zehn Jahren im Volumen von bis zu 5 Mrd. Euro verkaufen.
Gerüchte um Mediobanca-Studie
Am Morgen hatte ein Bericht des "Daily Telegraph" die Anleger verunsichert. Den Angaben der britischen Tageszeitung zufolge erwartet die zweitgrößte italienische Bank, die Mediobanca, dass Italien binnen sechs Monaten bei der EU um Finanzhilfe bitten wird. Das Land gerate immer tiefer in eine Wirtschaftskrise und die großen italienischen Unternehmen litten unter den Folgen einer Kreditklemme, hieß es. Eine Bestätigung für diese Einschätzung liegt bislang nicht vor.
Die Zeit werde knapp, zitiert die Zeitung aus einer vertraulichen Mitteilung des Mediobanca-Analysten Antonio Guglielmi an Kunden des Hauses. Die italienische Wirtschaft habe sich während des jüngsten Quartals nicht erholt. Eher sei das Gegenteil der Fall. Rund 160 große italienische Unternehmen unterstünden derzeit einer Art Krisenverwaltung.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts