Aeroflot macht Zügen Konkurrenz Russland startet Billig-Airline
16.12.2013, 11:04 Uhr
Aeroflot beherrscht in Russland rund 40 Prozent des Marktes für Flugreisen.
(Foto: REUTERS)
Die staatliche Fluglinie Aeroflot kündigt eine Revolution für den Transport in Russland an: Mit "Dobroljot" soll 2014 ein Billig-Ableger an den Start gehen, der Fliegen um bis zu 40 Prozent günstiger macht. Bewusst schürt der Kreml die Konkurrenz zur staatlichen Eisenbahn.
Die russische Fluglinie Aeroflot will mit einem neuem Ableger den Markt in dem riesigen Flächenstaat revolutionieren. Die größte Airline des Landes will nach finanziellen Turbulenzen 2014 wieder durchstarten und der Bahn als bislang günstigstem Transportmittel Konkurrenz machen. Dobroljot - zu übersetzen etwa mit "Guter Flug" - heißt die neue Airline, die sich der vom Kreml kontrollierte Konzern allein in den ersten beiden Jahren rund 100 Millionen US-Dollar kosten lässt.
Das Unternehmen wird praktisch aus dem Nichts gestartet. "Nur ein großer Player wie Aeroflot ist dazu in der Lage ", sagt der Flugexperte Roman Gussarow der russischen Zeitung "Iswestija". Das Ziel der Fluggesellschaft: Die vergleichsweise hohen Preise für Flugreisen im größten Land der Erde sollen deutlich sinken. Das Preisniveau des neuen Billiganbieters soll um bis zu 40 Prozent unter dem derzeit in Russland marktüblichen Niveau liegen. Derzeit kosten dort Inlandsflüge oft deutlich mehr als vergleichbare Auslandsstrecken.
Für die Wirtschaftspolitiker in Moskau hat das Konsequenzen: Das vom Kreml kontrollierte Unternehmen greift damit nämlich indirekt die russische Staatsbahn RZD an. Denn mit Rabatten dieser Größenordnung wären Flüge, so fürchten Beobachter, plötzlich auf vielen Strecken günstiger als die entsprechende Zugverbindung. Ein erhoffter Nebeneffekt: Auch andere Anbieter dürften nachziehen und ihre Preise senken.
Aerflot kurbelt den Wettbewerb an
Der Staat hat Experten zufolge durchaus Interesse an der hausgemachten Konkurrenz. "Die Gründung einer Billigfluglinie betrifft auch die Entwicklung des Regionaltransports und ist deshalb eine soziale wie politische Frage", schreibt Ilja Waisberg vom Fachmagazin "Awijasojus".

Konkurrenz für den Klassiker Transsibirische Eisenbahn: Mit den von "Dobroljot" angekündigten Preisen würden Flüge in Russland günstiger als Zugfahrten.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Auch Regierungschef Dmitri Medwedew betonte unlängst, die Russen sollten wählen können zwischen Flugzeug und Bahn. Der Aeroflot-Vorstoß ist damit offenbar Bestandteil der neuen Infrastrukturpolitik. Nachdem Russland den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 erhalten hatte, stellte Moskau große Investitionen in das mitunter stark marode Verkehrsnetz in Aussicht.
Sitze wie in Vorortzügen
Vorbild für die Pläne von Aeroflot-Chef Witali Saweljew ist der irische Billigflieger Ryanair. "Das wird ein ganz hartes Produkt", kündigte Saweljew doppeldeutig an. "Die Stühle können nicht zurückgestellt werden - wie in Vorortzügen, sie stehen dichter." Ebenfalls wie bei Ryanair sollen zusätzliche Gepäckaufgabe und Essen nur gegen hohe Aufschläge möglich sein. Mit dem radikalen Ansatz will Aeroflot seinen Marktanteil in Russland von derzeit etwa 40 Prozent weiter erhöhen.
"Schnell, angenehm, günstig" - so wirbt Dobroljot bereits vor Beginn seines Betriebs im Internet. Ab Mitte 2014 will die neue Airline abheben, zunächst mit acht modernen Boeing 737-800. Später soll die Flotte auf 40 Maschinen erweitert werden. Als erstes stehen einige beliebte Ziele im europäischen Teil Russlands auf dem Flugplan, wie zum Beispiel die Touristenmetropole St. Petersburg oder die Millionenstadt Jekaterinburg. Tickets gibt es jedoch noch nicht zu kaufen.
Regierung passt eigens Gesetze an
Dass es Dobroljot ähnlich ergeht wie den ersten beiden russischen Billigfluglinien, befürchtet indes kaum jemand. SkyExpress und Avianova waren 2011 schon nach kurzer Zeit in die Pleite gerutscht. Zu hoch waren die Kosten für Standgebühren und Kerosin, zu groß der Ärger mit Korruption und Bürokratie. Ähnliche Probleme plagen auch ausländische Anbieter. So will die britische Easyjet angeblich ihre Flüge nach Moskau einstellen. Ryanair nimmt immer wieder Abstand von Expansionsplänen gen Osten.
Für Aeroflot gibt es hingegen kaum Hindernisse: Der Konzern habe die Unterstützung der Regierung sicher, betont der Kolumnist Alexander Welowitsch vom Journal "Wsljot". Die Unterstützung aus dem Kreml komme Dobroljot auch bei Verhandlungen mit Lieferanten zugute. Zudem passt die Regierung die Gesetzgebung kurzerhand den Bedürfnissen der neuen Fluglinie an: Schon bald soll ein Umtauschverbot von Tickets aufgehoben werden.
Aeroflot, als Mitglied der Flugallianz SkyTeam nach eigener Ansicht eine der führenden Airlines der Welt, setzt bereits hohe Anforderungen an die neue Linie, die Saweljews Vertrauter Wladimir Gorbunow leiten soll. Mit zehn Millionen Passagieren im Jahr rechnet Aeroflot bereits in fünf Jahren. Der Name ist ein Symbol für die großen Pläne: Aeroflot hieß einst bei der Gründung 1923 selbst Dobroljot.
Quelle: ntv.de, bwe/dpa