Wirtschaft

Vereinigte Staaten von Europa? Schäuble blickt in die Zukunft

Im Streit um gemeinsame Euro-Anleihen zeichnen sich visionäre Perspektiven ab: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht davon aus, dass sich Europa in den kommenden Jahren tiefgreifend verändern wird. Am Horizont winkt die Idee von der politischen Union.

"Wenn das geändert werden soll, dann kann man darüber reden": Wolfgang Schäuble, hier neben Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (r).

"Wenn das geändert werden soll, dann kann man darüber reden": Wolfgang Schäuble, hier neben Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (r).

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht Europa auf dem Weg hin zu einer politischen Union. "Wir werden in zehn Jahren eine Struktur haben, die sehr viel stärker dem entspricht, was man als politische Union bezeichnet", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag".

Angesichts der aktuellen Probleme innerhalb der Währungsgemeinschaft stellte der CDU-Politiker die grundsätzliche Frage, "ob eine gemeinsame Geldpolitik ohne eine verbindliche koordinierte Finanzpolitik funktionieren kann".

Schäuble sprach sich für eine stärkere finanzpolitische Verzahnung der Euro-Staaten aus. Bei der Einführung des Euro sei die deutsche Position gewesen, dass die Währungsunion mit einer politischen Union verbunden werden müsse. Deutschland habe sich damit nicht durchsetzen können, sondern nur einen Stabilitäts- und Wachstumspakt erhalten.

"Man kann darüber reden"

Der Finanzminister signalisierte seinen Kollegen auf europäischer Ebene grundsätzliche Gesprächsbereitschaft. Die Grundentscheidung bei der Einführung des Euro sei gewesen, dass die Finanz-und Haushaltspolitik national geregelt wird. "Wenn das geändert werden soll, dann kann man darüber reden", so Schäuble.

Euro-Bonds zum jetzigen Zeitpunkt lehnte Schäuble jedoch strikt ab: "Was aber vor diesem Hintergrund nicht geht: Einfach Gemeinschaftsanleihen zur Finanzierung der nationalen Schulden der Eurostaaten einzuführen", erklärte der Minister.

Zur Begründung sagte er: "Denn diese Euro-Anleihen hebeln genau das aus, was wir alle uns bisher zur Grundlage der Euro-Stabilität gemacht haben: Wer nicht solide wirtschaftet, zahlt höhere Zinsen. Wer gut wirtschaftet, zahlt weniger Zinsen für seine Staatsanleihen."

Zinsen als Schuldenzügel

Die Idee einer gemeinsamen Euro-Anleihe würde seiner Einschätzung dazu führen, dass alle Mitgliedsstaaten am Kapitalmarkt denselben, höheren Zinssatz zahlen müssten.

Die Forderung nach einer Aufstockung des Euro-Rettungsfonds wies Schäuble erneut zurück. "Wir haben noch nicht einmal zehn Prozent der Mittel, die wir zur Verfügung gestellt haben (...), für Irland eingesetzt. Es braucht auch keine Spekulation, ob man das vergrößern muss", sagte Schäuble in der ARD. Das Wichtigste sei, dass man wieder zu einer realen Einschätzung der Risiken komme. Die Hauptprobleme der Finanzkrise seien nicht in Europa, sagte Schäuble.

Die Iren wollen nachverhandeln

Die irische Oppositionspartei Fine Gael will das milliardenschwere EU-Rettungspaket im Falle eines Wahlsieges neu aushandeln. Ziel sei ein niedrigerer Zinssatz, sagte der unter anderem für Energie zuständige Parteisprecher Leo Varadkar. "Die jetzige Vereinbarung wird nicht funktionieren."

Irland sei nicht in der Lage, die Summen zu bezahlen, sagte Varadkar. Eine Regierungsbeteiligung der Fine Gael gilt nach einer Neuwahl, die im Februar oder März stattfinden könnte, als wahrscheinlich.

Das hoch verschuldete Irland soll 85 Mrd. Euro aus dem Rettungsschirm von EU und IWF erhalten. Davon sind 50 Mrd. Euro für den Haushalt des Inselstaates vorgesehen. Mit dem Rest soll das Bankensystem saniert werden.

17,5 Mrd. Euro steuert Irland selbst bei. Für die restlichen 67,5 Mrd. sind durchschnittlich 5,82 Prozent Zinsen fällig. Derzeit muss Irland an Gläubiger mit einer zehnjährigen Anleihe 7,8 Prozent zahlen.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/DJ

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