"Das Schlimmste kommt noch" Ryanair beäugt Lufthansa
28.06.2009, 12:40 UhrIn der europäischen Luftfahrtindustrie herrscht große Unsicherheit über die Aussichten für die krisengeplagte Branche. Während der irische Billigflieger Ryanair noch schwierigere Zeiten erwartet, wittert die Lufthansa bereits die Talsohle.
"Das Schlimmste kommt erst noch", sagte Ryanair-Chef Michael O'Leary dem "Spiegel". Sein Lufthansa-Kollege Wolfgang Mayrhuber äußerte sich dagegen zuversichtlicher. "Wir stellen uns auf alles ein", sagte er im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung". "Mein Gefühl ist aber: Wir haben jetzt den Boden langsam erreicht."
Aus Mayrhubers Sicht hängen die Geschäftsperspektiven der Branche maßgeblich von der Entwicklung der Treibstoffpreise ab. Deren Anstieg könnte das Ziel der Lufthansa zunichtemachen, in diesem Jahr einen operativen Gewinn zu schreiben, wie das Unternehmen zuletzt deutlich gemacht hatte.
Die Fluggesellschaft rechnet erst ab kommendem Jahr mit einer Erholung und hat ihren Sparkurs verschärft. "Wenn die Krise anhalten sollte, sind Verschiebungen von Flugzeugauslieferungen von 2010 an möglich", sagte Mayrhuber. "Lufthansa wird aus der Krise sicher mit Schrammen rauskommen, aber dabei gut gerüstet sein für den Aufschwung."
Ryanair setzt demgegenüber auf eine aggressive Expansionsstrategie. Der Billigflieger wolle von der Rezession profitieren und den Gewinn in diesem Jahr verdoppeln, wurde O'Leary zitiert. Allein bis Ende 2009 wolle er bei Boeing oder Airbus 300 neue Jets ordern oder per Optionen vorbestellen und bis 2017 rund 150 Millionen Passagiere transportieren.
Ryanair kratzt an der Lufthansa-Tür
Gegenüber der Lufthansa ließ O'Leary erneut die Muskeln spielen. Seiner Darstellung zufolge wäre Ryanair durchaus finanzstark genug, um den deutschen Rivalen zu übernehmen. "Wir haben 2,3 Mrd. Euro auf der hohen Kante, ich müsste dafür nicht einmal einen Kredit aufnehmen", sagte er. Ähnlich hatte er sich bereits vor einigen Wochen geäußert, zugleich aber klargestellt, dass ein Gebot in absehbarer Zeit nicht geplant sei.
Als Käufer tritt derzeit vielmehr die Lufthansa selbst auf. So will sie den schwer angeschlagenen österreichischen Partner Austrian Airlines (AUA) übernehmen. Zudem steigt sie bei der belgischen Fluggesellschaft Brussels Airline ein und stockt ihre Beteiligung an der britischen BMI auf, deren Flug- und Landerechte auf dem Londoner Flughafen Heathrow für die Lufthansa von besonderem Interesse sind.
Mayrhuber schließt eine Trennung von der BMI-Billigflugtochter BMI Baby nicht aus. Es könne sein, dass Lufthansa in Großbritannien künftig keinen Billigflieger mehr betreiben wolle. "Aber die Marke BMI bleibt sicher erhalten", sagte der Manager.
Quelle: ntv.de, mmo/rts