Wirtschaft

Obama und das Defizit S&P rüttelt an US-Bonität

Eigentlich undenkbar, aber die Kreditwürdigkeit der USA bekommt Kratzer. Als erste Ratingagentur senkt S&P wegen des enormen US-Schuldenbergs den Ausblick auf "negativ", die Note "AAA" wird aber vorerst beibehalten. Die Finanzmärkte reagieren nervös. US-Präsident Obama hofft auf eine Wende.

US-Präsident Barack Obama: Das Regieren wird nach der S&P-Aussage nicht einfacher.

US-Präsident Barack Obama: Das Regieren wird nach der S&P-Aussage nicht einfacher.

(Foto: REUTERS)

Die Schuldenkrise droht nach Europa nun auch die USA zu erfassen. Die mächtige Ratingagentur Standard & Poor's warnte den weltgrößten Schuldner überraschend vor einem Entzug der Bonitäts-Bestnote "AAA", indem sie den Ausblick für die Bewertung der Kreditwürdigkeit auf "negativ" senkte. Die weltweiten Finanzmärkte reagierten sofort.

"Mehr als zwei Jahre nach Beginn der aktuellen Krise haben sich die US-Politiker noch immer nicht geeinigt, wie sie den finanzpolitischen Abwärtstrend umkehren oder den langfristigen Finanzdruck angehen", begründete S&P die Entscheidung. Die Wahrscheinlichkeit eines Verlusts der Bestnote innerhalb von zwei Jahren bezifferte S&P auf mindestens ein Drittel. Die USA hätten im Vergleich zu anderen Ländern mit der Bestnote "AAA" - wie etwa Deutschland - sehr große Haushaltsdefizite, erklärte S&P. "Wie diese reduziert werden sollen, ist uns nicht klar."

Ein schlechteres Rating kann zu erheblich höheren Zinsen für US-Staatsanleihen führen. Dies könnte nach Expertenmeinung das ohnehin zaghafte Wirtschaftswachstum abwürgen und die Gefahr einer neuen Rezession heraufbeschwören.

Kritik und Hoffnung

Die US-Regierung antwortete deshalb mit scharfer Kritik auf die Drohung von S&P und Hoffnung auf eine baldige parteiübergreifende Einigung zum Defizitabbau. Obama gehe davon aus, dass eine breite Übereinkunft möglich sei, sagte Regierungssprecher Jay Carney im Weißen Haus. Die Politik werde die Zweifel der Agentur widerlegen.

Obama habe in seiner Grundsatzrede vergangene Woche einen Weg zu einer Übereinkunft von Republikanern und Demokraten zum Schuldenabbau aufgezeigt. Die Opposition erkenne das Problem an. "Wir denken, dass die Politik die Erwartungen von S&P übertreffen wird", sagte der Obama-Sprecher.

"Die Geschichte zeigt, dass beide Seiten zusammenkommen und die Dinge ins Lot bringen können." Dies sei auch heute möglich. "Der Präsident glaubt, dass dies möglich ist und dass es geschehen wird."

Zwischen Demokraten und Republikanern besteht zwar grundsätzlich Einigkeit darüber, dass das ausufernde Defizit dringend reduziert werden muss. Allerdings hat der erbitterte Streit über die Schuldengrenze erst in den vergangenen Wochen erneut gezeigt, dass die Vorstellungen über das konkrete Vorgehen weit auseinanderliegen.

Moody's kritisiert mit

Der S&P-Rivalin Moody's nannte die in den USA entbrannte Diskussion um die Haushaltskonsolidierung eine positive Entwicklung, da sie einen politischen Kurswechsel einleiten könnte. Der Ausgang des Streits sei jedoch noch völlig offen. Zudem seien die USA eine der wenigen großen Volkswirtschaften, die noch keinen Kurs zur Senkung des Defizits vorgelegt hätten, kritisierte Moody's.

Der Chef des weltgrößten Anleihe-Investors Pimco, Mohamed El-Erian, sieht nun dringenden Handlungsbedarf für die Politik in Washington. "Diese neue Warnung, diesmal von S&P, unterstreicht die Notwendigkeit für die USA, ihr finanzpolitisches Schicksal stärker in die Hand zu nehmen, wenn sie höhere Kosten für die Kreditaufnahme vermeiden und ihre zentrale Rolle als Herzstück der Weltwirtschaft behalten wollen", betonte er. Die Allianz-Tochter hält insgesamt Wertpapiere im Volumen von 1,2 Billionen Dollar.

Schuldengrenze hoch und dann?

Wegen der Finanzkrise und der von ihr ausgelösten schwersten Rezession der Nachkriegszeit hat sich der Schuldenberg der USA auf mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöht. Die Neuverschuldung beläuft sich in diesem Jahr auf mehr als eine Billion Dollar und dürfte noch weiter steigen. Finanzminister Timothy Geithner hat den Kongress erst am Wochenende zu einer Erhöhung der Schuldengrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar aufgefordert.

Reaktionen der Märkte

Die weltweiten Finanzmärkte reagierten sofort: Die US-Börsen eröffneten deutlich im Minus und auch auf dem europäischen Markt fielen die Kurse, der Dax büßte zeiweise über 2 Prozent ein. Demgegenüber kann der Euro zum Dollar wieder zulegen. "Damit ist die US-Situation schlagartig in den Vorder- und die Eurozone in den Hintergrund gerückt", sagte ein Händler. Auch der Goldpreis kletterte. Er gilt als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten.

"Die Rating-Agentur provoziert QE3. Die Frage ist nun, was die Chinesen machen",  sagte ein weiterer Marktteilnehmer: Mit der neuen Rating-Situation sei es wahrscheinlich, dass sich China mit Käufen von US-Anleihen erst einmal zurückhalte. Dann müsse vermutlich wieder die US-Notenbank mit Käufen einspringen.

"Später Schritt"

"S&P nähert sich damit der Realität an, obwohl dieser Schritt recht spät erfolgt. Ich halte die Senkung des Ausblicks für begrüßenswert, weil sie den Druck auf die US-Regierung erhöht. Denn bislang fehlt ein Plan zur Schuldenreduzierung", erläuterte Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank. Sein Kollege David Watt von RBC Capital Markets erwartet Auswikrungen beim Greenback: "Dies sollte den Dollar weiter unter Druck setzen. Dieser befindet sich allerdings schon auf oder nahe seinen Rekordtiefs zu den wichtigen Währungen."

Quelle: ntv.de, rts/DJ/dpa

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