Währungsfonds keine Dauerlösung Schäuble skizziert IWF-Rückzug
16.06.2013, 17:17 Uhr
"Keine andere Institution hat eine solche Expertise": Der IWF hat schon ganz andere Fälle behandelt.
(Foto: REUTERS)
Die Selbstkritik des IWF im Umgang mit Griechenland sorgt in Europa für nachhaltige Verstimmung. Bundesfinanzminister Schäuble erinnert den Währungsfonds an seine Kernaufgaben. IWF-Chefin Lagarde äußert sich dagegen "persönlich sehr zufrieden."

Europa nicht "dauerhaft unter die Arme greifen": Christine Lagarde bemüht sich um das Klima zwischen Brüssel und IWF.
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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich langfristig für einen Rückzug des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus seinem Engagement in der europäischen Schuldenkrise ausgesprochen. Der IWF sei nicht gegründet worden, "um dauerhaft Europa unter die Arme zu greifen", sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er gehe davon aus, dass der IWF sich nach Abschluss der Rettungsprogramme in der Eurozone wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren werde.
Die Beteiligung des Währungsfonds an der Griechenland-"Troika" sei allerdings richtig, betonte Schäuble. "Keine andere Institution hat eine solche Expertise bei Staatsschuldenproblemen und Reformprogrammen."
Ähnlich hatte sich bereits der Chef des Euro-Krisenfonds ESM, der Deutsche Klaus Regling, geäußert und gleichzeitig den IWF für seine jüngste Einschätzung der bisherigen Griechenland-Hilfen kritisiert. Experten des Währungsfonds hatten in einer Art Zwischenbilanz zugestanden, dass die Erwartungen zur Wirkung des ersten Hilfsprogramms im Frühjahr 2010 viel zu optimistisch gewesen seien. Regling selbst hatte bereits im vergangenen Dezember ein absehbares Ende der Schuldenkrise vorhergesagt.
Auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso hatte vor Journalisten in Brüssel erklärt, dass es in der EU und der Eurozone ausreichende technische und finanzielle Ressourcen gebe, um Rettungsprogramme in Zukunft auch selbst zu stemmen. Die sogenannte Troika aus Vetretern von EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) solle bei den laufenden Hilfsprogrammen aber bestehen bleiben.
Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International Deutschland forderte indes von der Bundesregierung, dass alle Beschlüsse der Troika mit einer schriftlichen Begründung versehen und veröffentlicht werden. Das beschloss Transparency am Wochenende auf einer Mitgliederversammlung in Berlin.
Lagarde lobt die Troika
Die jüngsten Verstimmungen zwischen Währungsfonds und Brüssel beschäftigt IWF-Chefin Christine Lagarde weiterhin. Offenbar in Reaktion auf die Spannungen sprach sie sich ausdrücklich lobend über die Zusammenarbeit ihres Hauses mit Brüssel aus. "Ich persönlich bin sehr zufrieden mit dem Maß an Kooperation und Verständigung, das wir mit unseren Partnern in der Troika haben", sagte die Französin vor dem Wochenende auf einer Pressekonferenz in Washington. Die Zusammenarbeit laufe "konstant" und "solide".
Troika-Experten überwachen unter anderem das laufende Hilfsprogramm für Griechenland. Die Beziehung zwischen der EU und dem IWF ist seit jeher von Meinungsverschiedenheiten überschattet. Zuletzt sorgte der IWF-Bericht über das erste Hilfspaket an Athen für Wirbel. In dem erwähnten Zwischenfazit war von Fehlern und "bedeutenden Misserfolgen" des Programms die Rede. Die EU-Kommission erklärte, die Befunde des Währungsfonds gingen teils völlig an der Realität vorbei und sprach von "grundlegenden Meinungsverschiedenheiten". Sitz des Internationalen Währungsfonds ist die US-Hauptstadt Washington. Gewichtigstes Einzelmitglied sind die Vereinigten Staaten.
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso brachte zuletzt sogar die Möglichkeit ins Gespräch, dass die Europäische Union künftige Rettungspakete für angeschlagene Mitgliedstaaten ohne den IWF organisieren könne. Dies sei möglich "in der Zukunft, ich betone, in der Zukunft". Die "Ziele und Visionen" des IWF stimmten nicht mit denen der EU überein, urteilte Barroso, ohne seine Ansichten dazu näher zu erläutern.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa