Warum nicht wie Dior? Sachsen sorgt sich um sein "Weißes Gold"
20.06.2014, 08:35 Uhr
Aus Sorge ums Kulturgut: Freistaat nimmt die Geschäftsführung des Meissner Porzellans an die Hand.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im sächsischen Meißen wird seit mehr als 300 Jahren Porzellan hergestellt. Doch es fällt immer schwerer, dieses an die Kunden zu bringen. Die Manufaktur will sich zu einem Luxusunternehmen umbauen. Sachsen lässt das überprüfen - und greift ein.
Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser: Sachsen will das Konzept für die defizitäre Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen durch die Wirtschaftsberatungsgesellschaft KPMG auf Plausibilität und Zukunftsfähigkeit prüfen lassen. Zugleich bekannte sich der Freistaat aber zu dem Unternehmen. Das bis Herbst vorliegende Gutachten sei die Grundlage für die weitere finanzielle Begleitung, sagte Finanzminister Georg Unland (CDU). Zudem werden Manufaktur-Geschäftsführer Christian Kurtzke zwei weitere Geschäftsführer für den kaufmännischen und den Produktionsbereich zur Seite gestellt.
Der 45-Jährige will die mehr als 300 Jahre alte Manufaktur unter der Marke Meissen Couture zu einem modernen Luxuskonzern umbauen. So sollen die das Porzellangeschäft und die rund 650 Arbeitsplätze in Meißen gesichert werden. Neue Produkte wie Mode, Schmuck und Möbel wurden ins Programm genommen.
"Kulturelles Erbe des Freistaats"

Qualität aus Sachsen: die gekreuzten Schwerter auf dem Meissener Porzellan.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kritiker werfen ihm riskante Manöver auf einem hart umkämpften Markt vor, für die am Ende der Steuerzahler gerade stehen müsste. Zudem wird befürchtet, dass die traditionsreiche Porzellanherstellung aus dem Fokus gerät. Die Person Kurtzke stehe nicht infrage, sagte der frühere sächsische Ministerpräsident und Aufsichtsratsvorsitzende Kurt Biedenkopf (CDU).
Die Manufaktur, die rote Zahlen schreibt, sei essenzieller Bestandteil und kulturelles Erbe des Freistaats, sagte Unland weiter. "Sie bleibt ein Besitz des Freistaates." In den vergangenen zwei Jahren habe das Land bereits 14,8 Millionen Euro zugeschossen. Die Manufaktur benötige in der Umbauphase "natürlich" Geld, sagte Biedenkopf. "Die Erweiterung von Märkten erfordert erhebliche Investitionen." Zahlen nannte er nicht.
Umsatzrückgang durch vorgezogene Käufe
Im ersten Quartal dieses Jahres sei der Umsatz zurückgegangen. Grund dafür sei allerdings ein Preisanstieg, der schon im Vorjahr zu Vorratskäufen geführt habe, hieß es. Bis zu 2017 wolle man eine "schwarze Null" schreiben.
Kurtzke sagte der "Sächsischen Zeitung", dass für die alte Marke neue Kunden gefunden werden müssen. "Wenn sie Jugendlichen heute einen wunderschönen von Hand dekorierten Meissener Teller und Meissener Figuren zeigen, bezeichnen die das häufig als Kitsch für die Oma. Dieselben Jugendlichen geraten ins Schwärmen, wenn sie genau so aufwendig gefertigte Produkte von Dior im Hochglanzmagazin entdecken." Deshalb gelte es, neue Zielgruppen zu erschließen, um die Arbeitsplätze in Meißen zu erhalten.
1708 erfand der Johann Friedrich Böttger das europäische Porzellan. Zwei Jahre später nahm die erste Produktionsstätte die Arbeit auf. Seit 1722 trägt das weltbekannte Meissner Porzellan die beiden gekreuzten Schwerter als Markenzeichen. 1739 kam das inzwischen berühmte Zwiebelmuster-Dekor ins Sortiment.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa